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Glaube

Hinaus in die Welt – Priesterausbildung im Erzbistum Köln

17. Februar 2023

Vor Beginn ihres Studiums absolvieren Priesteramtskandidaten im Erzbistum Köln zunächst ein Orientierungsjahr, das sogenannte Propädeutikum. Es umfasst neben Glaubensinhalten auch sozial-caritative Dienste.

Priesterweihen Rottenburg
Bild: Markus Ulmer/picture alliance/Pressebildagentur ULMER

Acht Männer, die sich fragen, ob sie zum Priesteramt in der katholischen Kirche berufen sind, treffen sich in der sogenannten Glaubenswerkstatt im Kontext ihres Propädeutikums am Collegium Albertinum, Bonn. In diesen gemeinsamen Kursen geht es darum, sich mit den Inhalten des christlichen Glaubens vertraut zu machen und darüber nachzudenken. Dazu lesen die Männer, begleitet von AusbilderInnen des Seminars, sukzessive den Katechismus der katholischen Kirche und beginnen so schon vor dem eigentlichen Theologiestudium mit dessen wesentlichen Inhalten vertraut zu werden.

Seit 2019 gibt es im Erzbistum Köln neue Ausbildungsformate, die auf der "Ratio Fundamentalis Institutionis Sacerdotalis" basieren, einem Lehrschreiben, das vom Apostolischen Stuhl veröffentlicht wurde und als Grundlage der Priesterausbildung gilt.

Das erste Jahr im Seminar ist sehr wichtig, um mit dem Leben in einer solchen Gemeinschaft vertraut zu werden.  Für die Ausbildung der angehenden Priester ist es auf besondere Weise zentral. Denn im Anschluss daran und nach der Zulassung durch den Bischof als Priesterkandidat gilt es, die im propädeutischen Jahr gelegten Grundlagen im Theologiestudium zu vertiefen. Das persönliche Wachstum, die Auseinandersetzung mit sich selbst und die Beziehung zu Gott sowie zu den Mitmenschen stehen im Fokus. All dies wird stetig reflektiert, erweitert und lebendig gehalten.

Das Alter der Priesterkandidaten ist sehr heterogen und reicht vom Abiturienten bis hin zu Kandidaten, die eine Ausbildung oder ein Studium in ganz unterschiedlichen Bereichen wie Jura, Informatik oder Soziologie absolviert haben. Entsprechend dieser Ausbildungen sind die Lebenserfahrungen, die Fragen an sich selbst, die Gesellschaft und die Kirche, von Kandidat zu Kandidat sehr unterschiedlich. Was sie jedoch alle eint, ist die Frage, wo Gott ihren Platz in der Welt sieht und wie sie sich dessen bewusstwerden können. Die Frage nach der persönlichen Berufung zu klären, ist daher der Kern dieser Zeit der Priesterausbildung und beginnt mit den ersten Schritten im Propädeutikum.

Den eigenen Platz in der Welt zu finden bedeutet auch, den verschiedenen Menschen in den jeweiligen Lebenskontexten auf kommunikative und respektvolle Weise zu begegnen. Dies stellt immer dann eine besondere Herausforderung dar, wenn Menschen besonders verletzlich oder auf Hilfe angewiesen sind. Deshalb ist das einjährige Sozialpraktikum, das alle Propädeutiker zweimal pro Woche absolvieren, eine sehr direkte und komprimierte Möglichkeit, diesen Kontakt zu üben, z. B. in ausgewählten Einrichtungen des Gesundheits- und Bildungswesens sowie in kategorialen Bereichen wie der Drogenberatung oder im Gefängnis. Im ersten Beratungs- und Betreuungsgespräch mit der Studienpräfektin des Priesterseminars wählt jeder Kandidat seinen eigenen Platz, dem er sich ein Jahr lang widmen wird.

„Ich habe das Gefühl, dass ich seit meiner Zeit im Sozialpraktikum komplett aus meiner Komfortzone herausgeholt worden bin." So und in ähnlicher Weise äußern sich die Propädeutiker bereits nach wenigen Wochen dieser sozial-caritativen Tätigkeit. Im Wissen, dass sie in ihren jeweiligen Tätigkeitsfeldern immer als Priesterkandidaten vorgestellt werden, reichen die erlebten Begegnungen von der interessierten und kritischen Nachfrage, wie und warum man heute noch Priester werden wolle, über einen sehr persönlichen Austausch bis hin zur herzlichen Dankbarkeit für einen jungen Menschen, der einfach nur da ist und Zeit zum Reden hat. „Bei einem Spaziergang im Rollstuhl sagte mir eine Frau, dass sie so nicht mehr leben wolle. Sie fragte mich, ob Gott sie bestrafen wolle und was ich von Sterbehilfe halte", erzählt ein Kandidat, der in der Betreuung kranker älterer Menschen gearbeitet hat. Ihm wurde schnell klar, dass er mit vorgefertigten theologischen Phrasen in dieser Begegnung nicht viel ausrichten konnte und herausgefordert war, ein eigenes, sehr persönliches und christliches Zeugnis abzulegen, mit dem er deutlich machen wollte, dass er sie in ihrer Hilflosigkeit verstand und gleichzeitig von der Würde des Lebens, selbst mit diesen Einschränkungen, überzeugt war.

Eine der zentralen Erfahrungen und Überlegungen dieser Zeit besteht darin, dass das Studium theologischer Texte nicht ausreicht, um Priester zu werden. Man muss die alltägliche Lebenswelt immer wieder mit der diese Welt übersteigenden Frage nach Gott konfrontieren und umgekehrt.

Die zahlreichen biblischen Darstellungen dieses christlichen Gottes, der Mensch geworden ist, lehren nichts anderes: Gott wendet sich den Menschen zu, nicht weil er über sie herrschen will, sondern weil er ihnen in Liebe dienen möchte.

Kurzvita der Autorin:

Bild: privat

Dr. Carmen Breuckmann-Giertz ist seit September 2021 in der Priesterausbildung des Erzbistums Köln als Studienpräfektin tätig. Zuvor war die promovierte Moraltheologin Studiendirektorin eines Gymnasiums.