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Hier brennt es: Konflikte in Afrika

Märte Burmeister20. Juni 2005

Konflikte in Afrika sind ab Mittwoch das große Thema beim G8-Gipfel. Allein 40 wurden 2004 gezählt, 13 gelten als hochgewaltsam. Wer streitet wo und warum? Wie entwickelt sich die Lage? Fünf erschreckende Beispiele.

Traurige Folge vieler Konflikte: Die Menschen müssen in Camps fliehenBild: AP

Von den 13 hochgewaltsamen Konflikten in Afrika ordnet das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (HIIK) zwei als Krieg ein, die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) hingegen fünf. Der Übergang zwischen ernster Krise und Krieg ist fließend. Meist kriselt es innerhalb eines Staates: Verschiedene Gruppen streiten um die Macht im Land, um die Absonderung vom Staat oder auch um Ressourcen.

Sudan: Nach Nord-Süd-Konflikt Krise im Westen

Seit mehr als 20 Jahren fordern die Rebellen der Sudan People's Liberation Army (SPLA) die Loslösung des Südsudan. Aus zwei Gründen: Erstens will die christlich-animistische Minderheit im Süden nicht die islamische Rechtsprechung aus dem Norden annehmen. Zweitens wollte die Regierung die Öl-Vorkommen auf Kosten der Südsudaner ausbeuten. Das brachte das Fass zum Überlaufen und schließlich den Krieg.

Eröffnung einer Öl-Quelle im Sudan. Der Streit um Öl verschärfte den Nord-Süd-KonfliktBild: AP

Mittlerweile gilt das islamische Recht nur im Norden, während im Süden die SPLA herrscht. Doch trotz mehrerer Einigungen und Abkommen sowie zuletzt einem Friedensvertrag im Januar 2005 ist im Sudan noch kein Frieden in Sicht, denn die Region Darfur im Westen des Landes kommt nicht zur Ruhe. Seit März 2003 kämpft dort die Befreiungsbewegung Darfur (DLF) für mehr Aufmerksamkeit von der Regierung.

Ein Grund dafür kann nach dem Friedensgutachten 2005 von fünf deutschen Friedensforschungsinstituten darin liegen, dass das Friedensabkommen mit dem Südsudan für das ganze Land gilt, aber nur zwischen der Regierung und der führenden Rebellengruppe ausgehandelt wurde. Der Ausschluss anderer Oppositionsgruppen habe 2003 zur Rebellion in Darfur beigetragen, heißt es in dem Gutachten.

Burundi: ethnischer Konflikt zwischen Hutu und Tutsi

In Burundi sorgt der Gegensatz zwischen den Volksgruppen Hutu und Tutsi für Auseinandersetzungen: Die Hutu sind mit 85 Prozent die Mehrheit, doch die Tutsi wurden früher von der Kolonialmacht Belgien bevorzugt, indem sie bessere Bildung bekamen und in Armee und Verwaltung eingesetzt wurden. Nach der Unabhängigkeit 1962 blieb das so.

Putsch, Militärdiktaturen und verschiedene Hutu-Aufstände waren die Folge. Auf internationalen Druck ist das politische System Anfang der 1990er Jahre liberalisiert worden, doch der erste demokratisch gewählte Präsident, ein Hutu, wurde kurz nach Amtseintritt von Tutsi-Militärs ermordet.

Nach dem Friedensvertrag von Arusha gibt es seit 2001 eine Übergangsregierung; eine neue Verfassung ist im Februar in einer Volksabstimmung angenommen worden. Laut dieser gehen nun 60 Prozent der Parlamentssitze an die Hutus und 40 Prozent an die Tutsis. Senat und Armee bestehen zu gleichen Teilen aus beiden Volksgruppen.

Ein Burundier bei der Kommunalwahl im JuniBild: AP

Dennoch kein Ende der Auseinandersetzungen: Bei den ersten Kommunalwahlen seit 1993 am 3. Juni 2005 gab es Angriffe auf Wähler und Blauhelmsoldaten. Über 200 der rund 6000 Wahllokale mussten vorzeitig geschlossen werden. Im Juli und August sollen Parlaments- und Präsidentenwahlen stattfinden.

Côte d'Ivoire

Die Elfenbeinküste galt lange Zeit als wirtschaftlich und politisch stabil. Die Gesellschaft spaltete sich jedoch, als bei den Präsidentschaftswahlen 2001 der aus dem Norden stammende Kandidat Alassane Ouattar ausgeschlossen wurde, weil er angeblich nicht "rein" ivorisch war (was nicht stimmte). Der Oppositionsführer Laurent Gbagbo aus dem christlich geprägten Süden wurde Präsident. Fortan lieferten sich die Anhänger von Ouattar und Gbagbo heftige Straßenkämpfe, ein Putschversuch scheiterte.

