Forscher suchen gerne nach naturwissenschaftlichen Erklärungen für biblische Wundergeschichten. Der katholische Theologe Thomas Söding kann das nachvollziehen, hält aber nichts von diesen Ansätzen.
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Es ist eines der berühmtesten Wunder der Bibel: Moses teilt das Rote Meer und ermöglicht so seinen Gefährten die Flucht vor den Ägyptern. Naturwissenschaftler sehen das jedoch anders. Moses hat nicht das Rote Meer geteilt, sagen sie. Es waren schnöde, starke Ostwinde in der Region, die eine breite Furt zur Flucht freigelegt haben.
Anderes Beispiel: Die Sintflut. Wissenschaftler sagen, dass nach dem Ende der letzten Eiszeit die Meeresspiegel weltweit stark anstiegen. Durch das schnelle Abschmelzen der Gletscher brach eine Landbrücke zum Schwarzen Meer, das löste eine apokalyptische Flut aus.
DW: Herr Söding, solche Erklärungen klingen doch plausibel?
Thomas Söding:Nein, diese Ansätze haben eine begrenzte Erklärungsweite.
Zum Beispiel das Thema - Auferstehung Jesu von den Toten - überschreitet per definitionem die Grenzen von Raum und Zeit. Dann ist auch eine naturwissenschaftliche Erklärung an ihr Ende gekommen. Das bedeutet aber nicht, dass man sie verachten darf.
Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Das Wandeln Jesu auf dem Wasser. Es gibt Forscher, die vermuten, dass Jesus dabei auf kleinen Eisschollen gestanden haben könnte, die vom Ufer nicht zu sehen waren. Schuld an diesem Eis könnten warme, salzige Quellen im Wasser vor 2000 Jahren gewesen seien, so die Argumentation. War das Laufen auf dem Eis also lediglich ein eiskalter Trick?
Es gibt sogar Witze darüber, dass Jesus angeblich irgendwelche Steine genutzt hätte oder den Morgennebel am See Genezareth ausgenutzt hätte, um da irgendein Fake zu machen. Davon halte ich gar nichts. Ich bin der Meinung, man sollte die Bibel genauer lesen. In der Bibel steht, dass die Jünger auf dem See Genezareth eine Vision gehabt haben. Sie haben etwas gesehen. Sie haben eine Erfahrung gemacht, die auf keine natürlichen Erklärungen zurückgehen. Das ist in der Sprache der Bibel dann eine sogenannte "Erscheinung".
Das heißt, es gibt irgendeine Kommunikation zwischen Gott und den Menschen. Und das ist eine Sache, die kein Mediziner mit Medizin oder kein Physiker mit Physik oder kein Biologe mit Biologie erklären kann. Das ist im Kern eine Glaubensfrage.
Die Theologie hat die Aufgabe, solche Glaubensfragen als Glaubensfragen heraus zu propagieren und deswegen bin ich gegenüber Erklärungsversuchen wie diejenigen, die Sie zitiert haben, sehr skeptisch.
Aber wie erklären Sie die Auferstehung?
Die Auferstehung ist vom Ansatz her ein Ereignis, das die geschichtliche Sphäre überschreitet. Es gibt Menschen, die zu dem Glauben gekommen sind, dass Jesus von den Toten auferstanden sei und diese Zeugnisse werden im Neuen Testament beschrieben. Nirgendwo wird im Neuen Testament die Auferstehung Jesu selbst beschrieben.
Es gab Frauen in Jerusalem, die sagten, "wir wollten zum Grab und das Grab war leer und wir haben es uns nicht erklären können. Aber dann ist uns gesagt worden - durch eine Stimme Gottes - das Grab ist leer, weil Jesus von den Toten auferstanden ist". Es gab Menschen, die die Aussage der Frauen für verrückt hielten. Anschließen ist ihnen jedoch selbst der Auferstandene erschienen. Sie dachten, dass es ein Gespenst sei. Dann aber sagte Jesus: "Schaut mich doch genau an. Ich bin Jesus!"
Das sind diese beiden Eckpfeiler. Erstens: Das Grab wurde leer gefunden. Dafür gibt es keine natürliche Erklärung. Und zweitens: Es gibt diese Erscheinungen des Auferstandenen.
Das zeigt auch, dass Gott kein Bündnis mit den größten Gelehrten der damaligen Welt eingegangen ist, sondern mit einfachen Menschen, die einen Draht zu Gott hatten. Das hat auch einen großen Sinn, weil Gott mitten unter den Menschen zu Hause ist.
