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KonflikteTürkei

Harte Reaktion der Türkei auf Anschlag in Ankara

24. Oktober 2024

Bei einem Anschlag auf ein staatliches Luftfahrt- und Rüstungsunternehmen bei Ankara sind mindestens fünf Menschen getötet worden. Kurz danach beschoss die türkische Luftwaffe "terroristische" Ziele in Syrien und Irak.

Sanitätsautos stehen vor dem Areal der Firma TUSAS
Zahlreiche Rettungswagen warten vor dem Gelände von TUSASBild: AP/picture alliance

Der Anschlag ereignete sich auf dem Gelände des Unternehmens TUSAS, das zu den wichtigsten Firmen der Türkei in den Bereichen Verteidigung und Luftfahrt gehört. Es ist eine Tochtergesellschaft der staatlichen Agentur für Verteidigungsindustrie. Sie befindet sich in Kahramankazan etwa 40 Kilometer von Ankara entfernt.

Bei dem Attentat wurden fünf Menschen getötet und mindestens 22 verletzt. Das teilte Innenminister Ali Yerlikaya mit. Vier der fünf Todesopfer waren bei TUSAS angestellt. Nach Angaben des Ministers wurde der Anschlag von einem Mann und einer Frau ausgeführt. Beide seien getötet worden.

Niemand bekannte sich bisher zu dem Anschlag. Yerlikaya sagte, der Angriff trage die Handschrift der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK). Eines der fünf Todesopfer war nach Auskunft von Vizepräsident Cevdet Yilmaz ein Taxifahrer, dessen Auto die Attentäter in Beschlag genommen hatten. Unter den Verletzten seien sieben Polizisten.

War es ein Selbstmordattentat?

Das Fernsehen zeigte Aufnahmen, wie mehrere bewaffnete Angreifer mit Rucksäcken das Gebäude betraten. In einigen Medienberichten war von einem Selbstmordanschlag die Rede. Der türkische Fernsehsender NTV berichtet, ein Mitglied einer "Gruppe von Terroristen" habe sich selbst vor dem Eingang des Gebäudes in die Luft gesprengt. Anschließend seien Schüsse gefallen. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf.

Eine große Rauchwolke steigt über dem Gelände von TUSAS aufBild: IHA/AP/picture alliance

TUSAS produziert unter anderem Drohnen sowie Kaan, das erste nationale Kampfflugzeug des Landes. In der türkischen Metropole Istanbul findet in dieser Woche eine Verteidigungs-, Luft- und Raumfahrtmesse statt, an der rund 1000 inländische und internationale Unternehmen teilnehmen.

Entsetzen nach dem Anschlag

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach von einem "feigen Anschlag" auf ein Zugpferd der einheimischen Verteidigungsindustrie. "Unser Kampf gegen jegliche terroristische Bedrohung wird entschieden fortgesetzt", fügte er hinzu. Erdogan hält sich derzeit bei einem Gipfeltreffen der BRICS-Staaten im russischen Kasan. NATO-Generalsekretär Mark Rutte, die USA und die Europäische Union verurteilten den Anschlag.

Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz machte deutlich: "Wir verurteilen Terrorismus in jeder Form aufs Schärfste und stehen an der Seite unseres Partners Türkei." Zuvor hatte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin erklärt: "Der entsetzliche Terroranschlag in Ankara macht tief betroffen." Die deutsche Botschaft in Ankara und das Krisenreaktionszentrum des Auswärtigen Amts beobachteten die Lage sehr genau, heißt es aus der deutschen Hauptstadt.

Luftangriffe gegen mutmaßliche PKK-Ziele 

Kurz nach Mitternacht (Ortszeit) gab das Verteidigungsministerium in Ankara bekannt, dass die Luftwaffe Angriffe auf Ziele im Norden des Iraks und in Syrien geflogen habe. Dabei seien "32 Ziele der Terroristen erfolgreich zerstört" worden. Der Einsatz werde fortgesetzt, fuhr das Ministerium fort.

Die Türkei geht regelmäßig gegen die PKK mit Hauptquartier in den nordirakischen Kandilbergen vor, ebenso gegen die syrische Kurdenmiliz YPG im Norden Syriens, die sie als Ableger der PKK betrachtet. Die PKK kämpft seit den 1980er-Jahren gegen den türkischen Staat. Sie wird von der Regierung in Ankara, der Europäischen Union und den USA als Terrororganisation eingestuft.

Ein F-16-Kampfflugzeug der türkischen LuftwaffeBild: Ingo Wagner/dpa/picture alliance

In der Türkei haben in der Vergangenheit sowohl die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS), die linksextremistische Revolutionäre Volksbefreiungsfront DHKP-C als auch die PKK schwere Anschläge verübt, auch in der Hauptstadt Ankara.

Diskussion um Öcalan

Der jetzige Anschlag ereignete sich kurz nachdem die Ultranationalisten der Partei MHP überraschend eine mögliche Freilassung des PKK-Führers Abdullah Öcalan thematisiert hatten. Die MHP ist Erdogans Regierungspartner. Ihr Chef Devlet Bahceli hatte dies jedoch an eine Entwaffnung der Terrororganisation geknüpft. Beobachter werten dies als ein Zeichen dafür, dass es möglicherweise zu einem neuen Friedensprozess zwischen Regierung und PKK kommen könnte. Der letzte Versuch war 2015 gescheitert. 

Der im Gefängnis sitzende ehemalige Vorsitzende der pro-kurdischen DEM (ehemals HDP), Selahattin Demirtas, verurteilte den Anschlag, der "die Suche nach Lösungen für einen Dialog" im Konflikt mit dem Kurden erschwere. Auch der Chef der wichtigsten Oppositionspartei CHP, Özgur Özel, verurteilte den "Terroranschlag".

kle/AR (dpa, rtr, afp)

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