Seit Anfang der 1980er-Jahre gehört Herbert Grönemeyer zu den erfolgreichsten deutschen Musikern. Er singt Lieder aus dem Leben und verarbeitet darin auch seine eigenen Schicksalsschläge. DW-Kultur gratuliert.
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Ruhrpott-Barde Herbert Grönemeyer wird 60
Seit Anfang der 80er Jahre gehört Herbert Grönemeyer zu den erfolgreichsten deutschen Rockmusikern. Er singt Lieder aus dem Leben und verarbeitet darin auch seine eigenen Schicksalsschläge. DW-Kultur gratuliert zum 60.
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Aufhören? Noch lange nicht
Erst im vergangenen Jahr hat Herbert Grönemeyer sein letztes Album "Dauernd jetzt" rausgebracht. Damit war er mit zahlreichen Zusatzkonzerten auf erfolgreicher Deutschland-Tour. Auch 2016 wird es einige Stadionkonzerte geben. Grönemeyer hat es über Jahrzehnte geschafft, regelmäßig große Fußballarenen zu füllen. Da kommt kaum ein anderer deutscher Solokünstler ran.
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Es beginnt mit einer Zitrone
Seine erste Platte macht Grönemeyer schon 1979. Die interessiert allerdings kaum jemanden. Aufsehen erregt nur das Plattencover mit seinem Konterfei und seinem Nachnamen in großen Lettern. Für das schlechteste Cover des Jahres erhält er die "Goldene Zitrone". Auch die nächsten drei Alben floppen. Bis Grönemeyer 1984 bei EMI unterschreibt. Ab da läuft alles wie geschmiert.
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Im U-Boot weltberühmt
Als TV- und Filmschauspieler hat Grönemeyer längst einen Namen in Deutschland. In der international erfolgreichen Verfilmung des Romans "Das Boot" (1981) spielt er einen Kriegsberichterstatter, der im Zweiten Weltkrieg mit an Bord eines U-Boots geht und Angst, Kälte, Enge, am Ende auch den Tod hautnah miterlebt (oben mit dem toten Kommandanten, gespielt von Jürgen Prochnow).
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Musikalischer Durchbruch mit Revier-Romantik
Im August 1984 erscheint das Album "4630 Bochum". Grönemeyer spricht damit einer ganzen Region aus dem Herzen: dem Ruhrgebiet. Der Titelsong wird sogar zur heimlichen Hymne des Fußballclubs VFL Bochum. Ganz Deutschland erobert der Musiker mit dem satirischen Song "Männer". Und "Flugzeuge im Bauch" wird für Millionen Menschen mit gebrochenem Herzen zur traurigen Hymne.
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Lieblingsspeise "aus'm Pott"
Natürlich muss Grönemeyer ein Hohelied auf den kulinarischen Ruhrpott-Klassiker zum Besten bringen. "Currywurst" ist schon auf seinem dritten Album zu finden, aber erst mit Grönemeyers Erfolg findet auch dieser Song Beachtung beim Publikum. Und zählt jetzt zu seinen beliebtesten Hits.
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Fußball ist seine zweite Leidenschaft
Herbert Grönemeyer ist ein großer Fußballfan. Er kickt auch selber leidenschaftlich gern, wollte als Kind sogar Fußballprofi werden. Das mit der Musik hat wesentlich besser geklappt. 2006 darf er zeigen, was ihm der Fußball bedeutet: Für die WM in Deutschland schreibt er die Hymne "Zeit, dass sich was dreht" und spielt sie bei der Eröffnungsfeier live vor einem internationalen Millionenpublikum.
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Engagement für die Armen
1985 ruft Grönemeyer die "Band für Afrika" ins Leben. Mit der Single "Nackt im Wind", gesungen von allen deutschen Stars der 80er, werden Spendengelder für Afrika gesammelt - nach dem Vorbild des britischen Projekts "Live Aid". Grönemeyer engagiert sich weiter, auch zusammen mit anderen Künstlern - wie oben mit dem U2-Sänger Bono. Grönemeyer unterstützt auch das Projekt "Gemeinsam für Afrika".
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Schicksalsschläge
1993 heiratet Grönemeyer seine langjährige Partnerin und Mutter seiner Kinder, Anna Henkel (rechts). Seine Erfolge ebben nicht ab, die Familie zieht weg aus dem Ruhrgebiet, nach London. Im November 1998 verliert Grönemeyer kurz hintereinander seinen Bruder und seine Frau. Er zieht sich komplett zurück. Erst nach vier Jahren tritt er wieder auf die Bühne.
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Sein bestes Album
Auf dem Album "Mensch" verarbeitet Grönemeyer seine Schicksalsschläge. Jeder Song beschäftigt sich mit Trauer. Seiner Frau widmet er den Song "Der Weg", mit den Zeilen: "Du hast jeden Raum mit Sonne geflutet, hast jeden Verdruss ins Gegenteil verkehrt." Die traurig-schönen Texte verzaubern die Deutschen. Die Platte verkauft sich über drei Millionen Mal und bleibt fast zwei Jahre in den Charts.
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Deutschlands dienstälteste Rampensau
Herbert Grönemeyer schafft es wie kein anderer, die deutsche Sprache mit all ihren Ecken und Kanten zu Poesie zu machen. Er schreckt nicht zurück vor Formulierungen wie "auch wenn du greinst" oder "du bist eine gute Prognose". Stakkatoartiger Gesang auf gefälliger Rock-Popmusik ist sein Markenzeichen. Seine Konzerte dauern nicht unter zweieinhalb Stunden. Das ändert sich auch mit 60 nicht.
