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Herzmuskelentzündung nach BioNTech-Impfung?

27. April 2021

Ein Zusammenhang zwischen "dutzenden Fällen" von Herzmuskelentzündungen bei jungen Männern und einer BioNTech-Impfung ist laut Israels Gesundheitsministerium nicht erwiesen.

Impfstoff-Dosen von BioNTech/Pfizer
Israel impft fast ausschließlich mit dem BioNTech-Impfstoff Bild: Jack Guez/Getty Images/AFP

Noch gibt es noch keinerlei Beleg dafür, dass es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen jüngst festgestellten Herzmuskelentzündungen (Myokarditis) und dem BioNTech/Pfizer-Impfstoff gibt. Derzeit untersucht das israelische Gesundheitsministerium mehrere derartige Fälle, über die israelische Medien berichtet hatten.

Eine von den Medien zitierte Analyse sei nicht vom Ministerium veröffentlicht worden und eine ungewöhnliche Häufung der Erkrankung sei nicht erwiesen, sagte nun eine Sprecherin des Ministeriums: Es gebe "keinen eindeutigen Anstieg der Sterblichkeit wegen der Impfung und es ist auch nicht sicher, dass es im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Anstieg der Zahl von Herzmuskelentzündungen gibt." Eine ähnliche Anzahl von Myokarditis-Fällen sei auch in den vergangenen Jahren gemeldet worden. 

Kein offizieller Bericht

Wer den vorläufigen Bericht einer Expertengruppe an die israelischen Medien lanciert hatte, ist unklar. Laut Bericht gab es unter den mehr als fünf Millionen Geimpften "Dutzende von Fällen", hauptsächlich nach der zweiten Dosis des BioNTech/Pfizer-Impfstoffs. Die Rede ist von 62 Myokarditis-Fällen, vor allem bei jungen Männern im Alter von 18 bis 30 Jahren. Die meisten Patienten seien mittlerweile in gutem Zustand aus dem Krankenhaus entlassen worden. Allerdings seien eine 22-jährige Frau und ein 35-jähriger Mann verstorben. Offenbar hatten sie keine Vorerkrankung.

Berichte über mögliche Nebenwirkungen verunsichernBild: Jack Guez/AFP/Getty Images

Auch wenn die Befunde noch vorläufig seien und alles untersucht werden müsse, so die Medienberichte, soll es einen Zusammenhang zwischen dem Impfstoff und den Krankheitsfällen geben: "Es ist wahrscheinlich, dass das Auftreten einer Myokarditis mit der Impfung zusammenhängt (vor allem mit der zweiten Dosis)", zitiert die Jerusalem Post den Bericht. "Zum jetzigen Zeitpunkt besteht der Eindruck einer höheren Zahl von Herzmuskelentzündungen als erwartet, vor allem für die Altersgruppe bis 30 Jahre", heißt es dort.

Danach könne das Risiko einer Herzmuskelentzündung nach der BioNTech/Pfizer-Impfung für die gesamte Bevölkerung 1:100.000 betragen, für junge Männer dagegen könnte es bei 1:20.000 liegen.

Gesundheitsministerium prüft die Fälle

Auch wenn der Bericht nicht vom israelischen Gesundheitsministerium stammt, werde es diesen "wichtigen Bericht" mit Experten beraten und die Ergebnisse in den nächsten Tagen auch öffentlich zugängig machen. Aktuell findet sich auf der Homepage des israelischen Gesundheitsministeriums keine Nachricht zu den potenziellen kardialen Nebenwirkungen von dem BioNTech/Pfizer-Impfstoff Comirnaty. 

H1N1-Grippe-Impfungen schützen vor der Schweinegrippe, die auch Herzmuskelentzündungen verursachen kannBild: picture-alliance/ dpa

Allerdings ist ein Zusammenhangs zwischen Erkrankung und Impfstoff nur schwer nachzuweisen, weil Myokarditis auch durch viele andere Viren verursacht werden kann. Oftmals folgt sie einer Infektion der Atemwege oder des Magen-Darm-Trakts mit Viren. Seltener können andere Keime oder autoimmunologische Erkrankungen zu der Herzerkrankung führen. Außerdem läuft eine Herzmuskelentzündung oftmals ohne Symptome oder Komplikationen ab, was die Diagnose erschwert. 

Eine Herzmuskelentzündung lässt sich gut behandeln und selten bleiben Schäden zurück. Unbehandelt kann die Entzündung allerdings Herzrhythmusstörungen oder eine Herzschwäche verursachen. In seltenen Fällen führt eine Myokarditis auch zum plötzlichen Herztod.

Impfstoffhersteller dementiert Zusammenhang

Der Impfstoffhersteller BioNTech/Pfizer teilte derweil mit, dass unerwünschte Nebenwirkungen regelmäßig und gründlich überprüft würden. "Wir haben keine Rate von Myokarditis beobachtet, die höher wäre, als man es in der allgemeinen Bevölkerung erwarten würde", hieß es in einer Mitteilung von Pfizer. "Ein kausaler Zusammenhang mit der Impfung wurde nicht festgestellt. Es gibt zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Beweis dafür, dass in Verbindung mit dem BioNTech/Pfizer-Impfstoff ein Risiko von Myokarditis besteht."

Dass es in den letzten Monaten immer wieder zuerst aus Israel Informationen über den BioNTech-Impfstoff gibt, hängt mit Israels cleverer Impfstrategie zusammen. Israel hatte sich frühzeitig große Mengen des begehrten Impfstoffs sicher können, nicht nur, weil es deutlich mehr als etwa die EU für den Impfstoff zahlte und der Staat die Produkthaftung übernahm. 

Mit seiner Impfstrategie ist Israel weltweit führend Bild: Oded Balilty/AP/picture alliance

Vor allem liefert Israel wöchentlich Infektions- und Impfzahlen, aber auch die demografischen Angaben der Patienten wie zum Beispiel das Alter und Geschlecht anonymisiert an Pfizer. So erhalten die Pharmakonzerne dank des digitalisierten Gesundheitssystems in Israel nicht nur sehr schnell und verlässlich Daten, sie bekommen vor allem viel mehr Daten, als sie dies aus jeder Studie erhalten würden. Es ist für die Pharmakonzerne ein Quell an Informationen von unschätzbarem Wert.

Im Gegenzug verpflichten sich die Impfstoffhersteller, Israel so lange mit Impfstoff zu versorgen, bis im Land eine Herdenimmunität, also eine Immunität von 95 % der Bevölkerung, erreicht ist. Aktuell haben mehr als fünf Millionen Menschen, also fast 60 % der 9,3 Millionen Einwohner des Landes das Vakzin von BioNTech/Pfizer erhalten.

Erfolgreiche Impfkampagne

Und die Erfolge der israelischen Impfkampagne sind bereits deutlich zu erkennen: Lag die Zahl der wöchentlichen Corona-Neuinfektionen zum Jahresbeginn noch bei rund 600 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohnern, so liegt die Inzidenz inzwischen bei 11.

Da in Israel ausschließlich der Covid-19-Impfstoff von BioNTech und Pfizer verimpft wird, ist das Interesse an den jetzt aufgetretenen Fällen von Herzmuskelstörungen entsprechend groß. Ob aber tatsächlich ein Zusammenhang zwischen der Vakzine und der Krankheit besteht, kann nur eine detaillierte Untersuchung klären. 

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