Nach der Wende drohte das "Minsk" zu verfallen. Jetzt zieht in das einstige Terrassenrestaurant eine private Kunstsammlung ein. So bekommt Potsdam ein neues Museum.
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Die Sammlung Plattner im Museum Barberini
Der Milliardär Hasso Plattner sammelt mit Vorliebe Impressionisten. Jetzt überlässt er ein Konvolut dem Museum Barberini in Potsdam. Hier ein Einblick.
Bild: Sammlung Hasso Plattner/Museum Barberini
Claude Monet: Getreideschober
Claude Monets stimmungsvoller "Getreideschober" aus der Sammlung Hasso Plattner. Mit den Getreideschobern entwickelte Monet (1840-1926) Ende des 19. Jahrhunderts sein Serienverfahren, das er später mit seinen Seerosenbildern fortsetzte – ein Wendepunkt in seinem Schaffen. Das Werk gehört zu den Höhepunkten in der Leihgabe Plattners an das Museum Barberini.
Bild: Sammlung Hasso Plattner/Museum Barberini
Alfred Sisley: Schnee in Louveciennes
Winterlandschaften waren eine Spezialität des englischen Malers Alfred Sisley (1839-1899), der in Frankreich lebte. Gekonnt verlieh er der Trostlosigkeit und Öde der Natur Ausdruck. Schneelandschaften generell gehörten zu den Lieblingsmotiven der Impressionisten. Sie konnten hier das wechselnde Licht mit einer nuancenreichen Farbpalette wiedergeben.
Bild: Sammlung Hasso Plattner/Museum Barberini
Claude Monet: Villen in Bordighera
Bei einem Aufenthalt in Italien im Jahr 1884 hatte Monet das Mittelmeer für sich entdeckt. Danach malte er dieses farbensprühende Werk - als Hommage an einen Garten, der im mediterranen Licht erstrahlt. Für beides begeisterte sich der Maler. Und machte damit den Impressionisten, die vor allem den Moment einzufangen versuchten, alle Ehre.
Bild: Sammlung Hasso Plattner/Museum Barberini
Claude Monet: Der Hafen von Le Havre am Abend
Das Werk ist eine der stilistisch radikalsten Arbeiten Monets in den frühen 1870er Jahren. Mit schnellem Pinselstrich hält Monet die verschwommenen Formen des nächtlichen, von elektrischem Licht erhellten Industriehafens fest. Ein Schock für die Kritiker, widersprachen die dickflüssigen Farbtupfer und sichtbaren Pinselstriche mit ihrer Skizzenhaftigkeit doch der angesagten, akademischen Malweise.
Bild: Sammlung Hasso Plattner/Museum Barberini
Gustave Caillebotte: Rue Halévy, Blick aus der sechsten Etage
Der Blick fällt tief hinunter in eine belebte Straßenschlucht. Die stolzen Häuser der Rue Halévy sind in diffuses und doch kalt strahlendes Winterlicht getaucht. Die Boulevards von Paris waren ein beliebtes Motiv der Impressionisten, zu denen auch Gustave Caillebotte (1848-1894) zählte. Sein Werk entstand im Jahr 1878.
Bild: Sammlung Hasso Plattner/Museum Barberini
Raoul Dufy: Am Strand von Sainte-Adresse
Der französische Maler und Zeichner Raoul Dufy (1877-1953) stand zunächst unter dem Einfluss von Vincent van Gogh und Paul Gaugin sowie den Impressionisten, ehe er sich dem Fauvismus zuwandte. Die Strandszene von Sainte-Adresse entstand im Jahr 1906 und entstammt Dufys impressionistischer Phase. Beim Betrachten spürt man regelrecht die Frische des Meeres. Ein warmes Licht erhellt die Szenerie.
Camille Pissarro: Raureif, eine junge Bäuerin macht Feuer
Eine junge Bäuerin und ein Kind entzünden ein Feuer aus Stöcken und dünnen Ästen. Dichter Qualm steigt auf, was auf die Feuchtigkeit des Brennholzes hindeutet. Die Wiese, auf der Kühe weiden, ist von Raureif überzogen. Jacob Abraham Camille Pissarro (1830-1903) war einer der bedeutendsten und produktivsten Maler des Impressionismus. Doch erst gegen Ende seines Schaffens fand er sein Publikum.
Bild: Sammlung Hasso Plattner/Museum Barberini
Gustave Caillebotte: Die Brücke von Argenteuil und die Seine
Die Brücke von Argenteuil überspannt die Seine. Darunter erblickt man den Schiffsverkehr und Häuser am gegenüberliegenden Ufer. Ein Fotograf hätte wohl die gleiche Perspektive gewählt. Doch auch Gustave Caillebotte (1848-1894) erwies sich als genauer Beobachter. Dieses und andere Werke der Impressionisten-Sammlung von Hasso Plattner sind ab sofort im Museum Barberini zu bestaunen.
