Ideologisches Bindeglied
25. Mai 2009Wenn man israelische Regierungserklärungen verfolgt, dann könnte man meinen, dass hinter den meisten Problemen des Landes eine gezielte Politik des Iran steht, der Israel über seine Stellvertreter in der Region - Hamas und Hisbollah - unter Druck zu setzen versucht. Tatsächlich geht die Unterstützung Teherans für beide Organisationen weit über regelmäßige Solidaritätsbekundungen hinaus, aber es wäre doch falsch, Hamas und Hisbollah gleichzusetzen
Während die palästinensische Hamas aus der sunnitischen Moslembruderschaft Ägyptens hervorgegangen ist, handelt es sich bei Hisbollah (der "Partei Gottes") um eine schiitische Bewegung, die ihre Stärke daraus ableitet, dass die Schiiten mit rund 30 Prozent der libanesischen Bevölkerung die größte muslimische Gruppe dort darstellen.
Geburtsstunde der Hisbollah
Politisch hatten die Schiiten lange keine Rolle gespielt. Erst Ende der 1960er-Jahre begannen die Schiiten sich zu organisieren. Der aus dem Iran entsandte Mufti Moussa a-Sadr gründete 1974 die Amal-Miliz ("Hoffnung"), aus der schrittweise eine politische Partei wurde, mit der die Schiiten aber immer unzufriedener wurden.
Als Israel im Juni 1982 im Libanon einmarschierte, war die Geburtsstunde von Hisbollah gekommen: Auf Betreiben des Iran wurde eine neue Miliz gegründet, die bei Baalbek in der Beqa-Ebene Ausbildungslager aufbaute und die vom Iran auf dem Weg über Syrien großzügig mit Waffen und Geld unterstützt wurde. Eine lange Kette blutiger Anschläge auf US-amerikanische, französische und vor allem israelische Truppen im Libanon begründete den Anspruch von Hisbollah, die einzig wirklich ernst zu nehmende Widerstandsbewegung im Libanon zu sein. Gleichzeitig aber predigt Hisbollah auch die "Befreiung Jerusalems" - also die Zerstörung Israels.
Ideologisches Bindeglied
Dies ist das ideologische Bindeglied zwischen Hisbollah und Hamas. Direkte Kontakte gab es erst, als Israel 1992 über 400 Hamas-Aktivisten aus dem Gazastreifen in den Libanon deportierte. Die Gruppe - unter ihnen der spätere harte Kern der Hamas-Führung - kampierte auf einem Berg im Südlibanon und bekam bald Besuch von Emissären der Hisbollah, von denen sie lernten, wie man aktiver gegen Israel vorgehen könnte. Rezepte, die sie nach ihrer Rückkehr in den Gazastreifen anzuwenden begannen.
Das Bündnis zwischen Hisbollah und Hamas datiert aus jeden Tagen. Aber es ist ein Zweckbündnis, das jeder der beiden Seiten für ihre eigenen Zwecke dienlich ist. Sonst verbindet beide nicht viel. Zumal gerade unter sunnitischen und schiitischen Islamisten eher Abneigung und Hass als Zuneigung und Verbrüderung angesagt sind. Die sunnitischen Moslembrüder zum Beispiel betrachten die Schiiten insgesamt als Abtrünnige vom wahren Glauben und das lässt nicht mehr als eine zweckgebundene Allianz zu.
Kein Angriff auf Israel
Auch aus einem anderen Grund dürfte Hamas kaum damit rechnen können, dass Hisbollah in Solidarität eine zweite Front gegenüber Israel eröffnet: Hisbollah ist es nach jahrelangem innerlibanesischem Streit gelungen, wieder Einzug zu halten in die Beiruter Regierungskoalition und diese Regierung fühlt sich an die Abkommen gebunden, die 2006 den letzten Libanonkrieg beendeten. Darin heißt es unter anderem, dass keine Angriffe mehr auf Israel durchgeführt werden dürfen. Beteuerungen der Regierung, Hisbollah sei nicht der Urheber des Beschusses vom Donnerstag, sind deswegen glaubwürdig. Aber es gibt noch genügend andere - vor allem palästinensische - Gruppen im Libanon, denen eine neue Konfrontation mit Israel vielleicht gelegen käme.