Nach dem Krieg stationierte die Besatzungsmacht USA zahlreiche Militärstützpunkte in Nachkriegsdeutschland. Wie der Alltag in den amerikanischen Communities aussah, zeigt eine historische Ausstellung in Berlin.
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"Little America": Ausstellung über das Alltagsleben der US-Army in Deutschland
Seit Ende des 2. Weltkriegs waren amerikanische Truppen in Deutschland stationiert. Aber das Leben der Soldatenfamilien spielte sich in eigenen Communities ab. Die Fotoausstellung "Little America" zeigt Momentaufnahmen.
Bild: US Army
"Drink Coca Cola!"
Die Rezeptur des uramerikanischen Nationalgetränks Coca Cola kam schon 1929 nach Europa. Aber erst nach Kriegsende, Anfang der 1950er Jahre wurde die bräunliche "Brause" zum Kultgetränk der jungen Leute - auch in Deutschland. Für die amerikanischen GIs gehörte "Coke" zum Soldatenalltag. Das koffeinhaltige Erfrischungsgetränk munterte auch den müdesten Soldaten auf.
Bild: US Army
Shopping
Vieles von dem, was die Soldatenfamilien an Lebensmitteln brauchten, wurde anfangs extra aus den USA importiert. American Ice Cream, Toast oder Erdnussbutter gab es in deutschen Läden nicht. In den 1950/60er Jahren konnte man so etwas nur in den großen Stores der US-Army kaufen - umsatzsteuerfrei und dementsprechend billiger.
Bild: US Army
Cheerleader
Sport war im Leben der amerikanischen Soldaten und ihrer Familien ganz groß geschrieben. Baseball, Basketball und American Football wurden bei großen Sportveranstaltungen mit viel Publikum ausgetragen. Deutsche Gäste waren willkommen. "American Cheerleaders", wie hier 1959 in Bad Nauheim, gehörten zum Anfeuern der Sportteams immer dazu.
Bild: US Army/Red Grandy
Flugzeug-Inspektion
Auf den militärischen Stützpunkten in Westdeutschland arbeiteten nur US-amerikanische Techniker und Fachleute. Alles war in den Händen der US-Army. Die Angst vor Sabotage oder militärtechnischer Spionage war zu Zeiten des Kalten Krieges besonders groß und blieb ein Teil des Sicherheitskonzepts. Hier prüft ein Techniker die Turbinen eines Militärflugzeuges, das in Bitburg stationiert war.
Bild: US Army
Soldatenkinder
Auch regelmäßige Truppenparaden, bei denen die US-Army ihre Streitkräfte präsentierte, gehörten zum Alltag in den "Barracks". Für die Kinder der Soldatenfamilien immer ein ganz besonderes Vergnügen, weil es hinterher Popcorn und andere Süßigkeiten gab. Hier sieht der Nachwuchs 1954 bei der Parade auf dem Luftwaffenstützpunkt in Landstuhl/Rheinland-Pfalz zu.
Bild: US Army
Fluglotsin
Anfangs gab es nur wenige Frauen in der US-Army, die in Deutschland stationiert waren. Das änderte sich im Laufe der Besatzungszeit und dann später, als die US-amerikanischen Militäreinheiten zu europäischen US-Stützpunkten ausgebaut wurden. Die Fluglotsin im Bild arbeitete auf dem militärischen Luftstützpunkt Rhein-Main. Eine Aufnahme aus den 1980er Jahren.
Bild: US Army/Georg Wegemann
Waffeninspektion
Der Alltag der amerikanischen Soldaten war in den 1960er Jahren streng durchgetaktet. Die GIs traten hier in Nürnberg in voller Montur zur Waffeninspektion an. Das Depotmaterial ihrer militärischen Einheit wurde Stück für Stück durchgezählt, ausgebreitet und auf Tauglichkeit getestet. Allein in der Nürnberg Military Community lebten mehr als 15.000 Soldaten mit 11.700 Familienangehörigen.
Bild: US Army
Militärübung
Auch die in Berlin und Umgebung stationierten US-Truppen hielten regelmäßig militärische Übungen ab. Hier sind zwei Soldaten im Jahr 1959 während einer Übung im Grunewald unterwegs. Solche Aufnahmen wurden von Militär-Fotografen, die bei den Übungen im Feld dabei waren, im Auftrag der US-Army angefertigt - zur Imagepflege. Die 200 Arbeiten in der Ausstellung stammen aus der Sammlung Provan.
