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Politik

Wer zahlt für die Flüchtlinge?

Kay-Alexander Scholz
20. März 2019

Im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 nahm der Bund viel Geld in die Hand, um Länder und Kommunen zu entlasten. Künftig will die Bundesregierung Pauschalen einführen. Die Länder protestieren. Soll so gespart werden?

Deutschland Integration von Flüchtlingen
Bei einer Fortbildung von Trainern für Familien von Geflüchteten im hessischen ViernheimBild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst

"Cool down", beruhigt Olaf Scholz. Der Bundesfinanzminister will die Finanzierung der Flüchtlingsintegration umbauen und sieht sich deswegen heftiger Kritik ausgesetzt. Man habe sich extra ein ganzes Jahr Zeit genommen, um eine Lösung zu finden, sagte er am Mittwoch in Berlin, wo er die Eckpunkte der Haushaltsplanung 2020 bis 2023 vorstellte. Wohl wissend, dass es "nicht ganz einfach ist".

Worum geht es? Der Bund muss die Finanzierung der Kosten für Asylbewerber und Flüchtlinge neu regeln, da die bestehenden Vereinbarungen Ende 2019 auslaufen. Die Länder befürchten deshalb eine Verlagerung der Kosten auf ihre eigenen Haushalte und deren Kommunen. Zahlte der Bund zuletzt 4,7 Milliarden Euro an die Länder, sollen es künftig nur noch die Hälfte oder nach manchen Berechnungen sogar nur noch 1,3 Milliarden Euro sein.

Die Summe verteilt sich unter anderem auf die 670-Euro-Pauschale für abgelehnte Asylbewerber, sowie eine Pauschale für Integration und Unterkunftskosten anerkannter Flüchtlinge.

Umstellung auf Pauschalen geplant

Für jeden Flüchtling eine Pauschale: Bundesfinanzminister Olaf Scholz erklärt die Eckpunkte der Haushaltsplanung Bild: Reuters/F. Bensch

Bundesfinanzminister Scholz will die einzelnen Posten in einer Kostenpauschale zusammenführen. Laut Medienberichten sind 16.000 Euro pro Flüchtling angedacht, die an die Länder überwiesen werden sollen. Egal, wie lange das Asylverfahren dauert oder wie es ausgeht.

Bislang gibt es eine Vielzahl von Etats und Förderwegen mit viel Bürokratie. So müssen zum Beispiel die tatsächlichen Kosten eines abgelaufenen Jahres nachgewiesen werden. Über die Kostenverteilung zwischen Bund und Ländern wurde viel diskutiert und verhandelt.

Es gehe ihm nun um eine "langfristige Lösung" und darum, das Problem "dauerhaft zu arrangieren", erklärte Scholz. Der Zeitpunkt sei gut, weil die Anzahl der Flüchtlinge zurzeit niedrig sei.

Aufstand der Bundesländer

Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, hält Scholz Pläne für "indiskutabel". Da es in NRW besonders viele hoch verschuldete Kommunen gibt, müssten diese dann Steuern erhöhen, um für die Kosten aufzukommen", lautet Laschets Einwand. Dies sei nicht gut für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Provisorisch: Unterbringung von Flüchtlingen auf dem Tempelhofer Feld in BerlinBild: picture-alliance/dpa/C. Bilan

Aus Hessen hieß es, Scholz versuche sich "zu Lasten der Länder davonzustehlen". Die Bundesregierung bestelle sich "einen Aufstand der Bürgermeister und Landräte", war aus Hamburg zu hören. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder warnte vor einem "Scheitern der Integrationspolitik".

Abgelehnt, aber nicht abgeschoben

Aus den Kommunen kam die Warnung, dass viele eigentlich abgelehnte Asylbewerber, deren Abschiebung aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, auch in Zukunft versorgt werden müssten. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher warnte, dass es zwar weniger neue Flüchtlinge gebe, "die Gesamtzahl aber weiterhin hoch" sei.

Zu sparen bedeute, den "Erfolg der Integration zu gefährden", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. "Bund und Länder müssen einen Weg finden, der den realen Aufwendungen der Kommunen für Flüchtlinge gerecht wird und die Ausgaben für Geduldete einbezieht", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy. 

Über die genaue Zahl der Geduldeten wird in Deutschland viel gestritten. Die Datenlage ist schwierig: Die Schätzungen schwanken zwischen 250.000 und 500.000 Menschen. Zudem: Viele Asylbewerber haben gegen ihren Bescheid geklagt; nun laufen noch Verhandlungen. Daneben gibt es rund 56.000 noch nicht entschiedene Asylanträge.

Fluchtursachen weiter bekämpfen

Im vergangenen Jahr beliefen sich die Ausgaben für Flüchtlinge seitens des Bundes auf rund 23 Milliarden Euro. Die Hilfen für Länder und Kommunen sind nur ein Teil davon. Fast sieben Milliarden Euro flossen auch in die Bekämpfung von Fluchtursachen in den Herkunfts- und Transitländern.

Dazu kommen die Kosten für minderjährige Flüchtlinge (siehe Grafik), die auch weiterhin vom Bund getragen werden sollen - zuletzt waren das 350 Millionen Euro. Auch gibt es Geld für Sprachkurse und für die Kosten der Grundsicherung für anerkannte Flüchtlinge.