Seine Wahl galt als Formsache: Hartmut Dorgerloh wird Generalintendant des Berliner Humboldt Forums. Der 55-jährige Kunsthistoriker leitet damit künftig Deutschlands ambitioniertestes Kulturprojekt.
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Humboldt Forum: Berlins langer Weg zum Schloss
Im Berliner Schloss öffnen nun die ersten Tore. Vom alten Hohenzollern-Schloss bis zum neuen Humboldt Forum war es ein langer Weg. Ein Rückblick.
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Hereinspaziert in den Schlosshof
Eigentlich wollte Generalintendant Hartmut Dorgerloh das Humboldt Forum im Berliner Schloss schon im Dezember 2020 eröffnen, doch das wurde durch die Corona-Pandemie verhindert. Es war nicht der erste Aufschub - und Kritiker meinen auch nicht der letzte. Jetzt sind immerhin der Schlüterhof und eine Passage quer durchs Schloss zugänglich. Das Humboldt Forum soll im Juli eröffnen.
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Forum ohne Bindestrich
Vergessen? Verschmäht? Ein Bindestrich hat es jedenfalls nicht auf die Fassade des neuen Humboldt Forums im Berliner Schloss geschafft. Manch ein Feuilletonist verfasste darüber bewegende Elogen. Ob mit oder ohne Bindestrich: Ein Ort der Weltkulturen soll
es werden, Deutschlands Schaufenster zur Welt. Nur was dort wie ausgestellt werden soll, ist weiterhin umstritten.
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Deutsches Prestigeprojekt
Die einen empfangen im historischen Versailles, die anderen mitten auf der Baustelle: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Gründungsintendant Neil MacGregor erklärten Frankreichs Präsident Emmanuel Macron 2018 Deutschlands größtes Kulturprojekt. Ein Projekt mit einer langen Geschichte.
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Ein Blick zurück auf die kaiserliche Residenz
Das Residenzschloss der Hohenzollern wurde 1442 auf der Spreeinsel erbaut. Später war es die Residenz des deutschen Kaisers. Von Andreas Schlüter stammen die barocken Fassaden und Innenräume. Seit der Weimarer Republik beherbergte das Stadtschloss ein Kunstgewerbemuseum, im Schlüterhof fanden Konzerte statt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss stark beschädigt und brannte teilweise aus.
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Vernichtung von Kulturgut
Im Jahr 1950 beschloss die DDR-Staatspartei SED, das zum größten Teil ausgebrannte Gebäude dem Erdboden gleich zu machen, um einen Aufmarschplatz anzulegen. Die Sprengung rief weltweite Proteste hervor. Teile des Schlossportals wurden 1963 in das Staatsratsgebäude der DDR eingebaut.
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"Ballast der Republik"
"Ballast der Republik", "Palazzo Prozzo" oder "Erichs Lampenladen" - für den ab 1973 errichteten "Palast der Republik" fand der Volksmund schnell viele Namen. Doch 1990 musste er wegen Asbestverseuchung schließen und zwischen 2006 und 2009 ganz weichen. Über den Erhalt gab es erbitterten Streit. Abriss-Befürworter sahen die Chance auf eine Rekonstruktion der historischen Mitte Berlins.
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Baustellenrundgang
Wiederaufbau im historischen Ausmaß, rekonstruierte Barockfassaden - mit diesen Plänen gewann der Italiener Franco Stella 2008 den Architekturwettbewerb für den Schlossneubau. Hier soll nun das Humboldt Forum einziehen. Unser Bild zeigt die Gründungsintendanten Hermann Parzinger, Neil MacGregor und Horst Bredekamp (v.l.) mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters 2015 auf der Schlossbaustelle.
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Ausrichtung des Forums
Das Panorama der historischen Berliner Mitte war lange Zeit nur auf einem großen Plakat an der "Humboldt-Box" zu sehen. Mittlerweile hat das Schloss sämtliche Hüllen fallen gelassen. Ab Mitte Juli sollen auch die Innenräume sukzessive geöffnet werden. Die Diskussionen über die inhaltliche Ausrichtung des Forums als Museum der Welt mit kolonialen Erblasten werden sicher noch andauern.
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Der Stiftungsrat des Humboldt Forums folgte damit dem Vorschlag von Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Hartmut Dorgerloh stehe für die "Humboldtsche Tradition der Verbindung zwischen wissenschaftlicher Forschung und den Anforderungen, die an eine moderne besucherorientierte Kultureinrichtung gestellt werden", erklärte Grütters. Der 55-Jährige sei "international weit vernetzt und hoch respektiert".
Hartmut Dorgerloh war auch Wunschkandidat des Gründungsintendanten-Trios aus Neil MacGregor, Horst Bredekamp und Hermann Parzinger. Der britische Historiker Neil MacGregor ließ über Dorgerloh vorab anerkennend wissen, er kenne sich im "Dschungel der Berliner Kulturpolitik" gut aus.
Der Kunsthistoriker und Denkmalpfleger Dorgerloh, der wahrscheinlich Ende 2019 sein Amt antritt, übernimmt Deutschlands ambitioniertestes Kulturprojekt. Im Humboldt Forum muss er die drei künftigen Nutzer - die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Humboldt-Universität und das Land Berlin - unter einen Hut bringen. Auch trägt er die kuratorische Verantwortung für das Gesamtkonzept.
Der neue Museumskomplex im wieder errichteten Berliner Stadtschloss soll ein Ort der Weltkulturen werden und als eine Mischung aus Museum, Kulturzentrum und Forschungsort funktionieren. Unter anderem sollen die bedeutendsten völkerkundlichen Sammlungen Berlins dort gezeigt werden. "Das Humboldt Forum soll die globalen Verflechtungen aufzeigen", so der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, erst kürzlich in einem Zeitungsinterview, "es geht um die Frage, was den Menschen immer und überall ausgemacht hat."
Schon jetzt steht das Humboldt Forum im Zentrum einer Debatte um mögliche Raubkunst aus der Kolonialzeit. Denn auch solche Werke will das Forum ausstellen. Der Deutsche Museumsbund hat zu dem Streitthema gerade erst Empfehlungen ausgesprochen. Denn seit Jahren gibt es immer wieder Rückgabeforderungen der Herkunftsländer. Hier wie bei der inhaltlichen Ausrichtung des Humboldt Forums wird sich sein neuer Chef positionieren müssen.