Kein Weg führt an Weihnachten am Miniaturstall von Bethlehem vorbei. Die Geburtstätte Christi ist aber auch ein Ort der Phantasie. Und so kam manch ein Tier hinzu, das dort eigentlich nichts zu suchen hat.
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Weihnachten ohne Krippe? Für viele unvorstellbar
Die figürliche Darstellung der Geschichte um Christi Geburt gehört heute in Deutschland ebenso zum Weihnachtsfest wie Baum, Kerzen und Lametta. Vielerorts ist der Krippenbau immer noch ein Handwerk für Hobbykünstler.
Bild: DW/K. Dahmann
Kunstwerk Krippe
Auf einem Leinentuch strampelt das Jesuskind unter den fürsorglichen Blicken von Maria und Josef, sanftes Laternenlicht erhellt den Stall. Auf dem nahen Felde hüten Hirten ihre Schafe: Die figürliche Darstellung der Geschichte um Christi Geburt ist heute fester Bestandteil des Weihnachtsfestes in Deutschland. Am Jahresende haben Krippenbauer Hochkonjunktur.
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Mittelalterliche Wurzeln
Die älteste Überlieferung einer Krippe stammt aus dem Jahre 1223: Franz von Assisi, der Heilige Franziskus, soll damals in Greccio das Weihnachtsevangelium in Form einer lebenden Krippe mit Menschen und Tieren nachgestellt haben. Diese Idee hat sich bis heute erhalten. Die Krippen mit den aufwändigsten Schnitzereien finden sich in Italien, Bayern und Tirol.
Bild: picture-alliance/dpa
Hobby und Leidenschaft
Eberhard Michel entdeckte seine Leidenschaft vor über 20 Jahren. Da fanden er und seine Frau auf einem Weihnachtsmarkt eine Krippe im rustikalen Bauernstil. Seine Töchter waren begeistert: "Das kannst du doch auch!" So baute Michel die ersten eigenen Krippen. Seine Handwerkskunst sprach sich herum. Die Garage wurde zur Krippenbauwerkstatt. Kreissäge, Hobelmesser und Bandschleifer hielten Einzug.
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Liebe zum Detail
Sein Holz kauft Eberhard Michel selten im Baumarkt. Das Material findet der 76-Jährige in der Natur - bei Spaziergängen durch sein Heimatdorf Lindlar östlich von Köln oder im Urlaub: Rinde gefällter Bäume, Weinreben, alte Scheunenbretter. Dann beginnt die Feinarbeit: Die Treppenbalken erhalten rustikale Rillen, in die Stufen schmirgelt er Trittspuren, der Boden wird mit getrocknetem Moos bedeckt.
Bild: DW/K. Dahmann
Bäuerliches Idyll
Hier baumelt ein Wassereimer, da hängt eine Sense, dort steckt eine Axt im Holzklotz - auf diese Elemente des Lebens der Bauern in seiner Region legt Eberhard Michel großen Wert. "Ich liebe den rustikalen Stil," sagt der Rentner. Früher hat er Landwirte beraten und kennt viele Bauernhöfe im Umland. So sammelte er einen reichen Schatz an Ideen für seine Krippen.
Bild: DW/K. Dahmann
Spanische Figuren
Um die Heilige Familie im Zentrum der Krippenszene scharen sich mehrere Nebenfiguren: Ochse und Esel am Futtertrog, Hirten mit ihren Schafen und - nach Weihnachten - auch die Heiligen Drei Könige, die dem Jesuskind ihre Gaben bringen. Eberhard Michel lässt sich die Figuren aus Spanien schicken. Der Ochse und der Esel tragen echtes Ziegenfell - und sind deshalb besonders beliebt bei Kindern.
Bild: DW/K. Dahmann
Meister der Schnitzkunst
Krippenfiguren werden heutzutage aus den unterschiedlichsten Materialien hergestellt, am häufigsten aus Ton, Porzellan, Stein oder Holz. Besonders bekannt für kunstvoll geschnitzte Figuren ist die Alpenregion vom Allgäu bis Südtirol, aber auch das Erzgebirge in Ostdeutschland. Es gibt auch komplett aus einem Stück geschnitzte Krippen.