Bild: Sammlung Hasso Plattner/Museum Barberini
Hasso Plattner: Sammler aus Leidenschaft
Mit Leidenschaft und Kunstverstand hat der Kunst- und Wissenschaftsmäzen eine millionenschwere Sammlung zusammengetragen. Sein Vermögen hatte er als Gründer und Teilhaber des Softwarekonzerns SAP gemacht. Nun überlässt er rund 100 impressionistische Werke dem von ihm gegründeten Kunstmuseum Barberini in Potsdam. Dort entsteht ein europaweit bedeutsamer Impressionismus-Hotspot.
Bild: picture-alliance/dpa/U. Anspach
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Mit Hasso Plattner freuen sich nicht wenige in Potsdam über die Wiederauferstehung ihres "Minsk". Zu DDR-Zeiten war das in den 1970er Jahren im modernistischen Stil erbaute Terrassenrestaurant ein beliebter Treffpunkt und Veranstaltungsort. Dann kam die politische Wende, das Gebäude stand leer und drohte zu verfallen. Vor drei Jahren kaufte Plattner das Gelände von der Stadt, ließ das Haus sanieren und zu einem Museum für DDR-Kunst umbauen. Das Kunsthaus "Minsk" öffnet an diesem Wochenende für das Publikum.
Es ist das schon das zweite Museum der Hasso Plattner Foundation. Der Kunstmäzen und Mitgründer von SAP hat bereits das Museum Barberini in Potsdam im wiedererbauten gleichnamigen Palais gegründet. Seit 2017 strömen Kunstfans dorthin, um die Impressionisten-Sammlung Plattners zu sehen. Und auch das Minsk könnte ein Publikumsmagnet werden: Herzstück soll die Plattner-Sammlung an DDR-Kunst sein. Doch zu sehen gibt es mehr.
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DDR-Kunst im internationalen Kontext
Zum Start versucht das Minsk einen Dialog zwischen moderner und zeitgenössischer Kunst. Mit den Ausstellungen "Wolfgang Mattheuer: Der Nachbar, der will fliegen" und "Stan Douglas: Potsdamer Schrebergärten" will das Kunsthaus das Thema Landschaft aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten. Es gehe darum, sagt Direktorin Paola Malavassi, DDR-Kunst in einen internationalen Kontext zu stellen.
So treffen 31 Gemälde des sächsischen Malers, Grafikers und Bildhauers Mattheuer (1927 - 2004), etwa die Hälfte stammt aus der Sammlung Plattners, auf Arbeiten des Fotografen Stan Douglas. Der Kanadier hat 1994 und 1995 Schrebergärten in Potsdam abgelichtet. Für seinen Film "Der Sandmann" (1995) filmte er einen Schrebergarten vor und nach der Wende in den Babelsberger Studios.
Manches, aber nicht alles im neuen Kunsthaus erinnert an das alte Restaurant Minsk. Eine große Wendeltreppe empfängt die Besucherinnen und Besucher, oben lädt ein Café mit Panoramafenstern zum Verweilen ein. Wer mag, kann auch ins Museum gehen, in dem es zwei größere Ausstellungsräume gibt, ergänzt um ein kleines Kabinett für direkte Bildvergleiche.
Ein früheres Nationalitätenrestaurant
Doch vergeblich sucht man das filigrane Glasmosaikband, das einst die Außenwand des von dem Architekten Karl-Heinz Birkholzerrichteten Gebäudes zierte. Es ähnelte, woran eine Autorin der Berliner Zeitung erinnert, belorussischer Folklorestickerei. Denn das Minsk war eines der Nationalitätenrestaurants, das jede DDR-Bezirksstadt in den 1970er Jahren erhielt. Leipzig hatte sein "Kiew", Berlin sein "Moskau" und Rostock sein "Riga". Potsdam pflegte eine Städtepartnerschaft mit Minsk. In der Hauptstadt der belorussischen Sowjetrepublik entstand das Restaurant Potsdam. Auf den Speisekarten standen typische Gerichte des jeweiligen Partnerlandes.
Die Gestaltung der Innenräume des Minsk, auch daran erinnert die Berliner Zeitung, hatte ein Künstlerkollektiv aus der Partnerstadt übernommen. Materialien wurden aus Weißrussland herbeigeschafft: Den Eingangsbereich mit Garderobe im Erdgeschoss schmückte geflammter Marmor, das Restaurant erhielt Lampen aus Kupfer und Schnitzereien aus wertvoller belorussischer Mooreiche. All das ist modernem Interieur gewichen.
Immerhin hat sich die Hasso Plattner Foundation für die Beibehaltung des Namens entschieden. Aus Restaurant Minsk wurde "Das Minsk Kunsthaus in Potsdam". Und wie in seinen Anfangsjahren wird es neben Ausstellungen auch wieder Konzerte, Lesungen und Performances geben.