Thomas Söding ist Professor an der katholisch-theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. Er ist Lehrstuhlinhaber für Neues Testament.
Was sagen die Heiligen Schriften zum Umgang mit der Natur?
Christen, Muslime, Hindus, Buddhisten, Juden und Atheisten: Alle leben auf einer Erde. Und alle sind gleichermaßen von den Folgen des Klimawandels betroffen.
Bild: Mixtribe-Photo / CC BY 2.0
Die Schöpfung bewahren
Adam und Eva im irdischen Paradies: Sowohl im Christentum als auch im Judentum gilt die Bewahrung der Schöpfung als eine der Aufgaben, die Gott dem Menschen übertragen hat: “Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte” (Bibel, Genesis 2, 15)
Bild: Jonathan Linczak / CC BY-NC-SA 2.0
Jüdischer Tanach und christliche Bibel teilen zentrale Aussagen
Die Schöpfungsgeschichte wird im Ersten Buch Moses erzählt. Das erste Buch Moses ist Teil der Thora, dem ersten Teil der jüdischen Bibel, auch Tanach genannt.
Bild: Lawrie Cate / CC BY 2.0
Das Wort, das um die Welt geht
Ebenso ist die Schöpfungsgeschichte zentraler Bestandteil des Alten Testaments in der christlichen Bibel. Aus Teilen der jüdischen Bibel hervorgegangen, ist die christliche Bibel das am weitesten verbreitete und am häufigsten publizierte schriftliche Werk der Welt.
Bild: Axel Warnstedt
Der “Herrschaftsauftrag” des Menschen
“Und Gott segnete sie und sprach: Wachset und vermehrt euch, erfüllet die Erde und macht sie euch untertan. Und herrscht über die Fische des Meeres, und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich regen auf der Erde.” (Genesis 1, 28) - eine der bekanntesten Bibelstellen, die gerade in Bezug auf den Herrschaftsauftrag des Menschen (dominum terrae) unterschiedlich interpretiert wird.
Bild: Axel Warnstedt
Allahs Werk umsichtig nutzen
Auch im Islam muss das Werk des Schöpfers geschützt werden. Der Mensch darf das Erschaffene nutzen, muss aber umsichtig sein. “Die Sonne und der Mond laufen ihre vorgeschriebene Bahn, die Sterne und die Bäume verneigen sich vor dem Herrn, und die Himmel hat er emporgehoben und in Balance gebracht. Stört das Gleichgewicht nicht, haltet das rechte Maß und verliert es nicht.” (Koran, Sure 55, 3-10)
Bild: sektordua / CC BY 2.0
Kein Unheil auf der Erde anrichten
Der Koran beinhaltet konkrete Handlungsanweisungen für die Menschen. Viele beziehen sich direkt auf das Verhältnis zur Umwelt und den Umgang mit der Natur. "Richtet nicht Unheil auf der Erde an!" (Koran, Sure 2, 11)
Bild: Axel Warnstedt
Hinduisten im ewigen Kreislauf
Im Hinduismus gibt es weder den einen Gott, noch die eine Heilige Schrift mit einer Schöpfungsgeschichte: Alles befindet sich in einem Kreislauf, in dem die einzelnen Bestandteile - tot oder lebendig, sichtbar oder unsichtbar - ineinander greifen und sich fortlaufend wiederholen. Der Mensch ist Teil dieser Welt, er hat darin den gleichen Stellenwert wie jedes andere Lebewesen.
Bild: public domain
Immer in Balance
Das natürliche Gleichgewicht soll gewahrt werden - wer etwas nimmt, muss auch etwas zurückgeben: “Da du die Götter im Opfer gespeist hast, werden sie dir das Gewünschte geben. Wer also genießt, was die Götter ihm geben, ohne ihnen dafür (als Gegenleistung) zu opfern, ist in der Tat ein Dieb.” (Bhagavad Gita 3:12)
Bild: Axel Warnstedt
Keine Trennung zwischen Ich und Umwelt
Auch im Buddhismus steht alles in einer Wechselbeziehung und im Austausch. Buddhisten trennen nicht zwischen dem Ich und der Umwelt. Wer nach Erleuchtung strebt, fühlt mit allen anderen Wesen und teilt deren Leid. Der Kreislauf des Lebens kann durchbrochen werden, indem ein Wesen Erleuchtung erlangt und damit ins Nirvana einzieht.