Bild: DW/H. Jüngst
Krippen aus Müll
In ganz Deutschland finden sich Krippenmuseen, die klassische und zeitgenössische Werke aus der Region, manchmal auch aus der ganzen Welt ausstellen. Das Museum in Telgte bei Münster zeigt 135 Krippen von 120 Künstlern, die die verschiedensten Materialien verwenden - zum Beispiel Pappabfälle aus dem Haushalt.
Bild: Museum Heimathaus Münsterland
Inspiration aus aller Welt
In Telgte ist auch eine Krippe der früheren Entwicklungshelferin Ursula Meßner zu sehen. Die Idee hat sie aus Brasilien mitgebracht: Stall und Figuren sind aus gerolltem Papier geformt - in Lebensgröße. Für die künstlerische Gestaltung wurde sie mit dem Krippenpreis des Museums ausgezeichnet.
Bild: DW
Weltweite Krippenkultur
Darstellungen der Weihnachtsgeschichte finden sich heute in vielen Ländern, in denen das Christentum verbreitet ist. Dabei haben sich durchaus unterschiedliche Tradionen entwickelt. Diese Ebenholz-Krippe stammt aus Tansania: Alle Figuren sind hier auf das Jesuskind in der Mitte augerichtet.
Bild: DW/J. Dahmann
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Krippen zeigen meistens einen Stall. Darin befinden sich Joseph, Maria, das Jesuskind in einer Futterkrippe, einen Ochsen und einen Esel. Aber entspricht das der Wahrheit? Die Weihnachtsgeschichte beruht in Teilen nicht auf historischen Fakten: So meinen einige Theologen, Jesus sei nicht in Bethlehem geboren worden, sondern in Nazareth. Die Evangelisten Lukas und Matthäus hätten Bethlehem als Geburtsort genannt, weil dort schon der große israelische König David geboren wurde und um einer alten Verheißung zu entsprechen. Andere, etwa einige Archäologen, halten es für möglich, dass der Geburtsort Jesu etliche Kilometer von Bethlehem entfernt gelegen habe. Also nicht dort, wo heute die Geburtskirche mit der Geburtsgrotte Sehnsuchtsort ungezählter Pilger sind.
Wie Ochse und Esel in die Krippe kamen
Auch die Anwesenheit eines Ochsen und Esels während seiner Geburt ist unwahrscheinlich, denn in den biblischen Berichten kommen die beiden Tiere überhaupt nicht vor, nur ihr Futtertrog. Erst in der zeitgenössischer Parallel-Literatur zur Bibel, den Apokryphen, werden sie erwähnt.
Mit großer Wahrscheinlichkeit ist es aber die lebendige jüdische Erzähltradition, die Ochse und Esel in die Weihnachtsgeschichte treibt. Jesaja, der erste große Schriftprophet des Tanach, der hebräischen Bibel, lebte rund 700 Jahre vor Jesus. Er beklagt im Namen Gottes, dass das Volkes Israel ihn, seinen Gott, nicht mehr kennt, und verkündet in dessen Namen: Jeder Ochse kennt seinen Besitzer, und jeder Esel weiß, wo die Futterkrippe seines Herrn steht. Was aber macht mein Volk Israel? Sie haben vergessen, wem sie gehören, und sie wollen es auch gar nicht mehr wissen! Wenn also dieser Gott viele Jahrhunderte Mensch wird, und nichts anderes bedeutet Weihnachten, ist für einen in den heiligen Schriften bewanderten Juden klar, dass Ochse und Esel selbstverständlich bei dessen Geburt dabei sind.
Krippen als Erinnerung
Doch ist die Weihnachtsgeschichte deshalb unwahr? Der evangelische Theologe Konrad Hammann von der Universität Münster meint: "Eine Legende kann wie ein Märchen tiefe Wahrheit enthalten - viel mehr als nüchterne historische Tatsachen".
Und der deutschen Lyriker, Theologen und Arzt Angelus Silesius (1624-1677) unterstreicht zu seiner Zeit bereits, worauf es wirklich ankommt, wenn er sagt: "Und wäre Christus tausendmal in Bethlehem geboren,
und nicht in dir: Du bliebest doch in alle Ewigkeit verloren."
Manche Ungereimtheit in der Weihnachtsgeschichte tut der Begeisterung für liebevoll und kunstvoll gestaltete Krippen keinen Abbruch. Immerhin sind Weihnachtskrippen eine sehenswerte und liebevolle Erinnerung an den Kern christlicher Intention.