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Politik

Maas geißelt Russland vor UN-Vollversammlung

29. September 2020

Die Vergiftung des Kremlkritikers Alexej Nawalny beschäftigt die Vereinten Nationen. Der deutsche Außenminister Maas stellt klar, dass der Anschlag Konsequenzen haben müsse. Auch beim Thema Belarus redet er Tacheles.

Coronavirus I Außenminister Heiko Maas
Heiko Maas - hier Ende August in Berlin - ist derzeit noch in Corona-Quarantäne Bild: Kay Nietfeld/AFP/Getty Images

Bundesaußenminister Heiko Maas sieht in der Vergiftung von Alexej Nawalny einen Mordanschlag, mit dem sich die gesamte Staatengemeinschaft auseinandersetzen muss. Ein solcher Fall könne nicht folgenlos bleiben, betonte Maas in seiner Videoansprache vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen. Wegen der Corona-Pandemie erscheinen die Redner nicht persönlich im UN-Hauptquartier in New York. Der deutsche Außenminister rief die russische Regierung nochmals auf, mehr zur Aufklärung dieses Falls beizutragen.

EU denkt über Strafmaßnahmen gegen Moskau nach

Die Vergiftung des russischen Oppositionellen mit einem chemischen Kampfstoff bedeute einen Verstoß gegen das Chemiewaffenverbot und damit die Missachtung eines existenziellen Prinzips internationaler Zusammenarbeit, so Maas weiter. Er wies darauf hin, dass sich die Europäische Union die Verhängung von Sanktionen gegen Moskau vorbehalte. "Und wir sind unseren Partnern weltweit dankbar für ihre klare Unterstützung dabei", fügte der SPD-Politiker hinzu. Der Kreml weist jede Beteiligung an dem Vorfall zurück.

Der 44-Jährige Nawalny ist einer der schärfsten Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Nach dem Befund eines Bundeswehr-Speziallabors wurde er mit einem international verbotenen Nervenkampfstoff der sogenannten Nowitschok-Gruppe vergiftet. Nawalny war im August während eines Inlandsflugs in Russland zusammengebrochen und zwei Tage später zur Behandlung in das Berliner Krankenhaus Charité gebracht. Mehrere Wochen lag er dort in einem künstlichen Koma. In der vergangenen Woche verließ er die Charité, vorher hatte ihn noch Kanzlerin Angela Merkel besucht. Derzeit hält sich Nawalny zu Rehabilitationsmaßnahmen weiter in Berlin auf.

Alexej Nawalny und seine Frau am vergangenen Freitag Bild: Navalny/Instagram/AP/dpa/picture alliance

Sanktionen gegen Belarus?

Maas drohte auch dem belarussischen Staatschef Alexander Lukaschenko mit Sanktionen, dessen Wiederwahl von Deutschland und der EU wegen des Vorwurfs der Wahlfälschung nicht anerkannt wird. Lukaschenko habe alle Vermittlungsangebote zwischen ihm und der gegen ihn demonstrierenden Opposition ausgeschlagen und setze weiter auf Gewalt und Unterdrückung, sagte Maas. "Auch das muss Konsequenzen haben, wenn wir es ernst meinen mit unseren Werten und unseren internationalen Übereinkommen. Darüber beraten wir in der Europäischen Union."

Zehntausende Menschen demonstrierten am vergangenen Sonntag in Minsk wieder gegen Machthaber Alexander Lukaschenko Bild: TUT.BY/Reuters

In seiner Rede vor der UN-Vollversammlung ging der deutsche Außenminister auch auf den Libyen-Konflikt ein. Wenige Tage vor einer von Deutschland und den UN veranstalteten Nachfolgekonferenz zum Berliner Libyen-Gipfel rief der Außenminister dazu auf, jegliche Einmischung von außen einzustellen. Bei dem Treffen im Januar hatten sich die in den Konflikt verwickelten Staaten wie Russland, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) dazu verpflichtet, alle Waffenlieferungen in das Bürgerkriegsland sowie andere militärische Unterstützung einzustellen. Bisher ist dies aber nicht geschehen.

Appell an Israelis und Palästinenser 

Maas äußerte sich auch zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Golfstaaten VAE und Bahrain. Diese neue Dynamik sollte auch zu neuen ernsthaften Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern über eine Zwei-Staaten-Lösung führen, die allein dauerhaften Frieden verspreche. Wo immer wir Europäer dies flankieren könnten, politisch oder wirtschaftlich, "da werden wir das tun", versicherte er.

Palästinenser protestieren am 15. September in Ramallah im Westjordanland gegen die Annäherung Israels an die VAE und BahrainBild: Issam Rimawi/picture-alliance/AA

Ein weiterer Punkt seiner Rede war das Atomabkommen mit dem Iran, das die USA einseitig aufgekündigt haben. Washington ließ in der Folge wieder alle UN-Sanktionen aufleben. Maas bekräftigte, die beteiligten europäischen Staaten Deutschland, Frankeich und Großbritannien stünden weiter zu der Vereinbarung. Ein Ende des Vertrags bringe allenfalls den Iran einen Schritt näher an die Atombombe. Der Außenminister rief Teheran dazu auf, sich ebenfalls zu dem Abkommen zu bekennen und es nicht weiter zu unterlaufen.

Maas ermahnt Weltgemeinschaft zur Zusammenarbeit 

Generell warb Maas nochmals für internationale Zusammenarbeit bei der Bewältigung großer Krisen und warnte vor nationalen Alleingängen. Die derzeitige Corona-Pandemie zeige, dass internationale Kooperation "keine Ideologie und kein Selbstzweck" sei, sagte Maas. "Ganz im Gegenteil: Sie liefert Ergebnisse." 

Der Bundesaußenminister hielt seine Rede am letzten Tag der diesjährigen UN-Generaldebatte, die am Dienstag vergangener Woche begonnen hatte. Für gewöhnlich sind die Generalaussprachen der Vereinten Nationen das größte diplomatische Spitzentreffen der Welt, zu dem Staats- und Regierungschefs aus aller Welt nach New York reisen. Wegen der Corona-Pandemie wurde das Format in diesem Jahr aber massiv zurückgestutzt.

se/sti (dpa, afp)

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