Für viele Film-Experten ist er der eigentliche Begründer des "New Black Cinema". Zum 60. Geburtstag von Spike Lee ein Rückblick auf seine wichtigsten Filme.
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Spike Lee: Ausnahme-Regisseur mit politischer Botschaft
Spike Lee ist 2021 Jurypräsident in Cannes. Der US-Regisseur gilt als Vorkämpfer für die Rechte der afro-amerikanischen Bevölkerung. Ein Blick auf seine Filme.
Bild: Dimitrios Kambouris/Getty Images
Spike Lee: der Moralist
Dieser Mann hat eine Botschaft. Der 1957 in Atlanta, Georgia, geborene Regisseur gilt als Vorkämpfer für die Rechte der Schwarzen im Kino. In seinen Filmen erzählt er oft Geschichten von Unterdrückung und Rassismus.
Bild: Getty Images/P. Le Segretain
Aufklärung und coole Arrangements
Spike Lee stammt aus einer Lehrer-Familie. Auch seine Mutter, die starb, als Lee 20 war, war Pädagogin. Das mag den aufklärerischen Impetus vieler seiner Filme erklären. Doch Lee ist ebenso Sohn eines Jazz-Bassisten und -Komponisten. Das sieht man seinen Filmen an: sie sind voll Lebensfreude, Spielwitz, musikalischem Rhythmus - wie sein Erstling, die Tragikomödie "Do the Right Thing" von 1989.
Der Regisseur, der in seinen Filmen oft selbst als Schauspieler auftritt, hat vielen jungen schwarzen Darstellern eine Karriere im amerikanischen Film ermöglicht. Denzel Washington, hier an der Seite von Lee in "Mo' Better Blues" von 1990, ist heute einer der Top-Stars in Hollywood.
Bild: picture alliance/kpa
Erhitzte Gemüter
Auch Lees Film "Jungle Fever" brachte ein paar heute bekannte Darsteller auf die Leinwand. Wesley Snipes und Halle Berry, mit der Spike Lee damals eine Beziehung hatte, sind heute ebenfalls etablierte Schauspieler. "Jungle Fever" ist ein Film über Beziehungskämpfe voller Emotionen.
Bild: picture alliance/United Archives
Opus Magnum: "Malcolm X"
1992 brachte Spike Lee dann sein bis dahin teuerstes und aufwendigstes Werk in die Kinos, das all das bündeln sollte, was den Regisseur bewegte: Die Geschichte der Schwarzenbewegung in den USA wird in der Filmbiografie "Malcom X" behandelt. Denzel Washington (r.) spielt den Black-Muslim-Anführer.
Bild: picture alliance/United Archives
Autobiografisch: "Crooklyn"
Sein zwei Jahre später entstandener Film "Crooklyn", der eine Familie in den 1970er Jahren in New York zeigt, war geprägt von zahlreichen autobiografischen Verweisen. Ohne den pädagogischen Ballast eines Politepos wie "Malcom X" dominierte hier wieder Lebensfreude und Spielwitz.
Bild: picture alliance/United Archives/IFTN
Das Thema Drogen in "Clockers"
Der 1995 gedrehte Film "Clockers" sprach wieder Themen an, die Spike Lee seit jeher umtreiben. Das (Über-)Leben in von Drogen und Kriminalität heimgesuchten Stadtvierteln New Yorks, die Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Ethnien.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Schauspieler-Magnet
1996 erzählte der Regisseur in seinem Film "Girl 6" die Geschichte einer erfolglosen Schauspielerin, die sich nebenbei Geld bei einer Telefonsex-Hotline verdient. In kleinen Nebenrollen wirkten Größen wie Quentin Tarantino, Madonna oder Naomi Campbell mit - Zeichen für die große Popularität des Regisseurs.
Bild: picture alliance/United Archives
Liebe zum Sport
Der Basketball-Fan Spike Lee inszenierte 1998 seinen Lieblingsdarsteller Denzel Washington als begnadeten Sportler. Lee zeigt in "He Got Game" unter anderem, wie stark der Sport in den USA gesellschaftlich verwurzelt ist.
