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Twitter macht Theater

Karsten Kaminski13. Dezember 2013

Kann man Theaterstücke wie "Hamlet" in 140 Zeichen erklären? Man kann: Fünf Schauspielhäuser organisieren eine gemeinsame Twitter-Theater Woche - das ist eine Art digitaler Tag der offenen Tür.

Logo der Twitter-Theaterwoche (Foto: Sirup/Residenztheater)
Bild: Sirup/Residenztheater

Leuchtende Handybildschirme waren in den letzten Tagen keine Seltenheit in deutschen Theatersälen. Denn unter dem Hashtag "#ttw13" präsentierten sich in dieser Woche (09.12-13.12) fünf große Theater auf der Kurznachrichtenplattform Twitter. Dazu gehörten das Thalia Theater in Hamburg, das Schauspielhaus Bochum, das Deutsche Theater Berlin, das Schauspiel Hannover und das Residenztheater in München. Die Zuschauer sollten mit dieser Aktion einen neuen Einblick in den Alltag des Theaters bekommen.

Die ganze Woche konnte man auf Twitter verfolgen, was vor und hinter den Kulissen eines Theaters passiert: Das Theater Bochum etwa postete morgens, wenn die Türen aufgeschlossen wurden, erstmal ein Foto des Wärters. Am nächsten Tag gab es dann Schnappschüsse von den Proben der Artisten aus dem Schauspiel Hannover - jeden Tag verschiedene Eindrücke aus jeweils anderen Theaterhäusern. Während der Inszenierungen sollten dann vor allem die Zuschauer aktiv werden und ihre Meinung auf die Plattform posten. Ein ambitioniertes Projekt, das allerdings nicht die erhoffte Wirkung hatte.

#ttw13: Eine Woche Tweets und Retweets - wie hier auf der Seite des Schauspiel HannoverBild: Twitter

Theater soll greifbarer werden

Die Beteiligung verlief eher schleppend: Am Donnerstag gab es erst rund 1900 Tweets zum Hashtag #ttw13. Viel Resonanz gab es jedoch für eine Aktion
des Münchener Residenztheaters: Es hatte via Twitter Statisten gesucht, die während einer Kneipenszene im Stück "Flegeljahre" nach dem Roman von Jean Paul auf der Bühne stehen und ihre Erlebnisse von der Bühne in die Welt twittern sollten. Das Münchener Theater nimmt die Twitter-Aktion mit großen Humor und wirbt in einem Youtube-Trailer mit einem Tag "voller Wahnsinn".

Werden durch solche Kampagnen Smartphones im Theater bald erlaubt sein? "Nein", sagt Ingo Sawilla vom Residenztheater in München im DW-Interview. "Das Theater braucht nicht unbedingt das Internet, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Diese Aktion soll das Theater erlebbarer und greifbarer machen." Das Projekt sei eine Annäherung an die gesellschaftliche Realität, in der das Handy nicht wegdenkbar sei, so Sawilla. In die Theatersäle gehöre das Smartphone generell nicht: "Das Theater wird einfach anderes rezipiert als andere Medien, da kann man nicht nebenbei multitaskingfähig sein wie zum Beispiel beim Fernsehen. Das Theater zieht eine andere Art von Aufmerksamkeit an sich."

Der Traum von der Twitter-Loge

Anders sieht das Bianca Praetorius. Sie ist Theaterautorin und beschäftigt sich schon länger mit der digitalen Kultur. Das Twitter-Projekt klang vielversprechend, die Tweets aber, die unter #ttw13 kursieren, machen für sie das Theater nicht wirklich greifbarer: "Es wäre viel besser, wenn inhaltliche Tweets gepostet würden und nicht nur diese langweiligen Tweets wie 'oh, das war aber toll'. Es muss zu einer richtigen Diskussion zwischen Zuschauern und Schauspielern kommen."

Dennoch sieht Praetorius die Aktion noch lange nicht als Flop. Für sie sind das nur die Anfänge der Verschmelzung von Twitter und Theater - und jeder Anfang sei bekanntlich schwer.

Die Autorin denkt schon einen Schritt weiter. Sie sieht in Twitter eine Plattform für einen Dialog zwischen Publikum und Bühne - ein Dialog, den sich das Theater schon lange wünscht. Deshalb fordert sie, "dass man Sonderreihen in den oberen und unteren Bereichen des Saals hat, wo Smartphones während der Inszenierung erlaubt sind. Das würde die anderen Menschen im Publikum nicht stören und so besteht die Möglichkeit, Eindrücke auszutauschen." So ein Dialog sei in der Theaterwelt wichtig, "denn oft haben andere Menschen einen anderen Blick auf die Bühne, den man selbst nicht erlebt. So wird Twitter für das Theater erst richtig interessant."

Auch die Schauspieler hätten durch diese Art der Kommunikation Vorteile, weil sie dann direkt nach jedem Auftritt wüssten, was ihre Zuschauer fühlen und interpretieren. Gerade für das jüngere Publikum sei die Einführung von "Twitter-Reihen" im Theater wichtig, meint sie: "Das Smartphone ist einfach zu meiner dritten Hand geworden. Darauf will ich nicht verzichten, nicht mal im direkten Gespräch mit Menschen. Deshalb ist es im Theater immer wichtiger, die Reihen dafür zu öffnen."

Buntes Twitter-Volk

Auf Twitter wurde im Verlauf der Woche gewitzelt, diskutiert, gelobt und manchmal auch kritisiert:

Die digitale Interaktivität wird in der deutschen Theaterwelt auch nach der Twitter-Woche fortgesetzt: Bei der Hamburger Social Media Week im Februar 2014 will das Thalia Theater in Hamburg die Besucher ebenfalls via Twitter aktiv am Stück beteiligen. Und das Schauspielhaus in Dortmund hat ähnliche Projekte schon bei der Reihe "Crashtest Nordstadt" ausprobiert. Dort ist man als Zuschauer in ein interaktives Rollenspiel verwickelt, muss Anweisungen via SMS verfolgen. In einem Live-Videostream kann man die Aktion verfolgen und am Ende gibt es Gewinner - natürlich aus dem Publikum.

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