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KonflikteLibanon

Hisbollah feuert viele Raketen auf den Norden Israels

6. Januar 2024

Die Hisbollah-Miliz im Libanon hat als Reaktion auf die Tötung eines Hamas-Anführers den Norden Israels beschossen. In der Region bemühen sich westliche Spitzenpolitiker abermals um Entspannung.

Rauchschwaden künden von einem Artillerieangriff der Hisbollah auf eine israelische Militäranlage an der Grenze zum Libanon
Ein Artillerie-Angriff der Hisbollah auf eine israelische Militäranlage an der Grenze zum Libanon (Archivbild)Bild: AFP

Es seien 62 Raketen auf einen wichtigen Beobachtungsposten des israelischen Militärs abgefeuert worden, teilte die radikalislamische Organisation Hisbollah im Libanon mit. Dies sei eine "vorläufige Reaktion" auf die Tötung von Saleh al-Aruri gewesen. Der Vize-Chef der militant-islamistischen Palästinenserorganisation Hamas war zusammen mit sechs weiteren Hamas-Aktivisten am Dienstag bei einem Drohnenangriff auf ein Haus in der libanesischen Hauptstadt Beirut getötet worden. Al-Aruri galt als wichtiger Militärstratege der Hamas. Israel macht ihn für die Planung zahlreicher Anschläge verantwortlich. Die Hamas wird von Israel, Deutschland, der EU, den USA und anderen Staaten als Terrororganisation gelistet.

Das israelische Militär sprach von einer Raketenattacke vom Libanon aus auf das Gebiet Meron. Es seien etwa 40 Abschüsse ausgemacht worden. Man habe darauf mit Angriffen auf eine "Terrorzelle" reagiert, die an dem Beschuss beteiligt gewesen sei. In Städten und Dörfern in Nordisrael ertönte Luftalarm, später auch in den von Israel besetzten Golan-Höhen. Berichte über mögliche Opfer oder Schäden gab es zunächst nicht.

Israelische Artillerie feuert Anfang Januar 2024 in Richtung Libanon Bild: Jalaa Marey/AFP

Unifil ruft zweithöchste Alarmstufe aus

Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, auch das christliche Dorf Rmesch im Südlibanon sei von Israel aus heftig beschossen worden. Kampfflugzeuge würden zudem die Orte Hula und Jarun attackieren. Die UN-Beobachtermission Unifil habe die zweithöchste Alarmstufe ausgerufen. Soldaten der sogenannten Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon, die seit 1978 das Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon überwacht, seien angewiesen worden, Schutzwesten und Helme zu tragen sowie in der Nähe von Bunkern zu bleiben.

Hisbollah-Anhänger verfolgen am Freitag eine Rede ihres Anführers Hassan NasrallahBild: Mohamed Azakir/REUTERS

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hatte am Freitag vor Folgen für den Libanon gewarnt, sollte seine Miliz nicht auf die Tötung al-Aruris reagieren. Angesichts eines derartigen Vorfalles könne die Hisbollah nicht schweigen. Israel hat eine Beteiligung am gewaltsamen Tod des führenden Hamas-Mitglieds weder bestätigt noch dementiert. Die pro-iranische schiitische Hisbollah wird von Israel, Deutschland, den USA und mehreren sunnitischen arabischen Staaten als Terrororganisation geführt.

Die Hisbollah hat sich mit der Hamas solidarisch erklärt, die bis vor kurzem den Gazastreifen beherrscht hat. Beide militante und Israel-feindliche Organisationen gehören der vom Iran unterstützen regionalen Allianz "Achse des Widerstandes" an. Ihr haben sich unter anderem auch die Huthi-Rebellen im Jemen angeschlossen, die nach westlichen Erkenntnissen ebenfalls vom Iran unterstützt werden.

Fast täglich Schusswechsel

Im Grenzgebiet zwischen dem Südlibanon und dem Norden Israels kommt es seit dem groß angelegten Überfall der Hamas und anderer palästinensischer Extremisten auf Israel am 7. Oktober immer wieder zu Scharmützeln zwischen der Hisbollah und dem israelischen Militär. Zudem ist die Lage im Westjordanland äußerst angespannt, wo bei Razzien des israelischen Militärs mehrfach Palästinenser getötet wurden.

Israel fordert für die Sicherheit seiner Bürger im Norden des Landes, dass sich die Hisbollah-Miliz von der Grenze zurückzieht. Die Regierung drohte zugleich, dass sie dafür notfalls auch militärische Mittel einsetzen könnte, falls diplomatische Bemühungen nicht zum Erfolg führen sollten. Seit dem Beginn der Kämpfe mussten schon mehr als 76.000 Menschen ihre Häuser im Südlibanon nahe der Grenze verlassen, auf israelischer Seite wurden mehr als 80.000 Israelis aus ihren Heimatorten im Grenzgebiet evakuiert.

Blinken und Borrell sondieren die Lage

Seit Freitag sind US-Außenminister Antony Blinken und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell unterwegs, um die Lage vor Ort zu sondieren. Ziel beider Politiker ist es, sich um Deeskalation zu bemühen.

Borrell warnte bei einem Besuch in Beirut eindringlich vor einer regionalen Ausweitung des Israel-Hamas-Krieges. "Es ist zwingend, eine regionale Eskalation im Nahen Osten zu vermeiden", sagte er bei einer Pressekonferenz mit seinem libanesischen Kollegen Abdallah Bou Habib. Zudem sei es "absolut notwendig zu vermeiden, dass der Libanon in einen regionalen Konflikt gezogen wird". Explizit mit Blick auf Israel fügte Borrell hinzu: "Niemand wird als Gewinner aus einem regionalen Konflikt hervorgehen."

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell (l.) mit dem libanesischen Außenminister Abdallah Bou Habib in BeirutBild: Anwar Amro/AFP

Blinken wollte in Jordanien, Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien sowie in Israel, dem Westjordanland und Ägypten Station machen. Zuvor führte er in der Türkei und in Griechenland politische Gespräche über die Lage in Nahost.

US-Außenminister Antony Blinken spricht in Istanbul mit seinem türkischen Kollegen Hakan Fidan Bild: Evelyn Hockstein/AP/picture alliance

Bei seinen Stopps wolle Blinken konkrete Schritte diskutieren, wie Akteure in der Region ihren Einfluss geltend machen könnten, um eine Eskalation des Israel-Hamas-Krieges zu vermeiden, sagte sein Sprecher. Auch wollten die USA erreichen, dass mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen kommt und die restlichen Geiseln aus den Händen der Hamas freikommen. Am Sonntag will Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nach Israel fliegen.

kle/sti/ack/gri/pg/fab (rtr, afp, dpa)

Redaktionsschluss 20.45 MEZ. Dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.