Die Goldene Palme für den besten Film ging an "Shoplifters" des japanischen Regisseurs Hirokazu Kore-Eda. Insgesamt waren 21 Filme im Rennen für die höchste Auszeichnung beim Festival in Cannes.
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Die Auszeichnung für den Film "Shoplifters" des japanischen Regisseurs Hirokazu Kore-Eda (Artikelbild oben) war die Überraschung des Abends in Cannes. Es war zuvor spekuliert worden, dass die Jury unter der Leitung der australischen Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin Cate Blanchett den Hauptpreis an eine der drei Regisseurinnen im Wettbewerb geben würde, um damit ein klares Zeichen für mehr Gleichberechtigung in der Filmbranche zu setzen.
Bei Kore-Edas Film geht es um eine Familie von Kleinganoven in Tokyo, die ein fremdes Kind bei sich aufnimmt. Der japanische Filmemacher hatte bereits 2013 den Internationalen Jurypreis für sein ebenfalls einfühlsames Kino-Drama "Like Father, Like Son" in Cannes gewonnen. Zuletzt ging die Goldene Palme 1997 nach Japan für den Film "The Eel" von Shohei Imamura.
Der Große Preis der Jury, die zweitwichtigste Auszeichnung des Festivals in Cannes, ging an den US-amerikanischen Regisseur Spike Lee für "BlacKkKlansman". Der Film erzählt die Geschichte eines schwarzen Polizisten, der sich in den 1970er Jahren in den berüchtigten Ku Klux Klan einschleust.
Als beste Schauspielerin wurde Samal Jesljamowa aus Kasachstan ausgezeichnet. Die 33-Jährige spielt in dem Film "Ayka" eine geflüchtete Kirgisin, die versucht, sich im winterlichen Moskau durchzuschlagen. Der Preis für den besten männlichen Darsteller ging an den italienischen Schauspieler Marcello Fonte. Er spielt die Hauptrolle in dem Film "Dogman" des italienischen Regisseurs Matteo Garrone.
Für die beste Regie bekam der Pole Pawel Pawlikowski für seine Liebesgeschichte "Cold War" die begehrte Auszeichnung. Der Preis für das beste Drehbuch wurde dieses Jahr gleich zwei Mal vergeben: an die Italienerin Alice Rohrwacher für ihr Drama "Happy as Lazzaro" sowie an die Iraner Jafar Panahi und Nader Saeivar für das Drehbuch zu Panahis Film "Three faces".
Film ab in Cannes - die 71. Filmfestspiele
Ein Wettbewerb mit weniger bekannten Namen, aber politischem Sprengstoff, der Streit mit Netflix und die enttäuschende deutsche Präsenz - das sind nur drei Themen beim wichtigsten Filmfestival der Welt. Ein Überblick.
Bild: Memento Films
Ein Iraner eröffnet Cannes
Dem persische Regisseur Asghar Farhadi wurde die Ehre zuteil, in diesem Jahr das Festival zu eröffnen. Der zweifache Oscar-Preisträger hat in seiner spanisch-italienisch-französischen Co-Produktion "Everybody Nows" zwei große Stars dabei. In dem Thriller spielen Penélope Cruz und Javier Bardem die Hauptrollen. Der Film bewirbt sich mit 20 weiteren Beiträgen um die Goldene Palme.
Bild: Memento Films
Engagiertes aus Hollywood
US-Regisseur Spike Lee ist im Wettbewerb mit seinem neuen Film "BlacKkKlansman" vertreten. Lee, der sich in seinem bisherigen Werk schon oft mit dem Thema Rassismus beschäftigt hat, blickt in "BlacKkKlansman" auf den Fall eines Police-Officers, der sich in den Ku Klux Klan einschmuggelt. Außer Spike Lee vertritt nur noch Regisseur David Robert Mitchell US-amerikanische Farben im Palmenrennen.
Bild: D. Lee/F. Features
Starke französische Präsenz
Das französische Kino nutzt das Festival in Cannes naturgemäß als Heimspiel. Insgesamt fünf französische Filme laufen in diesem Jahr im Wettbewerb: Vom Essay-Film "The Image Book" des 87jährigen Altmeisters Jean-Luc Godard bis hin zur Liebesgeschichte "Sorry Angel" (unser Foto) von Regisseur Christophe Honoré präsentiert sich das Mutterland des Kinos so stark wie keine andere Nation im Wettbewerb.
