Weite Teile Deutschlands stöhnen unter Temperaturen um 40 Grad Celsius. Und auch anderswo in Europa ist es vor allem heiß. DW-Mitarbeiter berichten, wie Menschen in China, Kamerun und Indien mit Hitze umgehen.
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Klimaanlagen in Zügen kapitulieren, Schienen verbiegen sich vor Hitze und sorgen für Chaos im Zugverkehr. An zwei Tagen in Folge fallen deutsche Allzeit-Temperaturrekorde. Ein Atomkraftwerk muss abgeschaltet werden, da das Kühlwasser zu warm wurde. Deutschland muss - bisher - nur wenige Tage im Jahr mit extrem heißen Temperaturen klarkommen. Die Auswirkungen sind dennoch deutlich spürbar. In anderen Regionen in der Welt müssen Menschen dagegen über einen längeren Zeitraum mit andauernd hohen Temperaturen umgehen.
Schwüle macht es anstrengend
In Shanghai ist vor allem die hohe Luftfeuchtigkeit ein Problem, sagt Li Shitao aus der China-Redaktion der Deutschen Welle. Juli und August seien die anstrengendsten Monate in der chinesischen Küstenmetropole. "Während der Sommerferien habe ich quasi jede Stunde geduscht", erinnert sich Li an seine Schulzeit.
Vor 30 Jahren, in seiner Kindheit, lebte er mit seiner Familie in einer kleinen Wohnung. Die Außenwand zeigte nach Westen, wodurch die Sonne das Apartment am Nachmittag und Abend extrem aufheizte. "Du lebst quasi in einem Ofen", beschreibt Li die Situation. Besonders eingebrannt hat sich ihm eine Kindheitserinnerung: Nachts wurde er wach, weil ihm sein Vater den Rücken mit einem nassen Handtuch abrieb, um ihn abzukühlen.
Noch in den 1980er-Jahren galt in Shanghai eine Hitzefrei-Regel: Wenn die Temperatur über 35 Grad Celsius stieg, mussten Kinder nicht zur Schule und Erwachsene nicht zur Arbeit gehen. "In der Bevölkerung kursierte die Verschwörungstheorie, dass der Wetterdienst die Vorhersage immer knapp unter der Schwelle gehalten hat." An den meisten Arbeitsplätzen gibt es inzwischen Klimaanlagen, die Regel wurde abgeschafft.
Mittlerweile können sich auch die meisten Menschen zu Hause eine Klimaanlage leisten; sie dauerhaft zu betreiben, sei wegen der Stromkosten eine andere Frage. Gerade ältere Menschen gehen in klimatisierte Shoppingcenter und verbringen dort den ganzen Tag, um die Kühle zu genießen, auch wenn sie keine Einkäufe zu erledigen haben, erzählt Li. Das Einrichtungshaus Ikea sah sich sogar gezwungen, Kunden davon abzuhalten, auf den ausgestellten Sofas und Betten zu schlafen.
"Beijing Bikini" vor dem Aus
Wem zu heiß ist, der könnte sich ein Beispiel an chinesischen Männern nehmen. Schon seit Jahrzehnten ist es für sie Usus, sich bei großer Hitze bauchfrei zu präsentieren. Einfach das T-Shirt hochrollen oder hochschieben und unter die Achseln klemmen - und schon umspielt eine sanfte Brise die Körpermitte. Ein ausladender Bauch dient dabei als ideale Ablagefläche für das Oberteil. Doch den Behörden ist der im Ausland als "Beijing Bikini" bekannte Modetrend ein Dorn im Auge: Wie die Washington Post berichtet, erteilen einige chinesische Städte inzwischen mündliche Verwarnungen und sogar Geldbußen für diesen als unschicklich angesehenen Dress.
Architektonische Ideen gegen die Hitze
Durch den Klimawandel erleben wir Jahr für Jahr neue Hitzerekorde, weltweit steigen die Temperaturen. Was können Stadtplanung und Architektur gegen die Ursachen der globalen Erwärmung ausrichten?
