Havarierte Schiffe brennen - Sorge vor Umweltkatastrophe
Veröffentlicht 11. März 2025Zuletzt aktualisiert 11. März 2025
Die britische Seenotrettungsorganisation Royal National Lifeboat Institution (RNLI) hat Berichte über "Brände auf beiden Schiffen" auch einen Tag nach der Havarie in der Nordsee bestätigt. Auf Bildern im britischen Fernsehen waren dichte schwarze Rauchwolken und Flammen am Unglücksort rund 16 Kilometer vor der britischen Küste zu sehen. Die Kollision ereignete sich vor der Hafenstadt Hull in der ostenglischen Grafschaft East Yorkshire.
Von den insgesamt 37 Besatzungsmitgliedern des Containerschiffes "Solong" und des Öltankers "Stena Immaculate" konnten 36 gerettet werden. Die Suche nach einem vermissten Crewmitglied wurde nach umfangreicher Suche nun ohne Erfolg beendet.
Greenpeace verweist auf toxische Gefahren
Die Umweltorganisation Greenpeace zeigt sich "extrem besorgt" über die anhaltenden Brände auf beiden Schiffen. "Da immer mehr Informationen darüber auftauchen, was die Schiffe geladen haben, sind wir sehr besorgt über die vielfältigen toxischen Gefahren, die diese Chemikalien für das Meeresleben darstellen könnten", erklärte Greenpeace-Wissenschaftler Paul Johnston im britischen Exeter. Offenbar sei das für Fische und andere Meerestiere giftige Kerosin in der Nähe eines Rastplatzes für Schweinswale ins Wasser gelangt. In der Region in der Nordsee gibt es auch bedeutende Seevogelkolonien und stark frequentierte Fischgründe.
Ein Sprecher des britischen Premierministers Keir Starmer nannte die Situation "äußerst besorgniserregend".
Tanker hat 220.000 Barrel Kerosin geladen
Eigentümer der "Stena Immaculate" ist die schwedische Reederei Stena Bulk. Der Tanker war nach Angaben aus Washington vom US-Militär gechartert worden und auf dem Weg nach Griechenland. Laut dem US-amerikanischen Schifffahrtsunternehmen Crowley hat er in 16 Tanks 220.000 Barrel Flugzeugtreibstoff geladen. Ein Barrel sind 159 Liter. Aus mindestens einem Tank strömt jetzt Kerosin in die Nordsee. Zuvor hatte es nach der Kollision am Montag mehrere Explosionen an Bord gegeben.
Das Containerschiff "Solong", das den Tanker rammte, gehört der deutschen Reederei Ernst Russ. Der Frachter fährt unter portugiesischer Flagge und war auf dem Weg nach Rotterdam in den Niederlanden. Die Reederei wies frühere Berichte zurück, nach denen die "Solong" unter anderem 15 Behälter Natriumcyanid geladen hat. Dabei handelt es sich um eine giftige Chemikalie, die vor allem im Goldbergbau verwendet wird. Die Container seien leer gewesen, hieß es. Laut dem Unfallbericht von Lloyd's List Intelligence, einem Anbieter von Seeverkehrsdaten, soll an Bord auch eine unbekannte Menge Alkohol sein.
Mehrere Schiffe mit Löschmaterial auf dem Weg
Das niederländische Bergungsunternehmen Boskalis, das mit der Bergung der "Stena Immaculate" beauftragt wurde, entsandte vier Schiffe mit Löschmaterial. Sie sollen in den nächsten Stunden am Unglücksort eintreffen. "Wir müssen zunächst sehen, dass wir auch dicht an das Schiff herankommen", sagte ein Sprecher. Das hänge von der Rauch- und Temperaturentwicklung ab.
Die Gefahr, dass der Tanker auseinanderbreche, sei inzwischen deutlich geringer. Beide Schiffe seien nicht länger ineinander verkeilt. "Heute Nacht ist das Containerschiff aus eigener Kraft freigekommen, der Tanker liegt stabil", so der Boskalis-Sprecher weiter.
Auch deutsches Mehrzweckschiff an der Unglücksstelle
Das deutsche Havariekommando entsandte laut einem Sprecher ein Mehrzweckschiff. Die "Mellum" der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes sei unter anderem mit Technik zur Brandbekämpfung sowie zur Aufnahme von Öl ausgerüstet.
Außerdem wird ein deutsches Überwachungsflugzeug vor Ort erwartet. Die Bundeswehr bezeichnet es als "Öljäger", weil die Besatzung mit leistungsstarken Kameras und Sensoren Schadstoffe im Wasser entdecken kann.
Ursache des Zusammenstoßes weiter unklar
Die Unglücksursache ist nach wie vor unklar. Aufschluss sollen nun der aufgezeichnete Funkverkehr sowie die Videodaten beider Schiffe geben. Die Suche nach den entsprechenden Geräten können die Ermittler allerdings erst nach dem Löschen der Brände einleiten.
se/sti (dpa, afp, rtr, ap)
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