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Historiker Wolfgang Leonhard ist tot

Heike Mund17. August 2014

Er blieb ein wichtiger Zeitzeuge: zusammen mit der "Gruppe Ulbricht" war Wolfgang Leonhard beim Aufbau des Nachkriegs-Deutschland im Osten dabei. Im Alter von 93 Jahren ist der Historiker jetzt gestorben.

Wolfgang Leonhard
Bild: picture alliance/akg-images

Am Sonntagmorgen ist der Historiker und Russlandexperte Wolfgang Leonhard gestorben, im Alter von 93 Jahren. Leonhard war einer der letzten überlebenden Zeitzeugen aus dem innersten Führungszirkel der deutschen Kommunisten nach dem Krieg, die in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) die ersten Verwaltungsstrukturen im Osten Deutschlands aufbauten. Als damals überzeugter Kommunist bereitete er an führender Stelle die Gründung der DDR im Jahr 1949 vor, die Antwort der sowjetischen Besatzungsbehörden auf die Gründung der westlich orientierten BRD.

Sein eigentlicher Name ist Wladimir Leonhard. Geboren wurde er am 16. April 1921 in Wien. Seine Mutter, die Lyrikerin Susanne Leonhard, gab ihm den Vornamen aus politischer Schwärmerei für die Sowjetunion. Sie war eine enge Freundin von Rosa Luxemburg. 1925 trat sie aus der KPD aus, floh mit ihrem Sohn nach Moskau - und wurde als "kommunistische Abweichlerin" in ein sowjetisches Straflager in Sibirien verbannt. Ihr Sohn Leonhard bekam eine strenge Ausbildung an der Komintern-Schule und wurde dort für spätere Führungsaufgaben innerhalb der Kommunistischen Partei vorbereitet. Zusammen mit der "Gruppe Ulbricht" (Ulbricht: "Es muss alles demokratisch aussehen…") schickte man ihn 1945 als Polit-Kommissar ins zerstörte Nachkriegs-Deutschland. Die Zwangsvereinigung von KPD und SPD in der SBZ gab ihm den Anstoß, 1950 siedelt er dann in den Westen über.

Leonhardt war später in Deutschland ein vielgefragter Gesprächs-Teilnehmer bei historischen Themenrunden. Nach seinem Bruch mit der SED und der Führung der KPdSU in der Sowjetunion wurde er im Westen zu einem harten Kritiker des kommunistischen Systems. Auch als Buchautor ist Wolfgang Leonhard vielen bekannt: sein berühmtes Erinnerungsbuch "Die Revolution entlässt ihre Kinder" war in den 70er Jahren Kult. Der Bestseller wurde in viele Sprachen weltweit übersetzt. Der ehemals überzeugte Kommunist schildert darin seine Erfahrungen mit den innersten Führungszirkeln der deutschen Nachkriegs-Kommunisten und seine Konfrontation mit der SED, der Sozialistischen Einheitspartei der späteren DDR. Später machte er sich als Russland-Spezialist einen Namen.

Sein erfolgreichstes Buch: politische Erinnerungen aus dem Führungszirkel der Kommunistischen Partei (1955/Neuauflage:

Er verbrachte den größten Teil seines Lebens in Deutschland in der Eifel - umgeben von mehr als 6000 Büchern über die UdSSR, die DDR und die deutsch-deutsche Nachkriegszeit, seinem Spezialgebiet auch als Wissenschaftler. 21 Jahre lang war er als Professor für Geschichte an der Elite-Universität Yale (USA).

hm/det (dpa/Munzinger)

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