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Havannas Flughafen wird privatisiert

Andreas Knobloch, Havanna18. August 2016

Kuba reagiert damit auf die vielfältigen Herausforderungen durch den anhaltenden Touristenboom und die Mängel in der Infrastruktur.

Internationaler Flughafen jos mart, Havanna, Kuba
Bild: picture alliance/Bildagentur-online/Tips Images

Angesichts rasant steigender Touristenzahlen und kurz vor dem Start regulärer Linienflüge zwischen den USA und Kuba privatisiert die kubanische Regierung erstmals einen Flughafen. Havannas internationaler Flughafen "José Martí" soll künftig von dem französischen Konzern Aéroports de Paris (ADP) betrieben werden; das französische Bauunternehmen Bouygues Bâtiment International wird die Erweiterung und Modernisierung übernehmen. Dies verkündete Kubas stellvertretender Verkehrsminister, Eduardo Rodríguez, Anfang August in Havanna. ADP betreibt neben den Flughäfen von Paris weltweit 31 weitere Airports; Bouygues wiederum war an mehreren Großprojekten beteiligt, wie dem Bau des Stade de France, des Eurotunnels oder des Flughafens von Hongkong.

Das Projekt in Kuba, das den westlich von Havanna gelegenen Regionalflugplatz von San Antonio de los Baños mit einschließt, "sieht die Finanzierung und Durchführung von Sofortmaßnahmen, die die Qualität der Dienstleistungen verbessern, sowie mittel- und langfristige Investitionen im Einklang mit der geschätzten Zunahme des Passagieraufkommens vor", hieß es in einer im staatlichen kubanischen TV verlesenen Meldung. Zur Höhe der geplanten Investitionen und weiteren Einzelheiten wurden zunächst nichts bekannt.

Zehn Millionen Passagiere angepeilt

Nach dem Ausbau sollen ab 2020 auf dem Flughafen von Havanna jährlich mehr als zehn Millionen Fluggäste abgefertigt werden können, teilte Aéroports de Paris. Im vergangenen Jahr hatten den Flughafen insgesamt 3,5 Millionen Passagiere genutzt; in diesem Jahr dürften die Zahlen noch etwas höher liegen. Mehr als die Hälfte aller ausländischen Kuba-Touristen kommt über den Flughafen Havanna ins Land.

Bisher hatte die kubanische Regierung ausländischen Unternehmen einzig im Hotelsektor Betriebsgenehmigungen erteilt. Europäische und kanadische Unternehmen sind seit Jahren auf der Insel aktiv; im Juni hatte mit dem von Starwood Hotels betriebenen Four Points by Sheraton in Havanna erstmals seit mehr als einem halten Jahrhundert wieder ein von einer US-Kette betriebenes Hotel in Kuba eröffnet. Weitere werden folgen.

Im Bereich Infrastruktur dürfte die angekündigte Privatisierung des Hauptstadt-Flughafens nur der Auftakt für weitere Konzessionen an ausländische Unternehmen sein. "Transport und Infrastruktur sind strategische und priorisierte Elemente in der kubanischen Wirtschaft und Gesellschaft", so eine Erklärung des kubanischen Transportministeriums. Und weiter: "Partnerschaften wie die oben beschriebene werden künftig auch für andere Flughäfen im Land gefördert."

Tourismus boomt – Infrastruktur hält nicht mit

Die Regierung in Havanna reagiert damit auf die vielfältigen Herausforderungen an die Infrastruktur der Insel durch die rasant steigenden Besucherzahlen. Knapp vier Millionen Touristen werden bis Ende des Jahres erwartet; in der ersten Jahreshälfte waren die Besucherzahlen gegenüber dem Vorjahr bereits um zwölf Prozent nach oben gegangen. Der wirkliche Boom aber dürfte erst noch bevorstehen. Bislang ist US-Amerikanern aufgrund der US-Blockadebstimmungen untersagt, individuell die Insel zu erkunden. Allerdings sollen diese Reisebeschränkungen bald aufgehoben werden.

Zudem werden Ende August nach mehr als 50 Jahren Unterbrechung wieder reguläre Linienflüge zwischen den USA und Kuba aufgenommen. Das US-Transportministerium rechnet mit bis zu 155 Flügen pro Woche. Lizenzen für Verbindungen von und nach Havanna wurden allerdings noch nicht erteilt, wohl auch deswegen nicht, weil Havannas Flughafen bereits jetzt schon an seine Kapazitätsgrenzen stößt. Immer wieder hört man Klagen über schlechten Service, Probleme bei der Gepäckausgabe und lange Wartezeiten.

Pläne für eine Modernisierung und Erweiterung gibt es schon länger. Anfang vergangenen Jahres war der brasilianische Odebrecht-Konzern, der auch am Ausbau des Hafens von Mariel beteiligt war, mit der 207 Millionen US-Dollar schweren Erweiterung eines Terminals des Flughafens in Havanna beauftragt worden. Inwieweit dieses Projekt von der Konzessionsvergabe an die Franzosen berührt wird, war zunächst unklar.

Frankreich – gern gesehener Wirtschaftspartner

Dass bei der Flughafen-Privatisierung nun französische Unternehmen zum Zuge kommen, ist kein Zufall. "Kuba ist ein Schlüsselland in der Region, mit dem wir eine privilegierte Zusammenarbeit wünschen", hatte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius schon Anfang 2015 verkündet. Präsident François Hollande wiederum war im Mai vergangenen Jahres als erster westeuropäischer Staatschef seit 29 Jahren nach Havanna gereist. Im Februar weilte Kubas Präsident Raúl Castro dann zum Gegenbesuch in Paris.

Während die deutsche Wirtschaft bei Geschäften auf der Insel zurückhaltend agiert, sind eine ganze Reihe französischer Unternehmen seit Jahren auf Kuba aktiv, neben Bouygues die Energiekonzerne Total und Alstom, Alcatel-Lucent (Telekommunikation), Pernod-Ricard (Miteigentümer der Rummarke Havana Club), Accor (Tourismus) oder Air France (Verkehr). Überhaupt hat Frankreich traditionell gute Beziehungen zu Kuba. Die haben ihren Ursprung in der ablehnenden Haltung des früheren Präsidenten Charles de Gaulle gegenüber den US-Sanktionen gegen die kubanische Revolution.

Die Gaullisten in den Reihen der französischen Konservativen haben sich seitdem immer für eine eigenständige Kuba-Politik in Abgrenzung zu der Washingtons eingesetzt. Darüber hinaus gibt es viele kulturelle Verbindungen. Die kubanische Zweigstelle des französischen Kulturinstituts Alliance Française ist eine der größten weltweit. Auch spielte Frankreich eine wichtige Rolle bei den erfolgreich abgeschlossenen Umschuldungsverhandlungen Kubas mit dem Pariser Club. Hollandes Kuba-Diplomatie beginnt sich nun auszuzahlen.



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