Bild: DW/K. Langer
Klimaanlagen sind das Problem
Nichts fühlt sich an einem heißen Tag besser an, als in einen klimatisierten Raum zu gehen. Die Internationale Energieagentur (IEA) zählt jedoch den Gebrauch von Klimaanlagen zu den wichtigsten Faktoren für den steigenden Strombedarf, er macht zehn Prozent des weltweiten Stromverbrauchs aus. Der benötigte Strom wiederum wird immer häufiger durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe gewonnen.
Bild: picture-alliance
"Geddes Plan" für Tel Aviv
Lange vor der Gründung Israels 1948 konsultierte die zionistische Kommission den schottischen Stadtplaner Patrick Geddes. Sie wollte schon 1925 wissen, wie sich die Auswirkungen des Wüstenklimas auf die Metropole Tel Aviv minimieren lassen. Die Straßen wurden in einem Raster gebaut, das die Brise vom Mittelmeer in die Stadt leitet. Bis heute profitiert Tel Aviv von den Maßnahmen.
Bild: JACK GUEZ/AFP/Getty Images
Bauhaus: Deutsches Design zum Abkühlen
Auch das vor 100 Jahren gegründete Bauhaus setzte damals klimafreundliche Ideen in Tel Aviv um. Mit seiner Vorliebe für weiße Flächdächer etwa, die Sonnenwärme reflektieren. Auch Solarzellen lassen sich einfacher auf Flachdächern installieren als auf anderen Gebäuden.
Bild: DW/I. Rottscheidt
Nigerias cooles Design
Der israelische Architekt Arieh Sharon baute in den 1960er Jahren die Obafemi Awolowo University in Nigeria und griff dafür auf Ideen des Bauhaus zurück. Er berücksichtigte bei seiner Planung der Awolowo Universität die Anlage von Gärten und Innenhöfen mit Bäumen, in denen sich der Wind bewegen konnte. Die Klassenzimmer sind immer sieben Grad kühler als die Außentemperatur.
Bild: Keren Kuenberg
Grüne Oasen stärken in Barcelona
"Superblöcke" heißt das Konzept in Barcelona. Einige Stadtviertel wurden von dem Jahr 2013 an radikal autofrei gemacht. Verkehr wird außenrum geleitet. Neun Wohnblöcke wurden zu einem sogenannten "Superblock" zusammengefasst. Nur Lieferanten und Anwohner dürfen in den Straßen fahren. Die Folge: weniger schädliche Abgase, mehr Ruhe, mehr Platz für Grünflächen.
Bild: picture-alliance/DUMONT Bildarchiv/F. Heuer
Vertikale Gärten in Paris
Kletter- und Rankpflanzen wie Efeu und wilden Wein wachsen hier die Fassade des Musée Quai Branly die Fassade hoch. Die Idee stammt von dem Franzosen Patrick Blanc. Der Botaniker schuf für das Pariser Museum eine 800 Quadratmeter große Pflanzenwand, das CaixaForum in Madrid bedeckte er mit einem sechs Stockwerke hohen Teppich aus rund 15.000 Pflanzen 250 verschiedener Arten.
Bild: picture alliance/dpa
Städte, die dem Klima trotzen
Bei steigenden Temperaturen gibt es größere Risiken, als ins Schwitzen zu kommen. Der Anstieg von Naturkatastrophen steht Forschern zufolge in direktem Zusammenhang mit dem Klimawandel. Als der Hurrikan Harvey 2017 auf Houston traf, profitierte die Stadt von der intelligenten Gestaltung ihres 64 Hektar großen Buffalo Bayou Parks, der als Überschwemmungsgebiet diente.
Bild: Photo by Jim Olive, courtesy of Buffalo Bayou Partnership
Klimaschutz im Nahen Osten
Der Städtebau in Teilen des Nahen Ostens bietet neue Möglichkeiten, die Auswirkungen des Klimawandels von Beginn an anzugehen. Neben dem Flughafen von Abu Dhabi wird derzeit eine ganze Vorstadt gebaut, die mit erneuerbaren Energien betrieben und netto emissionsfrei werden soll. Masdar City könnte die Blaupause für die Stadtgestaltung von morgen sein.
