Nach jahrzehntelangem Streit einigt sich der deutsche Staat mit dem Adelsgeschlecht Haus Hohenzollern. Tausende Kunstwerke bleiben öffentlich – ein Schlussstrich unter ein fast 100 Jahre altes Kapitel.
Es war einmal ein Kaiser: Die preußische Königskrone von 1889 auf Burg Hohenzollern Bild: Patrick Seeger/dpa/picture alliance
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Es sieht aus wie ein Schlussstrich - und ist wohl auch einer. In Deutschland geht ein bald hundert Jahre währender Streit zu Ende. Ein historischer Moment, denn damit klären sich die Besitzverhältnisse tausender Kunstwerke.
Das Haus Hohenzollern - ein deutsches Adelsgeschlecht, dem auch der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II angehörte - hatte über Jahrzehnte Ansprüche auf diverse Objekte in deutschen Museen gestellt. Auch forderten die Hohenzollern Entschädigungen für enteignete Schlösser und Inventar in Millionenhöhe.
Das Ganze ging vor Gericht - bis Georg Friedrich Prinz von Preußen, Ururenkel des letzten deutschen Kaisers, 2023 schließlich die Strategie des Adelshauses änderte: Er zog die Entschädigungsklagen zurück und machte damit den Weg frei für außergerichtliche Verhandlungen. Die Gespräche begannen im Herbst 2024. Das Ergebnis ist die jetzt erzielte Einigung.
Kämpfte jahrzehntelang um die Besitztümer des Adelshauses Hohenzollern: Georg Friedrich Prinz von Preußen, Ururenkel des letzten deutschen KaisersBild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger
Kunstwerke bleiben in Museen
Schon im Mai hatten der neue deutsche Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (CDU) und Georg Friedrich Prinz von Preußen den Durchbruch verkündet: Der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg hatten sich mit dem einstigen Herrscherhaus Hohenzollern auf die Einrichtung der gemeinnützigen "Stiftung Hohenzollernscher Kunstbesitz" verständigt. Sie soll die vom Haus Hohenzollern zurückgeforderten Kunst- und Kulturobjekte verwalten. Nachdem nun auch die Aufsichtsgremien der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des Deutsches Historischen Museums zugestimmt haben, ist die Einigung unter Dach und Fach.
Einigung im Streit zwischen Staat und Kaisererben: Georg Friedrich Prinz von Preußen (l), Berlins Kulturstaatssekretärin Sarah Wedl-Wilson und Kulturstaatsminister Wolfram Weimer verkünden den Durchbruch im Schloss SanssouciBild: Michael Bahlo/dpa/picture alliance
Großer Gewinner sei die Öffentlichkeit, so Kulturstaatsminister Weimer in Berlin. Sie kann die Bestände weiterhin in Museen sehen, darunter rund 3.000 Objekte in den Sammlungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des Deutschen Historischen Museums. Die neue Stiftung verwaltet auch das Inventar - Möbel, Geschirr und Gemälde - aus gut 70 Schlössern, Villen und weiteren Liegenschaften in Berlin und Potsdam, die bis 1945 im Eigentum oder in Nutzung der Hohenzollernfamilie waren. Schließlich geht es um Gegenstände aus dem Besitz der Familie, die schon 1918, nach dem Ende der Monarchie, beschlagnahmt wurden.
#DailyDrone: Burg Hohenzollern
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Die Enteignung der "Junker"
Rückblick: Im Zweiten Weltkrieg,den Deutschland verlor, hatten sowjetische Truppen die ehemals deutschen Gebiete östlich der Elbe erobert - und damit das Gros der Hohenzollernschen Besitztümer. Die Sowjetunion betrachtete die "Junker", den landbesitzenden Adel, als Klassenfeind und tragende Säule des Nazis-Systems und machte 1945 kurzen Prozess: In der sowjetischen Besatzungszone wurden sämtliche Adelshäuser entschädigungslos enteignet.
Vier Jahrzehnte später fiel die Mauer, Deutschland wurde wiedervereinigt. Mit einem Schlag lagen viele ehemalige Schlösser und Ländereien der Hohenzollern auf dem Boden der Bundesrepublik. Doch heißt es im Einigungsvertrag von 1990: Die Bodenreform von 1945 wird nicht rückgängig gemacht. So mussten die Hohenzollern ihre alten Immobilien im Osten abschreiben.
Gut 30 Jahre später forderten die Erben des letzten Monarchen vom deutschen Staat eine Millionenentschädigung und die Restitution von Kulturgütern - vergeblich. Die Gerichte sollten entscheiden.
Welche Rolle spielte das Haus Hohenzollern vor und während der Nazizeit? Das Bild zeigt Adolf Hitler bei einem Wahlkampfauftritt 1932Bild: akg-images/picture-alliance
Den Nazis "Vorschub geleistet"?