Bild: Jody McIntryre / CC-BY-SA-2.0
Alles steht in Zusammenhang
Im Pali-Kanon, den ältesten überlieferten Lehrreden Buddhas, wird die Abhängigkeit und Verbindung aller Dinge beschrieben: „Wenn das besteht, so entsteht jenes. Durch das Entstehen von jenem wird dies hervorgebracht. Wenn jenes nicht ist, so entsteht auch dies nicht. Durch das Aufhören von jenem wird dieses beendet." (Pali-Kanon, Samyutta Nikaya II, 12.21)
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Karfreitag in aller Welt
Das Leiden Jesu Christi, der am Kreuz die Schuld der Menschheit auf sich genommen hat, ist ein zentrales Motiv des Christentums. Auch dieses Jahr gedenken wieder Menschen weltweit des Todes ihres Religionsstifters.
Bild: Getty Images
Via Dolorosa
Tausende Gläubige gehen jedes Jahr am Karfreitag den Weg, den laut Bibel Jesus zur Kreuzigungsstätte Golgatha laufen musste: die Via Dolorosa (lat.: "Der schmerzhafte Weg") in Jerusalem. Sie führt durch die Altstadt zur Grabeskirche.
Bild: AFP/Getty Images
Kreuz zu verleihen
Mit dem tiefreligiösen Ritual in der "Heiligen Stadt" machen Einheimische ein Geschäft: Kreuzverleihe haben am Karfreitag Hochkonjunktur. Der Preis ist Verhandlungssache, in der Regel einigt man sich auf etwa 200 Schekel, was rund 50 Euro entspricht.
Bild: Getty Images
Kreuzweg in Rom
Die Stationen des Kreuzwegs Jesu entlang der Via Dolorosa werden seit den 1960er Jahren auch bei einer Prozession mit dem Papst in Rom abgelaufen. Einen Kreuzweg, der an den Karfreitag erinnert, gibt es in vielen katholischen Kirchen. Meistens wird er in 14 Stationen unterteilt, je nach Bibelauslegung können es aber auch bis zu 15 sein.
Bild: Reuters
Kolosseum
Schauplatz der römisch-katholischen Prozession ist das hell erleuchtete Kolosseum in der italienischen Hauptstadt. Die einzelnen Stationen werden verlesen.
Bild: Reuters
Selbstgeißelung
Auf den Philippinen lassen sich am Karfreitag immer wieder Christen ans Kreuz nageln, um so Jesus besonders nahe zu sein. Bis zu 20 waren es in den vergangenen Jahren - allerdings ohne Todesfolge. Ruben Enaje lässt sich seit fast 30 Jahren immer wieder kreuzigen. Die Philippinen sind das einzige überwiegend katholische Land Asiens mit rund 75 Millionen Gläubigen.
Bild: picture-alliance/dpa/EFE/E. Trigo
Umstrittenes Ritual
Das grausige philippinische Ritual ist im Inselstaat selbst nicht unumstritten: Ärzte warnen vor Wundinfektionen und die Kirche verbietet das Schauspiel sogar. Tausende Schaulustige kommen regelmäßig, um zuzusehen, wie die schweren Nägel durch Hände und Füße der Strenggläubigen getrieben werden.
Bild: AP
Griechische Prozession
Auch im orthodox geprägten Griechenland kommt dem Karfreitag eine hohe Bedeutung zu. Im ganzen Land ziehen Christen durch die Straßen. Das orthodoxe Osterfest findet in der Regel zu einem anderen Termin statt als bei Katholiken oder Protestanten - dieses Jahr eine Woche später.
Bild: Reuters/Yannis Behrakis
Prozession im Salzbergwerk
Bergleute im polnischen Wieliczka fahren für ihre Karfreitagsprozession in die Tiefe. Das Salzbergwerk südlich von Krakau ist ein besonderer Ort für das Land. Seit 1978 gehört es zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die ins Salz gehauene Kapelle der heiligen Kinga liegt 96 Meter unter dem Meeresspiegel.
Bild: picture-alliance/dpa/EPA/J. Bednarczyk
Spanische Buße
Sie sind keine Anhänger des Ku-Klux-Klans, sondern reumütige Christen: Die Kapuzenmänner, die mit Fackeln am Karfreitag durch spanische Städte ziehen. Die Tradition stammt aus der Zeit des 14. Jahrhunderts, als der Papst die öffentliche Buße verbot. Dank der Kapuzen blieben die Büßer unerkannt.