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Heute im Angebot: Kunst

17. November 2003

Demnächst neu im Aldi-Sortiment: echte Kunst. Ab Anfang Dezember sollen die ersten von Künstlern signierten Originalgrafiken in den Regalen der etwa 1500 Filialen des erfolgreichen Discounters liegen.

Gewiefte Geschäftsidee: Kunst in der TüteBild: AP

Zwischen 10 und 15 Euro sollen die Kunstwerke kosten - allesamt Drucke, signiert, nummeriert und datiert. Passepartout und Rahmen inklusive. Kunst zum Schnäppchenpreis - Kunstfreunde mit schmalem Geldbeutel dürfen sich also freuen.

Vorreiter und Initiator der Aktion, die bei manch gestrengem Kulturkritiker zu Nasenrümpfen führen dürfte, ist der prominente Düsseldorfer Künstler Felix Droese. Der Beuys-Schüler, der bereits auf der Documenta Kassel und der Biennale von Venedig ausgestellt hat, steuert selbst zwei Blätter in einer Auflage von je 10.000 Exemplaren bei.

140.000 Kunstwerke im Wühltisch

"Ich hab neun Tage lang signiert, das kann ich beweisen", sagt der Düsseldorfer Künstler. Laut Droese sind noch sechs weitere Künstler an der Aktion beteiligt, ihre Namen habe er jedoch nie erfahren. "Wenn ich das richtig verstanden habe, kommen dann 140.000 Kunstwerke auf den Markt - man sieht die Unterversorgung". Für die beiden Offset-Drucke "Silberfinger" und "Wind, Wasser, Wolken" erhalte er pro Stück einen Euro, sagte Droese, der vor allem durch gigantische Holzschnitte zu existenziellen Themen wie Leben und Tod, Geschichte und Gegenwart international bekannt geworden ist.

Schaden für sein künstlerisches Ansehen sieht Droese nicht: "Meine Reputation besteht gerade darin, dass ich die Hierarchien umdrehe", sagte der Künstler. Droese hatte früher bereits - wie vor Jahrzehnten schon namhafte Kollegen von Gerhard Richter bis Joseph Beuys - Billig-Kunst für fünf Mark unters Sammler-Volk gebracht. Und Scheu vor den Aldi-Kunden habe er auch nicht, "das hieße ja, man hätte vor den Volksmassen Angst." Stattdessen könne er so ein Publikum erreichen, das sich vom bürgerlichen Bildungskanon ausgeschlossen sehe.

Pragmatischer beurteilt der Frankfurter Marktforscher und Handels-Experte Hubert Kuhn die Discount-Kunst. Er wittert eine gewitzte Werbe-Strategie, um weitere Kundenkreise in den Laden zu ziehen. "Der Lebensmittel-Handel macht nichts für umsonst", so Kuhn.

Preisgünstige Kunst für die Masse

Deutschlands Kunsthandel sieht die überraschenden Aktivitäten der Konkurrenz aus der Billig-Ecke eher gelassen: Aldi trage sicher "dazu bei, Leute für die Kunst zu begeistern, die wir nicht erreichen", meinte der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Galerien (BVDG), Heinz Holtmann, der keinen Schaden für seine Branche erwartet. Allerdings sei "die Wertigkeit, die da suggeriert wird" durch die hohe Auflage "äußerst gering; da bleibt zum Schluss nur Packpapier". Hier irrt der Fachmann freilich: Auch manches frühere Beuys-Objekt aus massenhaftem Kunst-Versand wird heute zu gediegenen Kunstmarkt-Preisen gehandelt.

Billig-Trend auf dem Kunstmarkt

Ganz neu ist die Idee mit der Billig-Kunst freilich nicht. Schon seit einigen Jahren gibt es so genannte Kunstsupermärkte beispielsweise in Solothurn in der Schweiz, aber auch in Frankfurt am Main und Berlin, wo Kunstwerke nicht erst ab 1000 Euro aufwärts erhältlich sind. Ein weiteres Plus des Kunstsupermarktes: Leute, die normalerweise nie eine Galerie betreten würden, begegnen auf diesem Weg echter Kunst - und kaufen sie vielleicht sogar.

Auch im Berliner Untergrund bieten Szene-Galerien Kunst zum Dumping-Preis an. Dort kann man schon mal ein Werk für 50 Euro ergattern. "Cheap Art" nennt sich die Kunstrichtung, die sich gezielt von der elitären Kunstszene absetzen will.

Aldi Süd hält sich bisher mit Aussagen zur Billig-Kunstaktion auffallend zurück. Es hieß nur, auch dieser Sonderposten sei Routine. Wenn es nicht bei einer einmaligen Aktion bleibt, könnte die Idee den Kunsthandel noch gehörig in Aufregung versetzen: Eine neue Niedrigpreisrunde wäre eingeläutet. Warum sollte ausgerechnet bei der Kunst "gut und billig" ein Widerspruch sein? (ali)

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