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Politik

Hinweise auf Wahlmanipulation in Venezuela

2. August 2017

Nicht nur die Opposition in Venezuela sieht die Abstimmung vom Wochenende als gefälscht an. Auch die Wahlcomputer-Firma spricht von Manipulation. Die EU diskutiert über Sanktionen gegen die Regierung.

Venezuela Caracas Nicolas Maduro
Präsident Maduro feiert das Ergebnis der Wahl als Erfolg für sichBild: picture-alliance/Prensa Miraflores

Wenige Tage nach der umstrittenen Wahl einer Verfassungsversammlung in Venezuela wird deutlicher, dass es offenbar erhebliche Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung gegeben hat. So teilte das britische Elektronikunternehmen Smartmatic mit, die Zahlen zur Wahlbeteiligung seien manipuliert worden. Die Firma liefert die Technologie für die Wahlcomputer des südamerikanischen Landes.

Laut Geschäftsführer Antonio Mugica ist die Zahl der abgegebenen Stimmen erheblich niedriger, als von der venezolanischen Wahlbehörde angegeben. "Wir wissen ohne jeden Zweifel, dass die Beteiligung bei der jüngsten Wahl für eine verfassungsgebende Versammlung manipuliert worden ist", heißt es in einer Mitteilung. Die Differenz zwischen der tatsächlichen Zahl der abgegebenen Stimmen und der offiziellen Wahlbeteiligung betrage Schätzungen zufolge "mindestens eine Million".

Die Präsidentin der venezolanischen Wahlkommission, Tibisay Lucena, wies die Manipulationsvorwürfe von Smartmatic zurück. Die Anschuldigungen seien "unverantwortlich" und "unbegründet", erklärte Lucena und drohte der britischen Firma mit rechtlichen Schritten. Dagegen äußerte einer der fünf Direktoren der Wahlkommission ebenfalls Zweifel am Ablauf der Wahl. "Zum ersten Mal, seit ich diese Pflicht für den Staat übernommen habe, kann ich nicht für die Echtheit der genannten Ergebnisse garantieren", sagte Luis Rondon.

Ungewöhnliche Verdopplung der Stimmen

Auch die Nachrichtenagentur Reuters hat Unregelmäßigkeiten beobachtet. Internen Zahlen zufolge, die laut Reuters eingesehen werden konnten, hatten am Sonntag bis 17.30 Uhr rund 3,7 Millionen Menschen ihre Stimme abgegeben. Die Regierung hatte nach Schließung der Wahllokale um 19.00 Uhr erklärt, dass 8,1 Millionen Venezolaner zur Wahl gegangen seien. Experten zufolge wäre eine Verdoppelung der Wahlbeteiligung binnen nur eineinhalb Stunden sehr ungewöhnlich.

Die Beobachtungen bestätigen die Angaben der venezolanischen Opposition. Sie kündigte für Donnerstag einen neuen Protestmarsch an. Dieser "Marsch gegen den Betrug" soll mit der ersten Sitzung der umstrittenen verfassungsgebenden Versammlung zusammenfallen. Präsident Nicolás Maduro erklärte inzwischen, er wolle die 545 Mitglieder bereits am Mittwoch vereidigen.

Die Wahl wurde von gewalttätigen Protesten überschattetBild: Getty Images/AFP/R. Schemidt

Der Staatschef hatte die Wahl trotz massiver Proteste im In- und Ausland abhalten lassen. Nach seinem Willen soll sie das ihm feindlich gesinnte Parlament ersetzen und eine neue Verfassung ausarbeiten, um Venezuela aus der seit Monaten anhaltenden politischen und wirtschaftlichen Krise zu führen. Maduros Gegner werfen ihm hingegen vor, er wolle diktatorische Vollmachten an sich reißen.

EU berät über Sanktionen

Die US-Regierung bezeichnete Maduro bereits als "Diktator" und fror sein Vermögen in den USA ein. Die EU schließt derweil eine Anerkennung der umstrittenen verfassunggebenden Versammlung in Venezuela aus. Es gebe Zweifel an der Legitimität der Versammlung, die Präsident Nicolás Maduro trotz heftiger nationaler und internationaler Proteste hatte wählen lassen, erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Die Wahl habe die Krise in Venezuela weiter verschärft, kritisierte sie nach Beratungen von Vertretern der 28 EU-Mitgliedstaaten. Zugleich forderte die EU-Außenbeauftragte, die Einsetzung der Versammlung müsse suspendiert werden.

Oppositionspolitiker Antonio Ledezma ist festgenommen wordenBild: Imago/Zumapress

Auch die Bundesregierung übt deutliche Kritik. "Präsident Maduro hat erneut bewiesen, dass für ihn Machterhalt über dem Wohlergehen seines eigenen Volkes steht", erklärte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Die verfassungsgebende Versammlung könne aus Sicht der Bundesregierung keine Legitimität beanspruchen. Zudem forderte sie die Freilassung der Oppositionspolitiker Leopoldo López und Antonio Ledezma. Sie waren am Dienstag festgenommen worden. Der Oberste Gerichtshof erklärte, sie hätten ihre Flucht vorbereitet und seien deshalb in Haft gekommen.

In Caracas bestätigte derweil die frühere Außenministerin Delcy Rodríguez, dass die verfassunggebende Versammlung am Donnerstag zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammenkommt. Die Mitglieder der Versammlung, zu denen die Politikerin zählt, wollten mit Porträts des Unabhängigkeitskämpfers Simón Bolívar und des früheren Präsidenten Hugo Chávez in das Parlamentsgebäude einziehen, sagte Rodríguez. 
 

wo/kle (dpa, afp, rtr, epd)

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