Kämpfe an der ElfenbeinküsteBild: dpa

Seit 2002 ist der Staat geteilt: Den Norden beherrschen Rebellengruppen, der Süden ist regierungstreu. Beide Parteien kämpfen um die politische und wirtschaftliche Macht im Land. Zunächst versuchte sich die ehemalige Kolonialmacht Frankreich als Vermittler, Anfang 2004 schaltete sich die UNO ein und trennte Norden und Süden durch eine Pufferzone. Da Frankreich als Kolonialmacht und nicht als Friedensstifter wahrgenommen wurde, setzte die Afrikanische Union den südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki als Vermittler ein.

Rebellen und Regierung haben sich im April auf ein Friedensabkommen und im Mai auf die Bildung einer neuen Armee und die Entwaffnung der Rebellen bis zum 10. August 2005 geeinigt. Im Oktober soll wieder ein Präsident gewählt werden; die UNO will die Vorbereitung der Wahl überwachen und für einen freien und fairen Ablauf sorgen. Derweil geht die Gewalt weiter: Bei einem vermutlich ethnisch motivierten Überfall auf einen Vorort der Stadt Duékoué sind Anfang Juni mehr als 40 Menschen getötet worden.

Lesen Sie weiter: Anarchie im Sudan und menschenverachtende Verbrechen in Uganda.

Somalia: das Clan-Chaos

In Somalia herrschen Clans – mehr als 200 sind dort politisch aktiv. Einige schlossen sich Anfang der 1990er Jahre zusammen, um den Diktator Siad Barre zu stürzen. Danach brach die Koalition auseinander und die Clans bekämpften sich wieder gegenseitig. Den Truppen der UN und der USA gelang es nicht, den Bürgerkrieg zu beenden.

Warlords in SomaliaBild: AP

In Somalia herrscht seit mehr als zehn Jahren Anarchie. Der 14. Anlauf zum Frieden brachte zwar die derzeitige neue Regierung; sie ist aber gespickt mit "Warlords". Jeder von ihnen sollte einen Posten bekommen. So kommt Premierminister Ali Mohamed Gedi jetzt auf fast 90 Minister und Vizeminister. Die Regierung wurde zudem im kenianischen Exil gebildet und es ist unklar wo und wann sie in Somalia einen ständigen Sitz finden wird.

Bei den vielen Regierungsköpfen und Meinungen ist jede Entscheidung eine heikle Sache und möglicher Auslöser für Unruhen. Die Diskussion um Friedenstruppen aus Äthiopien zum Beispiel sorgte für aufgebrachte Demonstrationen tausender Somalis. Zudem sieht sich die Regierung dem Widerstand islamischer Extremisten und mehrerer Kriegsherren gegenüber. Denn die Clans kämpfen weiter: Anfang Juni sollen bei Kämpfen befeindeter Milizen 16 Menschen ums Leben gekommen sein.

Uganda: religiös gegen Regierung

In Uganda will die Rebellenbewegung "Lord's Resistance Army" (LRA) einen eigenen religiösen Staat an der sudanesischen Grenze gründen. Die Kämpfe dazu dauern bald zwei Jahrzehnte. Mittlerweile stehen auch der Sturz des Präsidenten Museveni und die Ahndung seiner Verbrechen auf dem Programm der Rebellen.

Ein Opfer der LRABild: AP

Museveni war einst der Anführer einer Widerstandsbewegung gegen die vorherige Diktatur. 1986 eroberte er die Hauptstadt Kampala und wurde kurz darauf Präsident. Seine Armee bestand zu einem großen Teil aus gekidnappten Kindersoldaten – auf diese Weise rekrutiert auch die LRA ihre Truppen: Sie überfallen Dörfer, verschleppen Kinder und Jugendliche, zwingen sie zu Gewalt gegen das eigene Volk und missbrauchen Mädchen. Die Hilfsorganisation Human Rights Watch vermutete allerdings in einem Bericht 2003, dass die Regierungstruppen ähnlich handeln, besonders in Bezug auf Missbrauch von Frauen und Mädchen.

Ein Ende des Konflikts ist nicht in Sicht: Noch im April 2005 sind rund 10.000 Kinder aus ihren Dörfern im Norden Ugandas geflohen. Die Übergriffe der LRA hatten sich nach gescheiterten Friedengesprächen mit der Regierung verstärkt.

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