Helfer von World Central Kitchen im Gazastreifen getötet
2. April 2024Der australische Premierminister Anthony Albanese hat den Tod einer australischen Mitarbeiterin der US-Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) im Gazastreifen bestätigt und den Angriff auf das Fahrzeug der Organisation scharf verurteilt. "Dies ist eine Tragödie, die niemals hätte passieren dürfen", zitierten australische Medien Albanese.
Sein Kabinett habe die israelische Regierung wegen des Vorfalls, der "außerhalb aller vernünftigen Umstände" geschehen sei, direkt kontaktiert. Das Außenministerium in Canberra habe auch den israelischen Botschafter um einen Anruf gebeten. "Menschen, die humanitäre Hilfe leisten, und Zivilisten müssen geschützt werden", betonte der Regierungschef in Canberra.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu bestätigte inzwischen, dass die Armee seines Landes für den Tod der Helfer verantwortlich ist. In einer Erklärung sprach er von einem "tragischen Zwischenfall", bei dem die Streitkräfte "unbeabsichtigt unschuldige Menschen im Gazastreifen" getroffen hätten.
Nach Angaben von WCK wurden insgesamt sieben Menschen getötet - neben der Australierin auch Staatsangehörige aus Polen, Irland und Großbritannien sowie Palästinenser. Ein Opfer habe auch die US- und die kanadische Staatsbürgerschaft gehabt.
Bestürzung auch bei EU und USA
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schrieb im Onlinedienst X, er verurteile den Angriff und fordere eine Untersuchung. "Trotz aller Forderungen zum Schutz von Zivilisten und humanitären Helfern sehen wir neue unschuldige Opfer".
Die Sprecherin des US-Sicherheitsrats, Adrienne Watson, betonte, das Weiße Haus sei "tief bestürzt". Mitarbeiter von Hilfsorganisationen "müssen geschützt werden, wenn sie dringend benötigte Hilfe ausliefern". Polens Außenminister Radoslaw Sikorski erklärte auf X, sein Land sei "mit der mangelnden Einhaltung des humanitären Völkerrechts und des Schutzes der Zivilbevölkerung, einschließlich humanitärer Helfer, nicht einverstanden".
Die israelische Armee wiederum sicherte "eine gründliche Untersuchung auf höchster Ebene" zu. Sprecher Daniel Hagari sagte, die Armee sei an internationales Recht gebunden. "Wir sind verpflichtet, unsere Einsätze gründlich und transparent zu untersuchen." Dies solle auch dabei helfen, "die Gefahr zu verringern, dass sich so ein Vorfall wiederholt." Hagari sprach von der Untersuchung durch ein unabhängiges und professionelles Expertengremium.
Organisation stellt Arbeit im Gazastreifen ein
World Central Kitchen kündigte inzwischen an, seine Arbeit im Gazastreifen vorerst einzustellen. Die israelischen Streitkräfte hätten "trotz Absprachen" einen Konvoi getroffen, "als er ein Lagerhaus in Deir al-Balah verließ", teilte die Organisation mit. Das Team habe dort 100 Tonnen Nothilfe abgeladen, die auf dem Seeweg geliefert worden seien. "Das WCK-Team war in einer konfliktfreien Zone in zwei gepanzerten Fahrzeugen mit dem WCK-Logo und einem ungeschützten Fahrzeug unterwegs", hieß es weiter.
World Central Kitchen ist seit dem Beginn des Kriegs zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas im Gazastreifen an der Verteilung von Hilfsgütern in dem Palästinensergebiet beteiligt. Sie ist eine von zwei Organisationen, die humanitäre Güter von Zypern aus per Schiff in den Gazastreifen liefern, und war dort auch am Bau eines provisorischen Anlegers beteiligt.
Gegründet wurde World Central Kitchen von dem in den USA lebenden spanischen Starkoch José Andrés. Er schrieb am Morgen auf X, die israelische Regierung müsse "dieses wahllose Töten stoppen".
Auslöser des Israel-Hamas-Krieges war das schlimmste Massaker seit der israelischen Staatsgründung. Am 7. Oktober hatten Hunderte Hamas-Terroristen israelische Grenzanlagen überwunden und Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Zugleich wurden Tausende Raketen auf Israel abgefeuert.
Nach Angaben des israelischen Militärs fielen der Attacke mehr als 1100 Menschen auf eigenem Gebiet zum Opfer. Rund 250 Personen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Bei darauf folgenden israelischen Angriffen wurden nach Zahlen der Hamas-Behörden mehr als 32.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen. Die Hamas wird außer von Israel auch von den USA, der EU, Deutschland und weiteren Staaten als Terrororganisation eingestuft.
sti/pg/jj (afp, dpa, rtr)