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"Ich bin zwischen Liebe, musischer Zuneigung und ziemlicher Strenge groß geworden", befindet Herbert Arthur Wiglev Clamor Grönemeyer. In Bochum wächst er auf, verdient im dortigen Schauspielhaus sein erstes Geld als Pianist, bricht nach fünf Semestern ein Studium der Musik- und Rechtswissenschaften ab, wird musikalischer Leiter am Schauspielhaus und arbeitet auch für Fernsehen und Film. Er produziert Platten und spielt Filmrollen ("Das Boot", 1981). Er ist begabt, kreative Unruhe begleitet ihn sein ganzes Leben.
Der frühe Song "Musik, nur wenn sie laut ist" ist eines seiner bekanntesten Lieder. Als er 1983 auf dem Album "Gemischte Gefühle" erscheint, interessiert es kaum einen. In dem Song um ein taubes Mädchen, das Musik nur durch Vibration erkennen kann, thematisiert Grönemeyer die Probleme von Menschen mit Behinderung. Gesellschaftliche Kritik aber ist etwas, das das breite Pop-Publikum nicht unbedingt hören will. "Ich muss mir den Arsch abspielen, damit keiner aus dem Saal geht und sich eine Currywurst holt", sagt Herbert damals. Konzerte werden abgesagt. Die erste Plattenfirma kündigt nach vier Alben den Vertrag.
Fehlentscheidung
Was für eine Fehlentscheidung! Denn nun kommt die große Kölner Plattenfirma EMI - und der Durchbruch. Grönemeyers Album "4630 Bochum" - benannt nach der alten Postleitzahl der Stadt im Ruhrgebiet - wird 1984 in Deutschland das erfolgreichste Album des Jahres. Nicht nur Bochum, sondern ganz Deutschland singt mit bei "Männer" oder "Flugzeuge im Bauch" - das Album ist der Startpunkt einer steilen Karriere. Herbie, wie er liebevoll von den Fans genannt wird, bleibt trotz seines Erfolges seiner Heimat verbunden, "Ruhrpottbarde" tauft ihn die Presse. Seine zweite Leidenschaft gehört dem Fußball.
Er schreibt Songs über Fallstricke und Freudentaumel des Lebens. "Sicherlich sind nicht alle Lieder selbst erlebt, ich mache ja keine Psychotherapie auf einer Platte. Es ist Eigenes gemischt mit kleinen Geschichten und Filmen", beschreibt Grönemeyer seine Lieder.
Aufruf zum Handeln
Grönemeyer bezieht auch politisch Stellung: gegen Raketen und Atomkraft, für den Erhalt von Stahlwerken im Ruhrpott und die finanzielle Unterstützung von Arbeitern. Parallel zu Bob Geldofs Kampagne "Make Poverty History" in Großbritannien startet Grönemeyer in Deutschland "Deine Stimme gegen Armut".
Er erinnert die Bundesregierung daran, dass sich Deutschland - wie alle anderen Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen - verpflichtet hat, Millenniumsziele wie die Halbierung der extremen Armut in der Welt fristgerecht bis zum Jahr 2016 umzusetzen. Grönemeyers Talent, soziale, politische und persönliche Themen unverblümt, verständlich und doch phantasievoll in Musik zu verpacken, begeistert die Massen.
Neue Wege
1993 heiratet Grönemeyer seine Lebensgefährtin Anna Henkel, die Mutter seiner beiden Kinder. Im selben Jahr gelangt sein neues Album "Chaos" auf Platz eins der deutschen Hitparade. Weit über 600.000 Menschen besuchen seine Konzerte. Dann wird es ruhig um Herbie. Der Ruhrpottbarde zieht mit seiner Familie nach London.
Erst fünf Jahre später setzt Grönemeyer mit "Bleibt alles anders" wieder musikalische Akzente. "Ich gehe für mich selber wieder ein Risiko ein", sagt er. "Es gibt viel zu verlieren", heißt es dementsprechend in einem Song: "Du kannst nur gewinnen. Genug ist zu wenig. Oder es wird so, wie es war. Stillstand ist der Tod. Geh voran. Bleibt alles anders. Der erste Stein fällt aus der Mauer. Der Durchbruch ist nah." Elektronische Sounds mischen sich immer mehr unter die rockigen Klänge.
Nach tragischer Wende zurück zum Erfolg
Grönemeyers Bruder Wilhelm stirbt am 1. November 1998, seine Frau wenige Tage später. Der einsame Musiker taucht ab - in tiefer Trauer. Vier Jahre lang hört man nichts von ihm.
"Mensch" heißt das Album, auf dem der Künstler seine Gefühle schließlich verarbeitet. Er geht wieder auf Tour. Die Fans haben haben ihren Star nicht vergessen: Wieder gibt es ausverkaufte Stadien mit dreieinhalbstündigen Konzerten. Herbert Grönemeyer genießt die Nähe zum euphorischen Publikum. "Mensch" (2002) ist bis heute das meistverkaufte Album in der deutschen Musikgeschichte.
Mit seinem 2015er Album "Dauernd jetzt" geht Grönemeyer mit 28 Konzerten auf große Tour. Die Platte bekommt Platin-Status. Für das Album erhält Grönemeyer seinen elften Echo. Neben zahlreichen weiteren Musikpreisen hat er auch einen Grimmepreis bekommen, 1988 für die Musik zum Film "Sommer in Lesmona". Schon sein erstes Album "Grönemeyer", das 1979 erschienen ist, hat einen Preis erhalten: die "Goldene Zitrone" für das hässlichste Plattencover des Jahres.