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KonflikteIsrael

Hilfsorganisationen beklagen Blockadehaltung Israels

14. August 2025

Mehr als 100 Hilfsorganisationen werfen Israel vor, extra neue Vorschriften zur Regulierung ausländischer Hilfsorganisationen zu erlassen. Ziel sei es, Lieferungen von Hilfsgütern in den Gazastreifen abzublocken.

Israel Kissufim 2025 | Ein verschmutzter Sack mit losen Lebensmitteln und verbeulte Nahrungsmitteldosen liegen verstreut unter freiem Himmel auf dem schmutzigen Boden (13.08.2025)
Nicht mehr verwendbare Hilfsgüter auf israelischem Gebiet in der Nähe eines Grenzübergangs zum Gazastreifen (am Mittwoch)Bild: Jack Guez/AFP

Israel versucht nach Einschätzung internationaler Hilfsorganisationen, unabhängige humanitäre Akteure aus dem Land zu drängen. Neue Meldevorschriften könnten die Organisationen zw ingen, ihre Tätigkeit in den Palästinensergebieten, also im Gazastreifen und im besetzten Westjordanland einschließlich Ost-Jerusalem, einzustellen und ihre internationalen Mitarbeiter abzuziehen, heißt es in einer Erklärung von mehr als 100 Nichtregierungsorganisationen. Die israelischen Maßnahmen seien "Teil einer umfassenderen Strategie, um die Kontrolle zu festigen und die palästinensische Präsenz auszulöschen".

Stellungnahme aus Israel kommt prompt

Israel räumte indirekt einen Teil der Vorwürfe ein. Die angeprangerten Verzögerungen in der Hilfe gebe es aber nur dann, wenn die betreffenden Organisationen nicht die geforderten Informationen lieferten, so die zuständige israelische Koordinierungsstelle für die besetzten Gebiete (COGAT).

Ein Sprecher ergänzte, es gehe um ein Sicherheits-Screening. Es hätten bereits "fast 20 internationale Organisationen" die Vorgaben des Screenings erfüllt und sie lieferten "regelmäßig und in voller Kooperation" Hilfsgüter in den Gazastreifen. Der Umfang liege bei "rund 300 Lastwagen" täglich.

Hintergrund für die Kritik der Nichtregierungsorganisationen an Israel sind Registrierungsanforderungen, die bis Anfang September in Kraft treten sollen und teils schon angewendet werden. Die betroffenen Organisationen sehen darin ein Instrument der israelischen Behörden, "unparteiische Hilfe zu blockieren, palästinensische Akteure auszuschließen und vertrauenswürdige humanitäre Organisationen durch Mechanismen zu ersetzen, die politischen und militärischen Zielen dienen".

Zu den Unterzeichnern der Erklärung zählen Ärzte ohne Grenzen, Oxfam, der vatikanische Dachverband Caritas Internationalis und die evangelische Diakonie Katastrophenhilfe, aber auch die Schweizer "Jüdische Stimme für Demokratie und Gerechtigkeit in Israel/Palästina". Sie beanstanden unter anderem die Abfrage personenbezogener Details zu palästinensischen Mitarbeitern und anderen sensiblen Informationen. Deren Weitergabe sei datenschutzrechtlich unzulässig und mit humanitären Grundsätzen unvereinbar.

Nach Befürchtungen der Nichtregierungsorganisationen könnten Hilfen für Zivilisten künftig "auf Grundlage vager und politisierter Kriterien wie einer angeblichen 'Delegitimierung' des Staates Israel verweigert werden". Das Verfahren ziele darauf ab, unabhängige Organisationen zu kontrollieren, zum Schweigen zu bringen und ihre Berichte zu zensieren.

"So können wir nicht weitermachen", mahnt der Papst

Auch die Außenminister von 20 Mitgliedstaaten der Europäischen Union und weiterer Regierungen hatten die Restriktionen in einer Stellungnahme am Dienstag kritisiert und Israel aufgerufen, sie nicht umzusetzen. Zuvor hatten die Vereinten Nationen eine Rücknahme der Regeln verlangt.