Bild: Masdar
Ein alter Entwurf aus dem Oman
Die Straßentemperatur im Stadtteil Masdar City in Abu Dhabi ist bis zu 20 Grad Celsius kälter als die Hitze in der umliegenden Wüste. Für eine frische Brise sorgt ein Windturm, der die kühlere Luft vom Himmel nach unten drückt. Diese Idee stammt aus der antiken Stadt Muscat im Oman, wo höhere Gebäude entworfen wurden, um Winde in enge Straßen zu leiten.
Bild: picture alliance/DUMONT Bildarchiv
Passives Design - ein Hingucker
Wer in naher Zukunft ein Haus bauen will, sollte passiv denken. Passives Design beinhaltet Funktionen, die Auswirkungen auf die Umwelt - und damit auf unser Leben - minimieren. Dazu gehören kleinere Fenster, Überdachungen, Platz für Solarmodule oder Dachgärten, wo der Regen das Gebäude abkühlt und gleichzeitig die Pflanzen nährt, die unsere CO2-Emissionen ausgleichen. Ein wahrer Hingucker!
Bild: Sam Oberter Photography
Schluss mit Beton?
Um den Klimabedürfnissen der Zukunft gerecht zu werden, müssen neue Baustoffe her. Problematisch ist vor allem der weit verbreitete Einsatz von Beton mit seinem riesigen CO2-Fußabdruck. Bestehende Betongebäude, etwa die brutalistischen Bauwerke aus den 1960er Jahren, sind jedoch große Wärmedämmer. Also gilt: Auf den Einsatz von Beton verzichten, aber die vorhandenen Betonbauten optimal nutzen.
Bild: DW/K. Langer
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Die vergangenen Tage erinnerten Ashutosh Pandey in Bonn an die Hitze in Indien. "Die warme Brise war genauso wie im Norden." Dennoch empfindet der Wirtschaftsredakteur den Sommer in Deutschland als angenehmer, weil zahlreiche Bäume Schatten spenden und es nicht so schwül ist.
Kaum Luft zum Atmen
Immer wieder gibt es Meldungen über Hitzetote in Indien - gerade im Norden um Neu-Delhi und im Bundesstaat Rajastan. Besonders tückisch ist der Loo-Wind, ein starker und trockener Westwind. Üblicherweise ist er 45 bis 50 Grad Celsius heiß. Besonders wichtig sei es dann, sein Gesicht und seinen Kopf mit einem Tuch zu verhüllen, erklärt Pandey. "Wenn einen der Loo ungeschützt erwischt, riskiert man einen Hitzschlag."
Im Mai und Juni ist es in Nordindien durchgehend heiß, das tägliche Leben geht aber trotzdem weiter. "Wir sind daran gewöhnt, während warmer Temperaturen zu arbeiten", sagt Pandey. Während der größten Hitze am Nachmittag versuchen die Menschen, nicht nach draußen zu gehen. Um nicht zu sehr ins Schwitzen zu geraten, helfen in jedem Raum Ventilatoren. Auch in Indien ist es ein verhältnismäßig neues Phänomen, dass nahezu jeder Haushalt eine Klimaanlage hat. Darunter ächzt wiederum das marode Stromnetz.
Erfrischungstipps
Als Erfrischung sind in Nordindien Gurken und Buttermilch beliebt, sagt Pandey. In Kamerun ist das Mittel der Wahl Obst wie Mangos oder Ananas, das fertig zubereitet am Straßenrand verkauft wird, wie Mariama Kouotou von der DW Akademie berichtet.
Wer nicht durch einen Dresscode eingeschränkt ist, versucht, luftige Kleidung anzuziehen: "Viele nehmen einen Regenschirm mit, den sie als Sonnenschirm nutzen." Der Spezial-Tipp in ihrer Familie: ein kühlendes Fußbad nehmen, wenn man nach Hause kommt.
In der Hitzeperiode von Dezember bis Februar versuchen alle, Besorgungen und Termine möglichst noch am Vormittag zu erledigen. "Die Menschen sind sehr früh unterwegs", erklärt Kouotou. Während ihres letzten Aufenthalts in der Hauptstadt Jaunde fing ihr Sportkurs um 6 Uhr morgens an, das Fitnessstudio war schon ab 4 Uhr geöffnet. In ihrer Schulzeit wurde beim Sportunterricht dagegen auf die Hitze kaum Rücksicht genommen, was bei den Schülern regelmäßig Nasenbluten verursacht habe.