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Heizen ohne Kohle, Öl und Gas

10. Juni 2020

Die meisten Heizungen weltweit verwenden noch immer Kohle, Öl oder Gas. Doch dabei entsteht viel CO2 und das heizt auch das Klima auf. Welche Alternativen gibt es für die Zukunft?

Passivhausexperte Andreas Nordhoff zeigt auf eine Wärmepumpe. Sie ist nicht größer als ein Kühlschrank. Sie nutzt die Wärme aus dem Boden. Hier heizt sie ein Haus mit 490 Quadratmeter in Köln (Warmwasser und Heizung) und braucht rund 3500 kWh Strom. Die PV-Anlage auf dem Dach liefert pro Jahr rund 12.000 kWh Strom. So wird mit dem Haus mehr Energie erzeugt als jährlich verbraucht wird.
Wärmepumpe für den Klimaschutz: Energieexperte Andreas Nordhoff zeigt die moderne Heiztechnik.Bild: DW/G. Rueter

Das Heizen mit Kohle, Öl und Erdgas verursacht rund ein Viertel der globalen Treibhausgasemissionen. Das lässt sich ändern, sagt Wolfgang Feist, Gründer des Passivhaus Instituts in Darmstadt: "Gebäude lassen sich klimaneutral versorgen und das geht mit erneuerbaren Energien weltweit". 

Dabei sei es vor allem sinnvoll, die Gebäude fit zu machen, um keine Energie zu verschwenden. "Mit guter Dämmung und Belüftungssystemen lassen sich im Vergleich zu herkömmlichen Gebäuden beim Neubau 80 bis 90 Prozent Energie einsparen und bei Altbauten durch die energetische Sanierung 75 bis 80 Prozent", so Feist gegenüber der DW.

Der verbleibende Bedarf könne dann aus einem Mix an erneuerbaren Energien gedeckt werden. Je nach Region kann der unterschiedlich ausfallen, sagt der Professor für Bauphysik und Pionier für effiziente Bauweise. "Als wichtige Quellen sehe ich hierbei die Fernwärme mit erneuerbaren Energien und das Heizen mit Umweltwärme und Wärmepumpe".

Der Einsatz von Holz oder Holzpellets sei ebenfalls eine Möglichkeit, einzelne Gebäude zu heizen. Für den kompletten Wärmebedarf von Städten und Industrien sei dies jedoch "keine sinnvolle Option", betont Feist. Denn das sei nicht nachhaltig weil der Bedarf an Biomasse zu groß wäre.

Frankfurt will bis 2050 klimaneutral werden. Energieexperte Paul Fay erklärt die Strategie und den neuen Energiemix. Bild: DW/G. Rueter

Frankfurt will klimaneutral werden

Um bis 2050 klimaneutral zu werden, setzt die Stadt Frankfurt auf verschiedene Technologien, erklärt Paul Fay vom städtischen Energiereferat. Er koordiniert den Umbau, für den die Stadt zusammen mit Wissenschaftlern einen Masterplan erstellt hat. Dazu gehören effiziente Passivhäuser und die energetische Sanierung von Altbauten in der Stadt.

Einen Teil der benötigten Wärmeenergie will Frankfurt mit Sonnenkraft auf den Dächern erzeugen, einen anderen Teil sollen Fernwärmeleitungen in die Stadtviertel bringen. Dort kann Wärme eingespeist werden, die beim Verbrennen von Müll und Holz entsteht oder als Abwärme aus Rechenzentrenstammt. Außerdem können Wärmepumpen kann Umweltwärme aus dem Boden nutzen.

Wie funktioniert eine Wärmepumpe?

Im Prinzip arbeitet eine Wärmepumpe wie ein Kühlschrank. In einem geschlossenen mehrstufigen System enstehen in einem Kompressor Wärme, im Verdampfer Kälte. 

Dabei entzieht ein flüssiges Kühlmittel der Umwelt Wärme, um damit Gebäude oder Wasser aufzuheizen. Die Energie holt sich die Wärmepumpe aus dem Erdreich, dem Grundwasser oder der Luft. 

Wärmepumpen brauchen Strom als Antriebsenergie, die Leistung hängt vor allem von der Wärmequelle ab.