Bild: US Army
Radiosender AFN
Für die Soldaten der US-Army war der Radiosender "American Forces Network" (AFN) eine wichtige Brücke zur Heimat. Die Moderatoren waren ebenfalls Soldaten und wussten genau, was das Herz ihrer Kameraden erfreute: die neuesten Hits und Songs aus den USA. Für die Jugendlichen in der Bundesrepublik Deutschland wurde AFN zum Kultsender. Diese Fotografie stammt aus dem Jahr 1966.
Bild: AlliiertenMuseum/Sammlung Provan/US Army
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Als Siegermacht übernahmen die USA mit den anderen Alliierten Frankreich, Großbritannien und Russland die Kontrolle über die neu eingerichteten Besatzungszonen auf deutschem Boden. Auch im geteilten Berlin waren die US-Truppen präsent.
Die Streitkräfte der US-Army wurden an allen deutschen Standorten in eigens dafür eingerichteten Kasernen auf militärischen Stützpunkten untergebracht. "Little America" wurden diese Siedlungen liebevoll genannt, ein Stück zweiter Heimat für die Soldaten im Nachkriegsdeutschland.
1955 endete die Besatzungszeit, die Bundesrepublik Deutschland war wieder ein souveräner Staat. Aber die US-Army behielt ihre Militärbasen. Im Berliner Alliierten Museum sind jetzt Fotografien von den späten 1940er Jahren bis in die 1980er Jahre ausgestellt, als die US-Kasernen in Deutschland größtenteils endgültig geschlossen wurden.
Alltagsleben in "Little America"
Die Fotografien stammen alle aus der privaten Sammlung des Technikhistorikers und Sammlers John Provan. Er selbst wuchs in "Little America" auf und verbrachte seine Jugend auf der Air Base im pfälzischen Sembach - weitgehend isoliert von der deutschen Bevölkerung. "Die Siedlung lag an einem abgelegenen Flugplatz. Als Soldatenkinder - als sogenannte "Brats" (Gören) fühlten wir uns sehr zusammengehörig", erzählte er Heimat-auf-Zeit-Kuratorin Olivia Fuhrich. "Little America war wie in den Staaten. Alles kam von dort; du hast gar nicht gespürt, dass du woanders warst."
Deutsch zu lernen war in den amerikanischen Siedlungen nicht nötig. Die Kinder gingen dort in die amerikanische Schule, und später zur Highschool. Alles, was man im Alltag zum "American Way of Life" brauchte, war vorhanden: Lebensmittel, Klamotten, Sportartikel, Spielzeug, Schulbedarf. Selten fuhr jemand in die Stadt, um in deutschen Läden einzukaufen. "Nur zweimal am Tag fuhr ein Bus, um die deutschen Arbeiter hin- und wieder zurückzubringen", berichtete Provan. "Auf dem Flugplatz war alles was du brauchtest. Für uns Kinder war das das Paradies."
Kulturimport aus den USA
Die Siedlungen der US-Army waren überschaubar. Jeder kannte jeden - wie in einer amerikanischen Kleinstadt. Auch die Fotografen, die im Auftrag des US-Militärs das Leben in "Little America" dokumentierten, gehörten zur Community. Deshalb sehen viele Aufnahmen der Berliner Ausstellung auch wie private Schnappschüsse aus und nicht wie offizielle Fotos. Insgesamt 220.000 Fotografien umfasst der Fundus der Sammlung Provan, daneben noch 16.000 Schallplatten und zahlreiche Ton-Dokumente.
Für John Provan war es eine "Berufung", "a calling", wie er das nennt, diese historischen Schätze zu sichern. "Für mich ist es wichtig, das Bild zu bewahren, dass die GIs hier in Deutschland hinterlassen haben: der Einfluss der amerikanischen Kultur, die Sprache, Demokratie bis hin zum Essen, Fast Food, zur Popmusik, zum Sport (Basketball) und zur Kleidung, den Jeans zum Beispiel."
2016 konnte das AlliiertenMuseum in Berlin den Bestand an Fotos komplett übernehmen. Jetzt sind die Bilder zum ersten Mal auch für eine nicht-militärische Öffentlichkeit zugänglich.
Info: Das AlliiertenMuseum in Berlin ist täglich außer montags von 10.00 bis 18.00 Uhr für Besucher geöffnet. Der Eintritt ist frei.