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Helfer kritisieren Afghanistan-Pläne

Nina Werkhäuser 17. August 2003

Militärische und humanitäre Hilfe in Afghanistan sollten strikt voneinander getrennt werden, fordern Hilfsorganisationen von der Bundesregierung. Begründung: Eine Zusammenarbeit mit Soldaten könnte die Helfer gefährden.

Hilfe tut Not - doch noch droht Helfern außerhalb Kabuls LebensgefahrBild: AP

Die Hilfsorganisationen CARE Deutschland und Welthungerhilfe befürworten die geplante Ausweitung des Einsatzes der internationalen Sicherheitstruppe ISAF auf die afghanischen Provinzen. Sie haben auch nichts dagegen, dass Bundeswehrsoldaten außerhalb Kabuls für mehr Sicherheit sorgen. Aber sie selbst wollen nicht Seite an Seite mit Soldaten arbeiten, erklärt Bernd Baucks, Projekt-Koordinator bei CARE Deutschland: "Wir lehnen das grundsätzlich ab. Wir arbeiten nicht unter bewaffnetem Schutz. Wir wollen, dass deutlich wird, dass humanitäre Hilfe unbewaffnet passiert, dass wir keinerlei militärische oder strategische Interessen verfolgen, dass wir eine rein zivile Organisation sind. Deswegen lehnen wir Arbeit in einer Region, in der wir selbst militärischen Schutz brauchen, ab. Da sagen wir: dort können wir nicht arbeiten, dort sind die Voraussetzungen noch nicht gegeben."

Neutralität

Deutsche Soldaten in KabulBild: AP

Das sieht auch Manfred Hochwald so, Projektleiter bei der Welthungerhilfe. Humanitäre Hilfe müsse neutral bleiben und dürfe nicht für politische Ziele instrumentalisiert werden, sagt er. Er erinnert daran, dass in Afghanistan nicht nur die Sicherheitstruppe ISAF im Einsatz ist. Mehrere Tausend amerikanische Soldaten kämpfen dort nach wie vor gegen Terroristen, und bis zu 100 deutsche Elitekämpfer haben sie dabei unterstützt oder tun dies immer noch.

Entsprechend schwer hätten es die drei amerikanischen Wiederaufbauteams aus Soldaten und Zivilisten, die im Land unterwegs sind, sagt Hochwald: "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass amerikanische Aufbauteams, die im Land tätig sind, sehr den Zwiespälten und dem Misstrauen der Bevölkerung ausgesetzt sind, weil sie Aufgaben miteinander vermischen. Wir suchen nicht nach Taliban-Rebellen. Wir suchen nicht nach El-Kaida-Kämpfern. Wir versuchen, der Bevölkerung zu helfen, und das ist dann ein Interessenkonflikt, der aufkommen kann."

Risiko

Auch Baucks von CARE Deutschland meint, dass sich von Soldaten begleitete Wiederaufbauhelfer angreifbar machen und ein höheres Risiko eingehen. In unsicheren Regionen arbeiten die rund 700 Mitarbeiter, die CARE in Afghanistan hat, daher überhaupt nicht. Baucks fände es hilfreich, wenn internationale Soldaten diese Gegenden befrieden würden. Das stellt er sich aber anders vor, als die Bundesregierung, die Soldaten in die als relativ sicher geltende nordafghanische Stadt Kundus schicken möchte. "Wir sehen einen deutlichen Widerspruch darin, dass sich die Bundesregierung bei der Auswahl der Orte daran orientiert, welche Sicherheit da schon herrscht, um dann dort Wiederaufbau zu leisten. Wir sehen die Prioritäten umgekehrt. Wir sehen, dass es einen Bedarf gibt, Sicherheit zu schaffen, weil Sicherheit die Voraussetzung überhaupt erst bieten muss, um Wiederaufbau zu leisten."

In der Region Kundus selbst arbeitet CARE Deutschland nicht - wohl aber die Welthungerhilfe. Sie bohrt dort Brunnen und stellt die Trinkwasserversorgung von mehr als 9000 Familien sicher. Welthungerhilfe-Koordinator Hochwald sieht daher die Ortswahl der Bundesregierung etwas weniger kritisch: "Vom Standort her ist es bestimmt sinnvoll, obwohl es nicht die konfliktreichste Region des Landes ist." Kundus sei eine Region, in der sich der Aufenthalt der Bundeswehr mehr als lohnen würde. Denn die Möglichkeiten zur Entwicklungshilfe seien dort groß und dort geleistete Befriedung und Hilfe könnten auch auf das übrige Land ausstrahlen.