"Wir haben 60 Wärmepumpensysteme in älteren Gebäuden in Deutschland untersucht", sagt Forscher Marek Miara von Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg. Das Ergebnis: "Wärmepumpen mit Luft als Wärmequelle erzeugen in den älteren Gebäuden im Durchschnitt aus einer Kilowattstunde Strom rund drei Kilowattstunden Wärme. Und Wärmepumpen mit Grundwasser und Erdreich als Wärmequelle erzeugen im Durchschnitt 3,9 Mal so viel Wärme", so Miara gegenüber der DW. Systeme in Neubauten seien effizienter. 

Passivhaussiedlung in Frankfurt: Mit Sonnenkraft und Wärmepumpe wird hier das ganze Jahr über klimafreundlich geheizt. Bild: DW/G. Rueter

Schlüsseltechnologie mit starkem Wachstum

Wärmepumpen sind in den Szenarien für eine klimaneutrale Energie und Wärmeversorgung ein sehr zentraler Baustein. Weltweit ersetzen Wärmepumpen inzwischen immer mehr fossile Heizsysteme. "Wir sehen global einen sehr positiven Trend. Wir erleben ein goldenes Zeitalter für Wärmepumpen, es wird ein Massenmarkt", sagt Thomas Nowak von der Lobbyorganisation European Heat Pump Association (EHPA) . Laut EHPA-Report wurden 2018 weltweit 18 Millionen Wärmepumpen verkauft, davon 1,3 Millionen in Europa. Weltweit steigt der Absatz laut der Berechnungen jedes Jahr um zehn Prozent.

CO2 sparen mit Wärmepumpen

In Europa sind Wärmepumpen bisher vor allem in den skandinavischen Ländern, etwa in Schweden und Norwegen, weit verbreitet. Der meiste Strom wird dort durch klimafreundliche Wind- und Wasserkraft erzeugt, das macht den Betrieb der Wärmepumpen dort noch umweltfreundlicher. Laut Berechnungen von Fraunhofer ISE verursachen etwa in Schweden Wämepumpen-Heizungen rund 90 Prozent weniger CO2-Emissionen als Heizungen mit Erdgas.

In der EU und weltweit wird derzeit noch viel Strom mit fossilen Brennstoffen wie Kohle und Gas erzeugt, Doch nach Berechnungen der Fraunhofer-Forscher  sind Wärmepumpen auch dort klimafreundlicher als eine Heizung mit Erdgas. Im Durchschnitt der EU-Länder liegt der CO2-Einspareffekt bei rund 60 Prozent, in Deutschland sind es immerhin 30 Prozent.

Steigt der Anteil des klimaneutralen Stroms, wie etwa durch den Ausbau Wind- und Solarkraft derzeit in Deutschland , wächst auch der der CO2-Einspareffekt der Wärmepumpen. 

Wenn der Antriebsstrom für die Pumpen zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien komt, wird das Heizen damit komplett klimaneutral.

Große Wärmepumpe in Schaffhausen (Schweiz) für Fernwärme: Auch immer mehr Stadtwerke nutzen die Technologie. Bild: picture-alliance/Keystone/E. Leanza

Wärmewende braucht Politik

Energie- und Gebäudeexperten sind überzeugt, dass der Umstieg auf klimaneutrale Heiztechnik in allen Gebäuden und in der Industrie weltweit möglich ist. "Allerdings gibt es noch viel Schulungsbedarf. Bei Handwerkern, Architekten und Bauherren fehlt oft das Wissen, wie alles optimal abgestimmt werden kann und man so viel Energie und Geld spart", sagt Andreas Nordhoff im DW-Gespräch. Nordhoff ist  Berater für Passivhaustechnik und schult auch Architekten und Handwerker.

Wichtig für die klimafreundliche Wärmeversorgung sei aber auch die Politik. "Was wir jetzt brauchen ist ein Verbot von neuen Ölheizungen. Diese sind besonders klimaschädlich und deshalb muss der neue Einbau ab jetzt verboten werden", sagt Nicolas Besser, Projektmanager Energie- und Klimaschutz von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). "Heizungen mit Erdgas sind im Vergleich zur Ölheizung etwas klimafreundlicher - aber auch klimaschädlich." Es brauche daher ab 2025 ein Verbot neuer Ölheizungen.

Um die Klimaziele zu erreichen, drängt die DUH auch auf ein Sofortprogramm Klimaschutz für Gebäude. Mithilfe finanzieller Förderung sollten damit Gebäude saniert, kommunale Wärmenetze ausgebaut und der Ausstieg aus Öl- und Gasheizungenbeschleunigt werden.

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