1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hartz IV? Nie gehört!

Marcel Fürstenau29. August 2004

Seit Wochen demonstrieren zigtausende Deutsche gegen die Arbeitsmarkt-Reformen der Bundesregierung. Der Protest hat einen Namen: Hartz IV. Die Bundesregierung sucht nun nach einem neuen Namen.


Die Bundesregierung hat beschlossen, diese griffige Abkürzung künftig zu vermeiden. Der Begriff sei "lautmalerisch hart", verbinde sich nur mit Einschnitten und gebe "inhaltlich nichts wieder", begründete Regierungssprecher Bela Anda den Verzicht.

Marcel Fürstenau

Wie es zu dieser späten Einsicht kam, darüber lässt sich trefflich spekulieren. Es müsse auf mehr Kommunikation gesetzt werden, lautet die offizielle Begründung. Die Inhalte müssten in den Mittelpunkt gestellt werden. Das hört sich so an, als hätten die Menschen bislang gegen die Form der Reform demonstriert, also gegen die Verpackung namens "Hartz IV". Dabei sind sie doch wegen des Inhalts empört und frustriert. Der muss ihnen wahrlich nicht erklärt werden. Den werden sie schon zu spüren bekommen.


Ablenkung von Reformen

Was also verspricht sich die Bundesregierung von der Namensänderung? Wahrscheinlich weiß sie es selber (noch) nicht so genau. Zumindest aber ist ihr, wohl eher zufällig, ein Ablenkungsmanöver gelungen. Denn natürlich war die Ankündigung, das Unwort "Hartz IV" auf den Index zu setzen, ein gefundenes Fressen für die anderen Parteien, aber auch Karikaturisten und Journalisten. Auffällig oft bekennen sich seither Politiker insbesondere der CDU und der FDP zu "Hartz IV". Ganz so, als sie hätten sie Angst, die Leute könnten das Wort tatsächlich aus ihrem Gedächtnis streichen und würden nicht mehr gegen die Regierung demonstrieren.

Den Vogel aber haben wieder einmal die Kolleg(inn)en von der BILD-Zeitung abgeschossen. Sie fragen täglich ihre Leser(innen): "Wie soll 'Hartz IV' heißen?" Die Antworten reichen (alphabetisch) von "Alles-wird-gut-Reform" über "Hartz aber herzlich" bis "Wirtschaftswundertüte". Samt und sonders sympathisch anmutende Vorschläge, die viel vertrauenserweckender und optimistischer klingen, als das kühl-bürokratische "Hartz IV". Dass die Strategen der Bundesregierung darauf nicht von selber gekommen sind...


Schnelldenkende Wortschöpfer gesucht

Doch es ist nie zu spät. Jetzt sollten sich die Wortschöpfer im Dream-Team von Kanzler Schröder aber schnellstens Gedanken machen, wie sie all ihre anderen Reformen schöner verpacken und damit verkaufen könnten. Wie wär’s zum Beispiel mit "Lebensabend-Taschengeld" (statt "Renten-Reform") oder "Ich-fühl-mich-gut-Prämie" (statt "Gesundheits-Reform")? Weitere Vorschläge nimmt das Bundespresseamt bestimmt dankend entgegen.