In dem Entschädigungsstreit spielte diese Frage eine zentrale Rolle: Hatten Vertreter des Hauses Hohenzollern gemeinsame Sache mit den Nationalsozialisten gemacht, die Deutschland zwischen 1933 und 1945 beherrschten? Konkret: Hatten die Erben des 1918 abgedankten letzten Deutschen Kaisers Wilhelm II. dem Nationalsozialismus "erheblich Vorschub" geleistet?
Und welche Rolle spielte dabei der Sohn des letzten Monarchen und Ex-Kronprinz Wilhelm von Preußen zwischen den Weltkriegen? Verhalf er den Nazis an die Macht, um die Monarchie wieder zu errichten? Das sogenannte "Ausgleichsleistungsgesetz" von 1994regelt die Entschädigung von 1945 im Osten enteigneten Grundbesitzern und besagt: Wer Hitler und den Nazis "erheblichen Vorschub" leistete, hat kein Recht auf Wiedergutmachung.
Ein Gemälde des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., gemalt von Philip de László im Jahr 1911Bild: Ralf Hirschberger/dpa/picture alliance
Tatsächlich belegen historische Dokumente die Nähe Wilhelms zu Hitler. Fotos und Filme zeigen den Ex-Kronprinzen mit Hitler und anderen Naziführern. Die Hoffnung Wilhelms jedoch, die Nazis würden ihn zum neuen Kaiser krönen, zerschlug sich. Historiker debattieren bis heute kontrovers über Wilhelms Rolle im Nazistaat.
Die Nähe Hitlers gesucht
In Biographien beschreiben die Historiker Lothar Machtan ("Der Kronprinz und die Nazis") und Stephan Malinowski ("Die Hohenzollern und die Nazis") den Kronprinzen als radikalen Anti-Demokraten, der Mussolini bewunderte und die Nähe Hitlers suchte. Sein erklärtes Ziel: der Kaiserthron. Malinowski und sein Kollege Peter Brandt kamen in einem Gutachten zu dem Schluss, Wilhelm von Preußen habe durch sein Verhalten der Errichtung und Festigung des nationalsozialistischen Regimes "erheblich Vorschub geleistet".
Hier verbrachte der letzte deutsche Kaiser sein Exil - im Haus Doorn in den NiederlandenBild: Daniela Posdnjakova/DW
Nachweislich rief der Ex-Kronprinz bei der Reichspräsidentenwahl 1932 zur Wahl Hitlers auf. Später brüstete er sich damit, ihm zwei Millionen Stimmen verschafft zu haben. Auch öffentlich demonstrierte Wilhelm den Schulterschluss mit den neuen Eliten. "Das symbolische Kapital der Hohenzollern war für die Nazis 1932/33 sehr wichtig", urteilte der Münsteraner Historiker Jacco Pekelder in einem Fernsehinterview, "auch wenn der Kronprinz dabei seine eigene Agenda hatte."
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Ausgang ohne Richterspruch
Große Zweifel daran meldeten die Herausgeber des 2021 erschienenen Sammelbandes "Die Hohenzollerndebatte" an. Der Historiker Frank-Lothar Kroll bescheinigte Wilhelm ein "eher randständiges Engagement" für die Nazis. Zwar habe er sich bei Hitler angebiedert, dessen totalitäre Ideologie aber nicht geteilt. Geschichtsprofessor Christian Hillgruber sah den Tatbestand des "erheblichen Vorschubs" ebenso wenig gegeben wie der Historiker Michael Wolffsohn.
Scharen von Anwälten, Politikern und Historikern befassten sich über Jahrzehnte mit den Rückgabe- und Entschädigungsansprüchen der Nachfahren Wilhelms von Preußen, des Ex-Kronprinzen des Deutschen Kaiserreichs. Das alles ist jetzt, mit der Einigung von Berlin, Geschichte.
Preußens Glanz und Gloria - die schönsten Schlösser in Brandenburg
Prunkvolle Schlösser repräsentieren bis heute im Nordosten Deutschlands die vergangene Macht Preußens. Neben ihrer Hauptresidenz Berlin ließ die Hohenzollern-Familie viele Prachtbauten in Brandenburg errichten.
Bild: picture-alliance/dpa
Schloss Sanssouci
Klein, aber fein: Schloss Sanssouci in Potsdam war nur der Sommersitz von Friedrich dem Großen, ist aber heute der Weltstar unter den Schlössern der preußischen Königsfamilie. Schloss Sanssouci - übersetzt "ohne Sorgen" - bezaubert durch seine malerische Lage und architektonische Raffinesse jedes Jahr hunderttausende Touristen.
Bild: picture-alliance/C. Wojtkowski
Neues Palais
Dieses gigantische Schloss befindet sich nur ein paar Schritte von Schloss Sanssouci entfernt. Trotz seiner Größe ist es längst nicht so bekannt wie das Lustschlösschen, auch wenn der Prunk der Innenräume jeden Besucher ins Staunen versetzt. Die große Anlage mit ihren Festsälen, Galerien und fürstlich eingerichteten Appartements diente einst der Repräsentation Preußens.