Bild: C. Honoré
Politisches im Wettbewerb
Cannes wartet in diesem Jahr mit einem Novum auf. Zwei Filme von Regisseuren, die in ihrer Heimat unter Hausarrest stehen, bewerben sich um die Goldene Palme. Der Iraner Jafer Panahi schickt seinen Film "Three Faces", der Russe Kirill Serebrennikow sein neuestes Werk "Leto" (unser Foto). Ob die Regisseure ihre Arbeiten in Cannes persönlich vorstellen können, gilt als wenig wahrscheinlich.
Bild: K. Serebrennikow
Kunstvolles aus aller Welt
Das, wofür Cannes in den vergangenen Jahren vor allem stand, kunstvolle Filme von großen Regisseuren zu zeigen, könnte in diesem Jahr ins Hintertreffen geraten. Trotzdem wartet die Filmwelt natürlich auf neue Werke von berühmten Regisseuren wie dem Türken Nuri Bilge Ceylan, der in "The Wild Pear Tree" das Schicksal einer jungen Schriftstellerin verfolgt, die in ihre ländliche Heimat zurückkehrt.
Bild: nbcfilm
Cate Blanchett leitet Jury
Wer am Ende des Festivals am 19. Mai die Goldene Palme erhält, bestimmt unter anderem die australische Schauspielerin Cate Blanchett. Sie ist 2018 Präsidentin einer Jury, in der noch einige andere prominente Filmschaffende sitzen, etwa die Schauspielerinnen Léa Seydoux und Kristen Stewart aus Frankreich und den USA sowie die Regisseure Andrei Swjaginzew (Russland) und Denis Villeneuve (Kanada).
Bild: Getty Images/I. Gavan
Cannes-Comeback von Lars von Trier
Eigentlich war nicht mehr damit zu rechnen, dass der Däne Lars von Trier noch einmal beim Festival auftauchen würde. 2011 hatte er für einen Eklat gesorgt, als er bei einer Pressekonferenz vermeintliche Sympathien für Adolf Hitler geäußert hatte. Das Festival schloss ihn daraufhin aus. Jetzt darf von Trier seinen neuen Film "The House That Jack Built" aber doch zeigen - außerhalb des Wettbewerbs.
Bild: Zentropa-Christian Geisnaes
Deutsche mit päpstlichem Segen
Deutsche Regisseure sucht man im Wettbewerb von Cannes einmal mehr vergeblich. Dafür laufen ein paar Filme in Nebenreihen und "außer Konkurrenz". So präsentiert Wim Wenders seine neue Dokumentation "Papst Franziskus - ein Mann seines Wortes" an der Croisette. Der Film entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Oberhaupt der Katholischen Kirche.
Bild: W. Wenders
Ulrich Köhler in der Reihe "Un certain regard"
Immerhin schaffte der deutsche Regisseur Ulrich Köhler mit "In My Room" den Sprung in die renommierte Nebenreihe "Un certain regard". In dem Film beschäftigt sich Köhler, Lebenspartner der Regisseurin Maren Ade, mit der Midlife-Crisis eines Mannes, der eines Morgens aufwacht und feststellen muss, dass die Menschheit verschwunden ist.
Bild: U. Köhler
Von Trottas Blick auf Ingmar Bergman
Und noch eine Deutsche ist vertreten: Margarethe von Trotta. Sie zeigt ihre Dokumentation "Ingmar Bergman", die sie mit Felix Möller in Szene gesetzt hat. Von Trotta hatte eine persönliche Beziehung zum schwedischen Regisseur. Das Festival hatte Bergman, der vor 100 Jahren geboren wurde, 1997 mit der "Palme der Palmen" ausgezeichnet, ein Sonderpreis für den "besten Regisseur aller Zeiten".
Bild: Epicentre Films
Neuer "Star Wars" feiert Weltpremiere
Die Amerikaner sind in diesem Jahr beim Festival nicht allzu präsent, es werden weniger Hollywood-Stars erwartet. Doch die Freunde des Popcorn-Kinos dürfen sich trotzdem freuen. In Cannes feiert das neueste Star-Wars-Opus "A Star Wars Story" Premiere. Es schildert die Erlebnisse von Han Solo, die Handlung ist in der Star-Wars-Chronologie vor dem allerersten Star-Wars-Film von 1977 angesiedelt.
