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"Harry & Meghan": Lovestory oder royaler Affront?

Kevin Tschierse
9. Dezember 2022

Die britische Presse übt scharfe Kritik an der neuen Netflix-Doku "Harry & Meghan": Das Königshaus sei "traurig", Bruder William "stocksauer". Aber für viele beschreibt die Doku auch eine wunderschöne Lovestory.

Eine Person sieht sich die Netflix-Doku "Harry & Meghan" auf einem Laptop an
Märchenhafte Lovestory oder mediales Brimborium: Die Netflix-Doku "Harry & Meghan" ruft gemischte Reaktionen hervorBild: Yui Mok/PA Wire/empics/picture alliance

Die neue Dokuserie von Prinz Harry und Meghan Markle spaltet, wie zu erwarten war, die Gemüter. Vor allem britische Medien echauffieren sich derzeit darüber und werfen Prinz Harry und seiner Frau Meghan vor "das Vermächtnis der Queen zerstört" zu haben (The Sun, 09.12.2022). König Charles III. und Prinz William seien in einen "Zustand der Traurigkeit" versetzt worden und ganz Großbritannien würde zu Unrecht als rassistisch dargestellt werden.

Aber es gibt auch viele positive Reaktionen auf den Serienstart, bei dem vorerst nur drei Folgen veröffentlicht wurden. Vor allem auf Social-Media-Kanälen fällt das auf.

Prinz Harry und Herzogin Meghan erzählen ihre Liebes- und Leidensgeschichte in einer Netlix-Doku-SerieBild: 2022 Prince Harry and Meghan, The Duke and Duchess of Sussex

Es finden sich zwar auch dort Posts von eher konservativen Stimmen, die das britische Königshaus bloßgestellt sehen, aber viele Zuschauerinnen und Zuschauer sind von der royalen Liebesgeschichte auch begeistert oder zeigen sich empathisch gegenüber Harrys bewegender Geschichte. So wie diese Userin: "Wer die erste Episode von #HarryandMeghanNetflix guckt und nicht mit Harry mitfühlt, hat ein Herz aus Stein. Er hat seine Mutter verloren im Alter von 12, kein Wunder, dass er Meghan und seine Kinder beschützen will. Einfach herzerweichend." 

Es gebe eine ausgeprägte Spaltung in der Gesellschaft, meint auch die Historikerin und Monarchie-Expertin Anna Whitelock im DW-Interview. "Die einen unterstützen den Palast, also Charles und William, und die anderen eben Harry und Meghan."

"Einige Leute glauben, dass das Paar schlecht behandelt wurde, dass es den geschilderten Rassismus tatsächlich erlebt hat, und dass es eine Wahrheit zu erzählen hat. Andere Leute sagen: Die beiden wollen einfach nur Geld verdienen, weil sie es jetzt selbst verdienen müssen. Deshalb erzählen sie ihre Geschichte."

Anna Whitelock ist Professorin für moderne Monarchie an der City University of London und Direktorin des Centre for the Study of Modern MonarchyBild: Private

Medien gegen Märchen

Die Serie jedenfalls beginnt wie ein Märchen aus dem digitalen Zeitalter: Ein Prinz trifft seine große Liebe auf Instagram und wird dann durch einen Freund mit ihr verkuppelt. Besser hätte die Geschichte nicht auf eine junge Social-Media-affine Zielgruppe abgestimmt sein können. "Die britischen Medien verbringen jede Sekunde damit, zu behaupten, dass die #HarryandMeghanNetflix-Dokumentation ein Angriff auf die königliche Familie ist, obwohl Harry und Meghan eigentlich nur von ihrer wunderschönen Liebesgeschichte erzählen und wie giftig die britischen Medien sind. Sie sprechen über euch: die Medien", twitterte eine Nutzerin.

Und damit hat sie nicht unrecht. In den ersten drei Folgen der sechsteiligen Serie ging es vor allem um die britische Boulevardpresse und den Umgang des Königshauses mit der britischen Kolonialgeschichte und mit Rassismus. Harry sagt in der Doku, seine Frau sei Opfer eines Medien-"Wahnsinns" gewesen.

Diese Vorwürfe werden auf den Social-Media-Kanälen zuweilen bezweifelt (nächster Tweet). Fast erscheint es, als würden sich die britischen Medien an den Aussagen in der Doku rächen wollen. "Harry, der Gemeine" titelte die "Sun" am Freitag und stellte die Frage: "Wie tief kann man sinken?" Die "Daily Mail" fand ebenfalls wenig schmeichelhafte Worte: "Die schamlosen Sussexes". Die "Times" titelte mit der weniger polemischen Schlagzeile: "Palast und Netflix geraten wegen Seifenoper der Sussexes aneinander", eine Kommentatorin der Times aber schrieb dann doch: "Ich kann diesen egozentrischen Unsinn nicht mehr ertragen." Einzig der "Guardian" bewahrte Contenance und konzentrierte sich auf Harrys Kritik, dass die königliche Familie Meghan nicht vor rassistischer Berichterstattung geschützt habe.

"Weihnachten wird stressig" für die Royals

Aber trifft die Veröffentlichung der Serie wirklich ins Mark der königlichen Familie? Darüber hat die DW auch mit Anna Whitelock gesprochen, die an der City University of London Moderne Monarchie lehrt.

"Weihnachten wird in diesem Jahr im königlichen Haushalt sicherlich ein wenig in den Schatten gerückt", meint sie. "Ich glaube, das Schlimmste für die königliche Familie steht noch bevor. Es wird wahrscheinlich nicht nur viel Bestürzung darüber geben, was in den anderen drei Episoden (die noch nicht veröffentlicht sind) behauptet werden wird, sondern auch über die von Harry geschriebenen Memoiren, die im Januar erscheinen sollen", führt die Historikerin aus. Die königliche Familie werde nicht viel Zeit zum Verschnaufen haben, es werde "ein ziemlich stressiges Weihnachtsfest".

Prinz Harry veröffentlicht im Januar 2023 seine Memoiren unter dem Titel "Spare"Bild: Random House Group/AP Photo/picture alliance

Zerrüttetes Verhältnis zu William und Charles

Bei einem ist sich Whitelock sicher, die Doku wird "definitiv nicht zu verbesserten Familienverhältnissen beitragen. Sie wird nur noch mehr Öl ins Feuer gießen und Vertrauen und Kommunikation zusammenbrechen lassen."

Die Beziehung zwischen den beiden Brüdern sei bereits sehr zerrüttet. Die Serie wird "absolut nicht dazu beitragen, diesen Riss zu schließen", führt Whitelock aus.

Aber in der Geschichte der britischen Monarchie sei diese Enthüllungs-Doku nur "ein Sturm im Wasserglas", meint sie zugleich. "Letztendlich wird nur die Zeit zeigen - und es werden Jahre vergehen, bevor wir es wirklich wissen -, ob hier etwas Bahnbrechendes passiert. Ist dies der Anfang vom Ende der Monarchie wie wir sie kennen? Oder ist es einfach nur eine weitere Episode in der langen Geschichte der britischen Monarchie?"

Der königliche Palast jedenfalls hat sich noch nicht zur Doku geäußert. "Ich denke, der Palast wird versuchen, ein würdevolles Schweigen zu bewahren", meint Whitelock. "Es wird davon abhängen, was in den nächsten drei Episoden kommt, ob er gezwungen ist, bestimmte ungeheuerliche Anschuldigungen direkt zu widerlegen." Wenn es konkrete Anschuldigungen gegen einzelne Personen gäbe, dann würde der Palast in einer öffentlichen Stellungnahme wohl reagieren.

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