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Politik

Libanesischer Regierungschef bittet um Hilfe

6. Juli 2021

Die Wirtschaftskrise im Libanon spitzt sich weiter zu. Nun ergreift der geschäftsführende Ministerpräsident Hassan Diab die Initiative und ruft die internationale Gemeinschaft eindringlich auf, das Land zu retten.

Libanon Beirut | Rede zur Wirtschaftskrise | Hassan Diab
Bild: Lebanese Gov't Press Office/Anadolu Agency/picture alliance

Der Libanon sei nur "ein paar Tage von einer sozialen Explosion entfernt", sagte Hassan Diab bei einem Treffen mit Botschaftern in Beirut. Er forderte die ausländischen Geldgeber auf, finanzielle Hilfe freizugeben, obwohl das multikonfessionelle Land seit fast 11 Monaten keine neue Regierung gebildet hat. "Die Verknüpfung der Hilfe für den Libanon mit der Regierungsbildung hat begonnen, das Leben der Libanesen zu bedrohen", sagte Diab bei einem Treffen in Beirut mit ausländischen Gesandten.

In diesem Festsaal in Beirut hielt Hassan Diab seine Rede vor den Botschaftern Bild: Lebanese Gov't Press Office/Anadolu Agency/picture alliance

Sein Land gehe derzeit durch einen "sehr dunklen Tunnel", das Leiden habe das Niveau einer "Tragödie" erreicht, betonte Diab. Das Land nicht sofort zu unterstützen, gefährde des "Leben der Libanesen und die die Einheit des Libanon". Nicht die "Korrupten" zahlten den Preis, sondern das Volk, sagte Diab weiter und fügte hinzu: "Retten Sie den Libanon, bevor es zu spät ist."

Wut auf politische Klasse

Das kleine Land am östlichen Mittelmeer wird seit Herbst 2019 von einer Krise erschüttert, die nach Einschätzung der Weltbank wahrscheinlich zu den schlimmsten Finanzkrisen der Welt seit Mitte des 19. Jahrhunderts zählt. Der Zusammenbruch der Wirtschaft hat im Libanon Wut auf die politische Klasse ausgelöst, die von den Menschen als sehr korrupt und unfähig angesehen wird. Die Politik des Landes wird seit Jahrzehnten von denselben Familien und Persönlichkeiten dominiert, Empörung und Proteste änderten nichts daran.

Nach der Explosionskatastrophe im Hafen von Beirut im August 2020 waren Diab und seine Regierung zurückgetreten. Sie sind nur noch geschäftsführend im Amt. Seitdem ist es den Parteien jedoch nicht gelungen, sich auf ein neues Kabinett zu einigen. Eine Regierung wäre jedoch nötig, um von der internationalen Gemeinschaft geforderte Reformen einzuleiten und so die in Aussicht gestellte finanzielle Hilfen freizugeben. Deutschland, andere westliche Staaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) wollen dem Libanon erst dann Hilfe geben, wenn die Regierung weitreichende Reformen beschließt.

Grassierende Armut

Inzwischen hat sich die Lage weiter verschärft: Das libanesische Pfund hat auf dem Schwarzmarkt mehr als 90 Prozent seines Werts gegenüber dem Dollar verloren. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung lebt mittlerweile in Armut. Die Inflation liegt bei mehr als 100 Prozent, für Lebensmittel sogar bei mehr als 200 Prozent. Zudem machen Massenentlassungen den Libanesen zu schaffen. Wegen eines Versorgungsmangels bilden sich vor Tankstellen lange Schlangen. In Apotheken fehlt es an Medikamenten. Täglich müssen die Menschen über Stunden ohne Strom auskommen.

Vor Tankstellen bilden sich lange WarteschlangenBild: Bilal Jawich/Xinhua/picture alliance

Ausländische Geber hatten dem libanesischen Volk auf zwei internationalen Konferenzen zwar Millionen von Dollar an Hilfe zugesagt. Aber sie hielten sich zurück, dem libanesischen Staat irgendwelche Unterstützung anzubieten.

Israel will helfen

Derweil zeigte sich der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz bereit, dem Nachbarland humanitäre Hilfe zu schicken. Sein Herz schmerze, wenn er Bilder von hungrigen Menschen in den Straßen des Libanons sehe, schrieb Gantz auf Twitter. Hintergrund ist nicht nur die sich dramatisch verschlechternde Wirtschaftslage im Libanon, sondern auch Versuche der Hisbollah, verstärkt iranische Investitionen in den Libanon zu holen.

Der Libanon und Israel befinden sich offiziell im Kriegszustand. An der Grenze kommt es immer wieder zu Spannungen. Vor allem die eng mit dem Iran verbündete libanesische Schiitenmiliz Hisbollah sieht in Israel einen Erzfeind.

kle/qu (afp, dpa, kna, rtre)

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