Lebensmittel weiter knapp - Menschen in Gaza verzweifelt

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Zur Lage im Gazastreifen hat sich auch noch einmal der Papst zu Wort gemeldet. Papst Leo XIV. erneuerte seinen Appell für ein Ende des Konflikts. Die humanitäre Krise im Gazastreifen müsse gelöst werden, "so können wir nicht weitermachen", sagte er laut Vatikan-Medien. "Wir kennen die Gewalt des Terrorismus und respektieren die vielen Toten und Geiseln." Die israelischen Geiseln müssten befreit werden, "aber wir müssen auch an die vielen denken, die verhungern", betonte der Papst.

Zamir stimmt zu, warnt aber vor Risiken

Israels Armeechef billigte unterdessen die Einsatzpläne für die vom Sicherheitskabinett unter Premier Benjamin Netanjahu beschlossene Ausweitung des Militäreinsatzes im Gazastreifen. Generalstabschef Ejal Zamir habe bei einer Besprechung "den Hauptrahmen für den Einsatzplan der israelischen Armee im Gazastreifen genehmigt", teilte die Armee mit. Laut Netanjahu sieht der Plan neben der Einnahme der Stadt Gaza auch die Zerschlagung der Hamas in den zentralen Flüchtlingslagern vor.

Israels Generalstabchef Ejal Zamir (Archivbild von 2018): Stützt Netanjahu-Kurs, mahnt aber auch zu VorsichtBild: Thomas Coex/AFP

Einen konkreten Zeitplan für die Ausweitung des israelischen Militäreinsatzes gibt es bislang nicht. Armeechef Zamir hatte Medienberichten zufolge trotz seines Einverständnis auch vor großen Risiken des Plans gewarnt. Dieser gefährde Soldaten und die Geiseln, die in der Stadt Gaza vermutet werden. Zudem soll er auf die Erschöpfung der Truppen und auf Personalmangel hingewiesen haben.

Derweil geht das Sterben im Gazastreifen weiter. Nach palästinensischen Angaben gab es mehrere Luftangriffe der israelischen Armee, darunter in Gaza-Stadt. Mehrere Gebäude seien beschossen worden.

Bewohner dort haben die Sorge, es könnte sich um Vorbereitungen auf eine Bodenoffensive Israels handeln. Sieben Menschen seien bei einem Angriff nordwestlich von Gaza an einer Verteilstelle für Hilfsgüter getötet worden, hieß es aus medizinischen Kreisen. Sieben weitere Menschen, darunter fünf Kinder, seien bei einem Luftangriff auf ihr Zelt in Gaza-Stadt ums Leben gekommen.

Medizinische Hilfe für Kinder aus Gaza in Deutschland?

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Auslöser des Krieges im Gazastreifen war der Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln nach Gaza verschleppt wurden. Seither wurden laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 61.000 Palästinenser im Gazastreifen getötet. Die unabhängig nicht überprüfbare Zahl unterscheidet nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern.

Die Hamas wird von zahlreichen Ländern weltweit als Terrororganisation eingestuft. In den Händen der Hamas werden noch 50 Geiseln vermutet. Nach israelischer Einschätzung sollen 20 von ihnen noch am Leben sein.

Weitere Siedlungen im Westjordanland geplant

Extrem angespannt ist die Lage nicht nur im Gazastreifen, sondern auch im von Israel besetzten Westjordanland. Verstärkt werden die Spannungen dort durch eine Ankündigung von Israels rechtsextremen Finanzminister Bezalel Smotrich. Er erklärte, der Siedlungsbau im Westjordanland solle weiter vorangetrieben werden.

Wie die Zeitung "Times of Israel" berichtet, plant der Minister die Genehmigung von Ausschreibungen für den Bau von rund 3400 zusätzlichen Siedlerhäusern. Smotrich wurde mit den Worten zitiert, dieser Schritt "begräbt die Idee eines palästinensischen Staates".

Israel hatte 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert, wo heute mehr als 700.000 israelische Siedler inmitten von rund drei Millionen Palästinensern leben. Die israelischen Siedlungen dort sind nach internationalem Recht illegal.

Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen eigenen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Die Vereinten Nationen betrachten die israelischen Siedlungen als großes Hindernis für eine Friedensregelung, weil sie kaum noch ein zusammenhängendes Territorium für die Palästinenser bei einer möglichen Zwei-Staaten-Lösung zulassen würden. Mit einer Zwei-Staaten-Lösung ist gemeint, dass Israel und ein unabhängiger Palästinenserstaat friedlich Seite an Seite existieren. 

haz/AR/se (kna, epd, dpa, afp, rtr)

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