Bild: picture alliance / United Archives
Kriminalität in New York
Auch in dem 1999 entstandenen Film "Summer of Sam" wandte sich Spike Lee wieder einem seiner bevorzugten Sujets zu: der Kriminalität in New York und den Auseinandersetzungen zwischen ethnisch geprägten Banden. Angesiedelt ist der Film, der sich an einen historischen Kriminalfall anlehnt, in den 1970er Jahren.
Bild: picture alliance/United Archives
Es bleiben noch 25 Stunden ...
Einen seiner stärksten Filme lieferte der Regisseur dann im Jahr 2002 ab. Edward Norton spielt in "25th Hour" einen Drogendealer, der in 25 Stunden eine siebenjährige Haftstrafe antreten muss. Ein melancholischer Blick auf die Vergänglichkeit des Lebens, der die Frage stellt, was wirklich wichtig ist.
Bild: picture alliance/United Archives
Elegantes Unterhaltungskino
"Inside Man" von 2006 zeigte, dass Spike Lee auch die Klaviatur des großen kommerziellen Kinos beherrschte. Der Thriller über einen Banküberfall ist extrem unterhaltsam, versteckt unter der Oberfläche aber auch eine Menge an typischen Spike-Lee-Themen.
Bild: picture alliance/kpa
Dokumentarisches und Videoclips
Nach "Inside Man" inszenierte Spike Lee verstärkt Dokumentarfilme und drehte neben Werbefilmen auch immer wieder Musikvideos für große Stars der Branche. So erzählt "Off the Wall" die Geschichte des Musikers Michael Jackson, bevor dieser zum Weltstar wurde.
Bild: picture-alliance/AP/MJJ Productions
Berlinale-Teilnahme 2016
Bei der Berlinale 2016 präsentierte Spike Lee den Film "Chi-Raq", ein poppiges Musicaldrama um Bandenkriminalität und Straßengangs. Als Hintergrund diente dem Regisseur das klassische Drama "Lysistrata" von Aristophanes.
Bild: Parrish Lewis
Der Klu Klux Klan
In "BlacKkKlansman" (2018) schleusen sich zwei Polizeiagenten - der eine Jude, der andere Schwarzer - in den Klu Klux Klan ein. Der satirische Film von Spike Lee greift zwar eine wahre Geschichte aus den 1970er Jahren auf, bezieht sich aber auch auf die heutige Situation in den USA, wo Rassismus gegenüber der Schwarzen Bevölkerung immer wieder in Gewalt umschlägt.
Bild: D. Lee/F. Features
Kriegsfilm mit Geschichtskorrektiv
In dem 2020 bei Netflix erschienenen Action-Film "Da 5 Bloods" reisen fünf afroamerikanische Vietnam-Veteranen zurück in ihre Vergangenheit. Popcorn-Kino mit Tiefgang: Zwischen Tanz- und Actionszenen platziert Spike Lee sozialkritische Kommentare über die afroamerikanische Geschichte. So zum Beispiel, dass das erste Opfer des Massakers von Boston 1770 ein Schwarzer war.
Bild: picture-alliance/AP Photo/D. Lee
Nach der Ermordung George Floyds
Kurz nach der Ermordung des Afroamerikaners durch einen weißen Polizisten im Mai 2020 veröffentlichte Spike Lee den Clip “3 Brothers”. Er zeigt Ausschnitte von Floyds Todeskampf und von der Tötung Eric Garners am 17. Juli 2014 - kombiniert mit Szenen von Lees Film "Do the Right Thing" von 1989. Der Clip beginnt mit der Frage, in rot geschrieben: "Wird die Geschichte aufhören, sich zu wiederholen?"
