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Hausaufgaben für Berlin und Paris

27. November 2014

"Die Zeit drängt", steht in dem Bericht. Und: "Wir vermissen Taten." Zwei Wirtschaftsexperten analysieren die Politik Deutschlands und Frankreichs und kommen zu überaus kritischen Einschätzungen.

Deutschland Frankreich Symbolbild Fahnen
Bild: picture-alliance/dpa/Hanschke

Der Direktor des Jacques Delors Instituts Berlin, Henrik Enderlein, und der Planungschef des französischen Premierministers, Jean Pisani-Ferry, haben sich für den Bericht zusammengetan. Und ihre nun veröffentlichten Einschätzungen lesen sich so, als hätten die Regierungen zumindest auf diese beiden Berater eher nicht gehört. Dabei handelt es sich um Professoren der renommierten Hertie School of Governance.

Vor den Wahlen

Die beiden Wissenschaftler raten Deutschland in dem Papier zu einem Zukunftsfonds, der sich um Investitionsprojekte mit höchster Priorität kümmern soll. Den Vorwurf, zu wenig zur Ankurbelung der Konjunktur zu unternehmen, dürfte man im Kanzleramt zur Genüge kennen. Insgesamt müssten beide Länder der Studie zufolge ein höheres Reformtempo anschlagen. "Die Zeit drängt", heißt es in der Studie. Die Nachbarländer sollten dabei an einem Strang ziehen, mahnten die Berater von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und seines französischen Kollegen Emmanuel Macron. Mit Blick auf 2017 anstehende Wahlen in beiden Ländern sei 2015 das "entscheidende Jahr für gemeinsame Reformen und Investitionen".

Und da 2015 ja schon bald beginnt, werden die beiden Wissenschaftler konkret: Deutschland solle seine öffentlichen Investitionen binnen drei Jahren um 24 Milliarden Euro erhöhen. Dies ist mehr als doppelt so viel wie derzeit von der Bundesregierung veranschlagt. Frankreich empfehlen die beiden Berater eine Reform des verkrusteten Arbeitsmarkts. Sie sparten dabei nicht mit Kritik und warfen Präsident Francois Hollande vor, sein Reformansatz sei weitgehend "Stückwerk" geblieben.

Henrik EnderleinBild: picture-alliance/dpa/Schulze

"Mindestdrehzahl"

Der Konjunkturmotor, von dem in diesem Zusammenhang immer die Rede ist, müsse mit einer "Mindestdrehzahl für Investitionen" auf Touren gebracht werden. Deutschland habe überdies Reformen einzuleiten, um Frauen stärkere Anreize zur Teilnahme am Arbeitsleben zu bieten. Außerdem äußerten die Autoren Sorge, dass der relativ breite Niedriglohnsektor auf lange Frist soziale Probleme bereiten könne, da langjährige Niedriglöhner nicht ausreichende Pensionsansprüche ansammelten.

Was den französischen Arbeitsmarkt anbelangt, steht für die beiden Forscher die 35-Stunden-Woche erstmal nicht im Mittelpunkt. Viel wichtiger sei die Frage, wie flexibel die Arbeitszeit gestaltet werden könne. Die Dominanz fester Arbeitsverträge in Frankreich führe zudem dazu, dass Berufsanfänger und Gering-Qualifizierte am Arbeitsmarkt nur schwer Fuß fassen könnten.

Präsident Hollande sei es zwar gelungen, das Wachstum der Regierungsausgaben etwas einzudämmen. Vielen Beobachtern dränge sich jedoch der Eindruck auf, dass sich in Sachen Reformen nichts bewegt habe.Frankreich kämpft mit wirtschaftlicher Stagnation, steigender Arbeitslosigkeit und hoher Neuverschuldung. Die Regierung will erst 2017 und damit zwei Jahre später als geplant ihr Defizit unter die erlaubte EU-Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes drücken.

Bei der Übergabe des Berichts: Henrik Enderlein, die Minister Emmanuel Macron und Sigmar Gabriel und Jean Pisani-Ferry (von links)Bild: Piermont/AFP/GettyImages

Gabriel: "Gut argumentiert"

In Deutschland hat sich die Konjunktur ebenfalls eingetrübt - auch weil es Frankreich als dem mit Abstand wichtigsten Handelspartner und vielen anderen Euro-Ländern nicht gutgeht. Bundeswirtschaftsminister Gabriel übrigens sprach von einem "gut argumentierten Bericht". Deutschland und Frankreich stimmten sich eng ab, um "den Wachstumsmotor in Europa wieder in Gang zu setzen". Die Ergebnisse sollen beim deutsch-französischen Gipfel am Dienstag besprochen werden.

ml/qu (afp,rtr)

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