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Müller: "Deutsche Autoindustrie nimmt Wettbewerb an"

5. Mai 2024

In allen Märken stelle sich die deutsche Autoindustrie der Konkurrenz, sagt VDA-Präsidentin Hildegard Müller im DW-Interview. "Die Antisubventionsuntersuchung gegen E-Autos aus China sehen wir kritisch."

Hildegard Müller | Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie
VDA-Präsidentin Hildegard Müller Bild: Dominik Butzmann

Deutsche Welle: Kann sich die deutsche Autoindustrie vor der chinesischen E-Mobility-Offensive in Europa und weltweit behaupten?  

Hildegard Müller: Die deutsche Autoindustrie nimmt den Wettbewerb an - in allen Märkten. Gerade im Heimatmarkt sind wir stark, sechs von zehn E-Auto-Käufern in Deutschland entscheiden sich für das Modell eines deutschen Herstellers. In China haben sich deutsche Hersteller bereits frühzeitig Marktanteile gesichert und eine starke Position erarbeitet. Etwa jeder sechste neue Pkw dort trägt das Logo einer deutschen Konzernmarke. Aktuell stehen sie durch die Transformation zur Elektromobilität vor großen Veränderungen, gehen diese aber mit großem Engagement und hohen Investitionen an. Klar ist, dass das Marktwachstum in China extrem dynamisch ist und wir daran teilhaben wollen. Übrigens sollte man aufgrund des Marktwachstums hier nicht nur auf die prozentualen Marktanteile, sondern auch auf die absoluten Zahlen schauen.
 
Ich haben vor Kurzem die Automesse in Peking besucht und bin noch immer beeindruckt von den Auto-Modellen und den Innovationen, die auch die deutschen Automobilhersteller dort präsentiert haben. Die Messe hat deutlich gezeigt, dass sie die Herausforderung angenommen haben. Und ich bin mir sicher, dass sie im Wettbewerb bestehen können. Wir blicken zuversichtlich in die Zukunft.
 
Wie schätzen Sie die Wettbewerbsbedingungen für deutsche Automarken in China ein?
 
Grundsätzlich gilt: Konstruktiver Dialog ist wichtig. Das gilt auch im Verhältnis zu China. Herausforderungen beim Namen zu nennen, gehört dazu. Und einer der Punkte ist das Thema faire Marktzugangsbedingungen. Natürlich kritisieren wir gegenüber unseren Gesprächspartnern in China klar die Tendenzen zu einer Abschottung des chinesischen Marktes und die Ungleichbehandlungen von deutschen und chinesischen Unternehmen. Es braucht gleiche Voraussetzungen.

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Für uns ist jetzt wichtig, dass wir schnell Produktionslinien umstellen können und entsprechende Genehmigungen bekommen. Die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie – Hersteller und Zulieferer – investieren bis 2028 rund 280 Milliarden in Forschung und Entwicklung und weitere 130 Milliarden in den Neubau und Umbau von Werken. Deshalb sind schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren für uns entscheidend, um die Autos, die wir technologisch entwickelt haben, auch in Serie und auf die Straße zu bringen.
 
Sie hatten in Peking Gespräche mit dem chinesischen Handelsminister Wang Wentao geführt.  Wie hat Chinas Regierung auf die Einleitung der Untersuchung wegen staatlicher Subventionen durch die EU-Kommission reagiert? 
 
China hat genau wie wir ein Interesse am gemeinsamen Handel. Unser Hauptgesprächsthema mit den chinesischen Ansprechpartnern - egal ob Politik, Verbände oder Unternehmen - war daher genau das Thema der wechselseitig fairen Marktbedingungen. Die Frage, inwiefern Europa als Reaktion auf chinesische Subventionen für die heimische Industrie mögliche Gegenmaßnahmen ergreifen wird, muss gut überlegt werden. Die Exportquote für Pkw aus chinesischer Produktion beträgt 16 Prozent. Von uns werden wiederum drei von vier Autos in den Export gegeben. Was es jetzt braucht, sind kritischer Dialog und Verhandlungen auf Augenhöhe. 

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Die Antisubventionsuntersuchung der EU-Kommission sehen wir kritisch. China spielt eine entscheidende Rolle für eine erfolgreiche Transformation hin zu Elektromobilität und Digitalisierung. Ein Handelskonflikt würde also auch diese Transformation gefährden. Antisubventionsmaßnahmen wie zusätzliche Zölle würden die Herausforderungen für die europäische und deutsche Automobilindustrie nicht lösen. Im Gegenteil: Der von der EU-Kommission beabsichtigte Zweck von Ausgleichszöllen könnte sich bei einem Handelskonflikt entsprechend schnell negativ auswirken.

Was es statt einer Protektionismusspirale braucht, ist eine Stärkung des eigenen Standortes. Entscheidend dafür ist eine aktive Industriestrategie von Brüssel und Berlin, einschließlich einer aktiven Handelspolitik. Ein starker Heimatstandort ist die Grundlage für eine erfolgreiche Strategie im zunehmenden internationalen Wettbewerb und insbesondere im Umgang mit China. Nur als globale Wirtschaftsmacht können wir auf Augenhöhe mit China kommunizieren, selbstbewusst auftreten, unsere Interessen international deutlich machen und Verhandlungen in unserem Sinne führen.

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Sehen Sie weiterhin Potenzial für eine vertiefte Zusammenarbeit mit China?
 
Die Unternehmen prüfen fortlaufend, wo Kooperation und Zusammenarbeit sinnvoll sind. Und erst vor zwei Wochen haben Deutschland und China eine gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet. Ziel ist es, bei der Entwicklung von internationalen Normen und Standards für das assistierte und automatisierte Fahren eng zusammenzuarbeiten. Wir unterstützen das sehr. Denn weltweit gleiche Sicherheits- und Umweltanforderungen an das Produkt helfen, Ressourcen in Entwicklung und Produktion zu sparen. Außerdem definieren weltweit einheitliche Normen und Standards gleiche Marktzugangskriterien für alle und vermeiden nationale Abweichungen. Das ist gut für alle.
 
Ich bin überzeugt, dass es noch mehr Potenzial für die Zusammenarbeit zwischen der chinesischen und der deutschen Automobilindustrie gibt. Ein Beispiel: Mit dem Übergang zur Elektromobilität rücken die Emissionen entlang der Wertschöpfungskette in den Fokus der Unternehmen. Denn ein Großteil der Emissionen von Verbrennungsmotoren entsteht während der Nutzung des Fahrzeugs. Bei Elektroautos hingegen entstehen die Emissionen eher bei der Produktion, insbesondere der Batterie. Diese Emissionen müssen reduziert werden, um mehr Klimaschutz zu erreichen. Der sogenannte Product Carbon Footprint ist hier ein wichtiges Instrument, bedarf aber einer internationalen Harmonisierung. Auch hier sollte der Austausch mit China weiter intensiviert werden.

Das Interview führte Dang Yuan.