Bild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger
Schloss Charlottenhof
Der Kronprinz und spätere König Friedrich Wilhelm IV. bekam das Gutshaus 1825 von seinem Vater als Weihnachtsgeschenk und ließ es vom Architekten Karl Friedrich Schinkel und dem Gartengestalter Peter Joseph Lenné zu einem klassizistischen Schloss umgestalten. Wie auch die beiden anderen Schlösser befindet sich Charlottenhof im Park Sanssouci.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Kalaene
Schloss Babelsberg
Wenn man Schloss Babelsberg am Ufer der Havel betrachtet, fühlt man sich nach England versetzt. Das Schloss wurde in englischer Neugotik errichtet und diente dem Königs- und späteren Kaiserpaar Wilhelm I. und Augusta von Sachsen-Weimar als Sommerresidenz. In den 1860er und 1880er Jahren wurde Babelsberg zu einem der wichtigsten Orte des gesellschaftlichen und politischen Lebens Preußens.
Bild: picture-alliance/dpa/B. Settnik
Marmorpalais
Am Rande Potsdams liegt der Neue Garten, ein Landschaftspark nach englischem Vorbild, der tolle Ausblicke auf die Havelseen bietet. In dieser romantischen Landschaft liegt das Marmorpalais, eine Sommerresidenz von König Friedrich Wilhelm II.. Das mit schlesischem Marmor verkleidete Bauwerk ist das einzige frühklassizistische Königsschloss der Hohenzollern-Familie.
Bild: picture-alliance/dpa/B. Settnik
Schloss Cecilienhof
Schloss Cecilienhof, das sich ebenfalls im Neuen Garten befindet, ist der jüngste Bau der Hohenzollern im Stil eines englischen Landhauses. Nach dem Zweiten Weltkrieg, vom 17. Juli bis 2. August 1945, wurde hier Geschichte geschrieben. Denn in Cecilienhof trafen sich die Siegermächte. Die Potsdamer Konferenz gilt als Symbol für das Ende des Zweiten Weltkrieges und den Beginn des Kalten Krieges.
Bild: picture-alliance/Eventpress
Schloss Caputh
Schloss Caputh blickt auf eine 350-jährige Geschichte zurück. Das Lustschlösschen aus der Zeit des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg ist ein kunsthistorisches Juwel, das vom Glanz fürstlicher Wohnkultur um 1700 zeugt. Wo einst große Feste gefeiert wurden, entstand Mitte des 20. Jahrhunderts nach Verkauf des Gebäudes eine Berufsschule. Inzwischen ist Schloss Caputh ein Museum.
Friedrich Wilhelm I, bekannt als "Soldatenkönig" und Vater von Friedrich dem Großen, liebte Wusterhausen, südostlich von Berlin. Hier bereitete er sich auf seine Regierungszeit vor und verbrachte später mit seiner Familie im Herbst glückliche Tage. Er nutzte die Zeit, um seine Pflichten als Landesherr zu erfüllen und auf Jagd zu gehen.
Bild: picture-alliance/A. Franke
Schloss Paretz
Fernab der höfischen Etikette und dem Prunk der preußischen Residenzstadt Berlin verbrachte Königin Luise mit ihrem Gemahl Friedrich Wilhelm III. und den Kindern alljährlich die Sommermonate in der abgeschiedenen Havellandschaft in Paretz. Hier, 20 Kilometer von Potsdam entfernt, genossen sie nicht nur das Familienleben, sondern demonstrierten auch eine moderne Form des Landlebens.
Bild: picture-alliance/dpa/B. Settnik
Schloss Oranienburg
Um 1700 galt Schloss Oranienburg als das schönste unter den preußischen Residenzen. Seine Geschichte begann als Landsitz der Prinzessin von Oranien-Nassau, die dem Ort "Oranienburg" seinen Namen gab. Über die Jahrhunderte wurde das Schloss unterschiedlich genutzt und ausgebaut. Heute kann man im Schlossmuseum prachtvolle Kunstwerke wie königliches Prunksilber oder Elfenbeinmöbel bewundern.
Bild: picture-alliance/dpa/C. Soeder
Schloss Rheinsberg
Im Schloss Rheinsberg am Grienericksee verbrachte Friedrich der Große als Kronprinz seine glücklichsten Tage. Er mochte die Musik, die Künste und erschuf in Rheinsberg einen Musenhof. Den führte sein Bruder Prinz Heinrich glanzvoll fort. Von der Muse geküsst wurde hier auch Theodor Fontane, der in seinen "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" dem Schloss ein literarisches Denkmal setzte.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Schönherr
Zeugen einer vergangenen Epoche
Preußen bestand von 1701 bis 1918. Ein untergegangenes Reich, das vor allem für Gehorsam, Pflichterfüllung und Militarismus wie aber auch für Toleranz und Religionsfreiheit steht. Pickelhauben und Uniformen prägen unser Bild der damaligen Zeit. Es sind aber vor allem die Schlösser der Hohenzollern-Familie, die bis heute prunkvolle Zeugnisse des Königreichs Preußen sind.