Bild: 2018 Lucasfilm Ltd. All rights reserved.
Streit mit Netflix
Ein Aufreger im Vorfeld des Festivals war der Streit mit dem Streaming-Anbieter "Netflix". Dabei geht es um die Frage, wie Filme nach dem Festivaleinsatz präsentiert werden. Cannes verlangt einen Kinoeinsatz in Frankreich, Netflix beharrt bei Eigenproduktionen auf die exklusive Präsentation für die Abonnenten. Der Streit wurde nicht geschlichtet, Netflix ist beim Festival nicht dabei.
Bild: imago/Panoramic/L. Urman
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#MeToo in Cannes
Bei den 71. Filmfestspielen in Cannes ging es aber nicht um das, was auf den Leinwänden un den roten Teppichen zu sehen war, auch wenn Letzteres wie jedes Jahr für jede Menge Unterhaltung sorgte.
Schließlich war es das erste Mal, das die Festspiele seit dem #MeToo-Skandal stattfanden - diesmal aber ohne die Anwesenheit Harvey Weinsteins - dem Hollywood-Produzenten, dem dutzende Schauspielerinnen schwerwiegendes sexuelles Fehlverhalten und sogar Vergewaltigung vorwerfen.
Sein Name fiel auch am Abend der Bekanntgabe der Gewinner: Die italienische Schauspielerin Asia Argento hielt eine Ansprache, in der sie betonte, dass sie im Alter von 21 Jahren 1997 von Weinstein in Cannes vergewaltigt worden sei.
"Diese Festspiele waren sein Jagdrevier. Daher will ich hiermit ankündigen, dass Harvey Weinstein hier nimmermehr willkommen geheißen werden kann", erklärte Argento und fügte hinzu, dass die Organisatoren des Festivals die Übergriffe des Filmmoguls immer vertuscht hätten.
"Heute Abend sitzen immer noch welche unter uns, die noch zur Verantwortung gezogen werden müssen", sagte sie desweiteren. "Wir lassen euch nicht davonkommen."
Schon zuvor war dieses Jahr die Sexismusdebatte bei Cannes ein Hauptthema gewesen. Hollywood-Stars wie Cate Blanchett, Kristen Stewart, Helen Mirren und Salma Hayek hatten einen Protest auf dem roten Teppich für Gleichberechtigung und Schutz vor derartigem Missbrauch organisiert.
Die Organisatoren der Festspiele hörten eindeutig zu: Die Festivalleitung von Cannes unterzeichnete erst vor wenigen Tagen eine Charta für die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Filmindustrie. Die Charta soll auf allen großen internationalen Filmfestivals unterzeichnet werden und ein Zeichen setzen. Den Anstoß gab die Gleichbehandlungsinitiative Fifty Fifty.
Mehr zum Thema Cannes in der aktuellen KINO-Ausgabe:
10 Sieger der Goldenen Palme, die in Erinnerung geblieben sind
Das Filmfestival in Cannes ist das wichtigste im weltweiten Festivalzirkus. Der Hauptpreis dort gilt als Ritterschlag - ein Eintrag in die Geschichtsbücher des Kinos ist somit sicher: zehn denkwürdige Palmen-Gewinner.
Bild: picture alliance/kpa
2013: Blau ist eine warme Farbe
Vor fünf Jahren faszinierte Regisseur Abdellatif Kechiche, Franzose mit tunesischen Wurzeln, das Publikum in Cannes mit seiner fulminanten Liebesgeschichte "Blau ist eine warme Farbe". Dafür gab's am Ende des Festivals die Goldene Palme nicht nur für den besten Film, sondern auch für die beiden Hauptdarstellerinnen Léa Seydoux und Adèle Exarchopoulos - ein Novum in der Geschichte des Festivals.
Bild: picture-alliance/Alamode Film
2009: Das weiße Band
Als bisher letzter deutschsprachiger Regisseur gewann der Österreicher Michael Haneke die Goldene Palme - und das gleich zweimal. 2012 siegte er mit seiner berührenden Altersgeschichte "Liebe", nur drei Jahre zuvor hatte sich der gebürtige Münchner mit "Das weiße Band" in die Siegerlisten des Festivals eintragen können. Haneke hatte in Cannes zuvor bereits zwei bedeutende Preise gewonnen.