Bild: Reuters/N. Doce
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Die Geschichte des Kinos der afro-amerikanischen Bevölkerung der Vereinigten Staaten ist gerade wieder um ein bemerkenswertes Kapitel bereichert worden. Der Film "Moonlight" wurde mit dem Oscar für den besten Film des Jahres ausgezeichnet. Weitere Filme von schwarzen Regisseuren waren zuvor nominiert worden. Oscars gewannen zudem die Darsteller Viola Davis und Mahershala Ali.
Pionierarbeit in Sachen "Black Cinema"
Ein Jahr zuvor hatte es scharfe Proteste gegen die Missachtung schwarzer Filmschaffender in den USA gegeben. Ist man jetzt also geläutert in Hollywood? Spike Lee würde wahrscheinlich nur müde lächeln, die Stirn in Falten legen, wie er es so gerne tut, und eine witzige Bemerkung machen. Für einen optimistischen Blick in die Zukunft in Sachen Gleichberechtigung hat Spike Lee schon zu viel erlebt. Und er hat sich ja in seinen Filmen auch ausgiebig mit der Situation der afroamerikanischen Bevölkerung in seinem Land beschäftigt, dabei oft tief in die Geschichte zurückgeblickt.
Der Filmemacher, der jetzt (am 20. März) seinen 60. Geburtstag feiert, hat zu einer Zeit, als Hollywood noch im Traum nicht daran dachte, schwarze Regisseure und Schauspieler als normalen Bestandteil des Business zu betrachten, eine Pionierrolle übernommen.
Sicher, es gab einen Sidney Poitier, der es zu Ruhm und Ehre gebracht hatte und eine Art schwarzer Vorzeigeschauspieler in Hollywood geworden war, doch Poitier war immer die "Ausnahme von der Regel". Und es hat das "Blaxploitation"-Kino gegeben in den 1970er Jahren, das eine Zeit lang - auch kommerziell erfolgreich -"schwarze Themen" in das amerikanische Unterhaltungskino gebracht hatte. Die Regisseure dieser Filme waren allerdings oft auch weiß.
Vielfältiges Oeuvre
Als Lee nach diversen Hochschulstudien Mitte der 1960er Jahre anfing Filme zu inszenieren, sich sein Name langsam durchsetzte und alle erkannten, dass hier ein Regisseur die Bühne betrat, der viel zu sagen hatte und gute Filme machte, war das ein Signal. Für die folgenden beiden Jahrzehnte, von "She' s Gotta Have It" (1986) bis "Inside Man (2006), war Spike Lee einer der einflussreichsten und - künstlerisch - innovativsten Regisseure.
Danny Glover, einer der bekanntesten schwarzen Darsteller Hollywoods, nennt den Regisseur im Vorwort einer Spike-Lee-Biografie die "Stimme einer Ära": "Spike Lee ist die Person, die mit dieser Epoche identifiziert wird. Er hat sie ebensowenig allein in Gang gebracht wie Martin Luther King die Bürgerrechtsbewegung. Aber Lee hat sehr wirksam mit ihrer sozialen und politischen Dynamik gearbeitet. Das war eine Zeit, in der aus dem HipHop ein Bewusstsein erwuchs, in der schwarze Populärkultur zu einem globalisierten, kulturellen Exportartikel wurde," so Danny Glover.
Wegbereiter des derzeitigen Erfolgs
Wenn nun also in diesen Wochen über die neue Kraft des "schwarzen Kinos" in den USA gesprochen wird und die internationale Kinogemeinde sich ganz zu Recht freut über einen großartigen Film wie "Moonlight" von Regisseur Barry Jenkins, dann sollte man in diesem Zusammenhang unbedingt an die Rolle Spike Lees erinnern. Ohne diesen Regisseur, dem wir wunderbare Filme verdanken, sähe das Kino in den USA heute anders aus.
Und dass die künstlerische Kraft, die Phantasie, der Mut und das Engagement des Menschen und Künstlers Spike Lee heute immer noch sehr gefragt sind, das versteht sich in der "Ära Trump" eigentlich ganz von selbst. Also: Happy Birthday, Spike Lee - und bitte unbedingt weitermachen!