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Hip-Hop im Schatten der Intifada

Leona Frommelt10. März 2003

In Israel wird der Konflikt zwischen Juden und Arabern auch auf musikalischer Ebene ausgetragen. Zions Rapper treten gegen Palästinas Hip-Hopper an. Ihre Liedtexte: teils Botschaften der Gewalt, teils des Friedens.

Junge Helden: Die palästinensischen Hip-Hopper "MWR"Bild: WWW.MWR-RAP.COM

Sie heißen Mahmoud, Wassim und Richie. Ihr Kürzel, MWR, ist ihr Künstlername. Die drei Musiker sind die Stars der arabischen Jugendlichen von Israel. Sie brüllen heraus, was ihre Fans hören wollen: Wir sind die Geprügelten, die Verachteten, die Unterlegenen. Ihr musikalischer Weckruf: "Ihr schlaft, Araber. Ihr habt genug geschwiegen! Kommt, steht auf und fordert eure Rechte ein. Steht auf! Wacht auf! Öffnet die Augen und schaut, was passiert."

Seit drei Jahren tritt das Trio gemeinsam auf. Nicht nur aus Freude an der Musik, sondern auch aus Ärger über die israelische Regierung. "Wir mögen die Rhythmen beim Rap", sagt Mahmoud. "Und dann natürlich die Möglichkeit Kritik zu äußern. Mit dieser Musik kannst du angreifen, du kannst über deine Probleme sprechen, du kannst dich wirklich ausdrücken." MWR sind mehr als eine Teenager-Band. Sie kritisieren die israelische Gesellschaft mit modernen Mitteln. Ihre Musik sehen sie nicht als Kampfaufruf, sondern als eine friedliche Alternative zum gewaltsamen Widerstand. Doch es gibt auch Rapper in Israel, deren Musik weniger friedlich klingt.

Fremd im eigenen Land

Einer von ihnen ist Tamer El Nafar, ebenfalls Superstar unter den israelischen Arabern. Er lebt in den Slums von Lod, einer israelisch-arabischen Vorstadt von Tel Aviv. "Wir sind in eine knallharte Wirklichkeit hineingeboren", sagt Tamer. Für ihn zählt nur eins: Die Besatzung der Palästinensergebiete müsse ein Ende haben. Es müsse einen palästinensischen Staat geben. "Das ist alles, was mich interessiert." Und mit jedem israelischen Armeehelikopter, der über die Slums fliegt, wachse dieses Interesse.

The Light and The Shadow CD Cover Israel

Auf israelischer Seite feiert der Musiker Subliminal – mit bürgerlichem Namen Kobi Shimoni – derzeit Erfolge. Auf dem Cover seiner CD glänzt ein silberner Davidstern in einer verdreckten Faust. Der rechts-zionistische Rapper schimpft in seinen Texten über Palästinenserführer Yassir Arafat und die Feinde Israels. Nach zweieinhalb Jahren Intifada, dem palästinensichen Widerstand in den von Israel besetzten Gebieten, hat sein unverhohlener Nationalismus Aufwind wie noch nie.

The Light From Zion CD Cover Israel

Die Alben des 23-Jährigen, mit ihren desillusionierten Texten, gehen weg wie warme Semmeln. "Frieden? Nichts lieber als das!" sagt Subliminal. Seine Lieder sprechen eine andere Sprache: "Nein, es ist kein Traum, vor der Flagge stramm zu stehen, mit dem Gewehr und dem Olivenzweig in den Kampf zu ziehen. Frieden? Der wohnt schon lange nicht mehr hier, ist gefangen, ist ermordet. Frieden, es war schön mit Dir."

Nationalistenrap

Für Tamer ist der Nationalist Subliminal einfach "ein Rassist", auch wenn der sich als Patriot sehe. Auf Subliminals Konzerten würden immer wieder Leute im Publikum "Tod den Arabern!" brüllen. Und dabei behauptet der Sänger, für den Frieden zu kämpfen. Im Gegensatz zu Subliminals wird Tamers Musik im Radio nicht gespielt. Seine Texte haben beim israelischen Hörfunk keine Chance: "Vergewaltigt so wie Nazis habt Ihr die Seele der Araber. Die wurde schwanger, Terrorismus heißt ihr Kind. Und mich nennt Ihr den Terrorist? Ihr schlagt zu und haut schnell ab, nach dem ersten Stein und fragt: Wieso geben Eure Eltern ihren Kindern Steine? Wisst Ihr noch? Als diese Steine Häuser waren, flohen unsere Eltern, als Ihr kamt vor 50 Jahren. Und wenn mein Schmerz nicht zu ertragen ist, nennt Ihr mich Terrorist?"

Einen Terroristen nennt Subliminal Tamer zwar nicht, aber seit beide politisch immer radikalere Wege gingen, sind sie zu Gegenspielern geworden. Früher einmal sind sie zusammen aufgetreten, in den Clubs von Tel Aviv. Heute wäre das unvorstellbar. Nach Tamers Ansicht besingt Subliminal die Einheit der Zionisten. Aber Tatsache sei, dass diese Befürworter eines nationalen jüdischen Staates mit ihrer Politik der Stärke ein halbes Jahrhundert keinen Frieden erreicht hätten. "Wir haben nur dieses eine Land", beschwört Subliminal immer wieder. Doch es ist ein Land mit zwei Völkern, und noch glauben beide, dass sie das andere Volk in die Knie zwingen können - auf dem Schlachtfeld und auf der Bühne.