Bild: picture-alliance/dpa/Les Film du Losange
2007: 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage
Als erster rumänischer Regisseur erhielt Cristian Mungiu die Goldene Palme. Seine Geschichte um zwei junge Frauen in den letzten Jahren der kommunistischen Diktatur unter Nicolae Ceaușescu erschütterte das Publikum. Das Thema Abtreibung wird dabei so schonungslos und hautnah auf der Leinwand vorgeführt, dass man sich als Zuschauer kaum entziehen kann - ein grausames wie überzeugendes Meisterwerk.
Bild: Concorde
1995: Underground
Ebenso denkwürdig war der filmische Blick, den der bosnische Regisseur Emir Kusturica 1995 auf die Geschehnisse in seinem früheren Heimatland Jugoslawien warf. Der fast dreistündige Film "Underground" ist eine wüste wie witzige, phantastische wie realistische Geschichts-Groteske. Kusturica ließ sich 2005 serbisch-orthodox taufen und ist heute serbischer und französischer Staatsbürger.
Bild: picture alliance/United Archives
1993: Das Piano
Zwei Jahre zuvor hatte sich die Neuseeländerin Jane Campion die Goldene Palme abholen können. Ihr Drama um eine stumme Frau, die ihre schottische Heimat verlassen muss, weil ihr Vater einen Ehemann in Neuseeland für sie ausgesucht hat, rührte die Zuschauer. 1993 war ein starker Wettbewerbs-Jahrgang, auch der Chinese Chen Kaige bekam für "Lebewohl, meine Konkubine" eine Goldene Palme.
Bild: picture alliance/kpa
1984: Paris, Texas
Eine Dekade zuvor durfte sich mit Wim Wenders zum zweiten Mal ein Deutscher über den Hauptpreis des Festivals freuen. Volker Schlöndorff hatte 1979 in Cannes die Goldene Palme für "Die Blechtrommel" gewonnen. Wenders' in den USA gedrehter Film "Paris, Texas" war eine philosophische Verbeugung vor dem amerikanischen Kino und der wohl schönste Film mit Nastassja Kinski.
Bild: Imago/United Archives
1976: Taxi Driver
Mitte der 70er Jahre ging der Stern von Martin Scorsese auf. Mit seinem fünften Film "Taxi Driver" errang der später vielfach dekorierte Regisseur die Palme. Die Geschichte des vereinsamten New Yorker Taxifahrers Travis Bickle und dessen Bekanntschaft mit einer jungen Prostituierten wurde zu einem Kultfilm. Denkwürdig war auch die Leistung der beiden Darsteller Jodie Foster und Robert De Niro.
Bild: Ronald Grant Archive / Mary Evan
1967: Blow Up
Einen phantastischen Eindruck der Swinging Sixties in London verschaffte der italienische Regisseur Michelangelo Antonioni den Zuschauern. Auch "Blow Up" ist heute ein Kultfilm - die dort zu sehende Foto-Session des Fotografen Thomas (David Hemmings) und seines Models Veruschka von Lehndorff ging in die Kinogeschichte ein. Auch dafür gab's völlig zu Recht die Goldene Palme in Cannes.
Bild: picture-alliance/Keystone/Röhnert
1958: Die Kraniche ziehen
Als erster Regisseur aus dem Osten Europas konnte Michail Kalatosow eine Goldene Palme gewinnen. Der gebürtige Georgier gewann den Preis in Cannes für seinen für die Sowjetunion ins Rennen gegangenes Melodram "Die Kraniche ziehen". Der Film war auch Ausdruck für die kurze kulturelle Blüte des Kinos in der UdSSR nach dem Tod von Stalin im Jahre 1953.
Bild: picture-alliance/Everett Collection
1946: Rom, offene Stadt
Als das Filmfestival in Cannes 1946 zum ersten Mal stattfand, gab es die Goldene Palme noch nicht. Der Hauptpreis wurde mehrfach vergeben und hieß bis zum Jahr 1954 "Grand Prix du Festival International du Film". Wichtigster Preisträger unter den Siegerfilmen des ersten Cannes-Jahrgangs war das bittere wie überwältigende neorealistische Drama "Rom, offene Stadt" des Italieners Roberto Rossellini.