Drei Bundesliga-Profis sind kürzlich mit der Diagnose Hodenkrebs konfrontiert worden. Union-Profi Timo Baumgartl hält engen Kontakt zu Dortmunds Sébastien Haller und freut sich auf ein Rasen-Duell im kommenden Jahr.
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Die beiden an Hodenkrebs erkrankten Fußballprofis Timo Baumgartl vom 1. FC Union Berlin und Sébastien Haller von Borussia Dortmund befinden sich im täglichen Austausch über ihre Krankheit.
"Wir schreiben viel. Er hat mir viele Fragen gestellt und ich versuche täglich, ihm zu helfen und ihn zu motivieren", sagte Baumgartl am Samstag beim TV-Sender Sky. Der Franzose Haller sei derzeit "in der Situation, in der ich vor zwei Monaten war, in der Chemotherapie", erklärte der 26-jährige Baumgartl.
Duell im April 2023 in Dortmund?
Schon jetzt freut sich der Union-Profi, der gerade wieder ins Training eingestiegen ist, auf ein Wiedersehen auf dem Platz. "Das wird ein direktes Duell und sicher auch ein emotionales", sagte der Abwehrspieler, der auf ein Aufeinandertreffen mit dem Stürmer in der Rückrunde setzt. Die Berliner treten im April 2023 in Dortmund an.
Haller wechselte Ende Juli für mehr als 30 Millionen Euro Ablösesumme von Ajax Amsterdam zum BVB. Kurz nach dem Wechsel wurde die Hodenkrebs-Diagnose bei Haller bekannt. Der Ivorer wurde operiert und muss wie zuletzt Baumgartl eine Chemotherapie machen. Haller wird dem BVB mehrere Monate fehlen.
"Es ist ein anderer Kampf, ganz anders als Fußball. Es geht ein Stück weit ums Leben, da wird Fußball nebensächlich, wenn man mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert ist", sagte Baumgartl zu seiner Situation und ergänzte: "Die ersten Tage waren schon geprägt von Emotionen, aber es ist schon schnell umgeschlagen. Es hilft nur eins: Positiv sein. Ich denke, das ist der richtige Weg."
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Gibt es einen Zusammenhang zwischen Leistungssport und Hodenkrebsrisiko?
Wie bei Haller und Baumgartl war bei Marco Russ von Eintracht Frankfurt 2015 sowie bei Marco Richter von Hertha BSC im Juni ein Hodentumor entdeckt worden. Der 24-Jährige war operiert worden, hatte aber keine Chemotherapie machen müssen. Er stand am Freitagabend bei der 0:1-Niederlage in Mönchengladbach erstmals wieder im Kader der Berliner.
Die jüngsten Hodenkrebs-Erkrankungen der drei Profis haben einige Verantwortliche in der Bundesliga wachgerüttelt. Die Spieler von Union Berlin waren beispielsweise kürzlich geschlossen bei einer Vorsorgeuntersuchung.
2018 sind Wissenschaftler der Frage nachgegangen, ob es einen Zusammenhang zwischen Leistungssport und dem Hodenkrebsrisiko gibt. Die Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift BMC Cancer, ließen jedoch keine eindeutigen Hinweise darauf erkennen.
Baumgartl: "Geht zur Vorsorge!"
Wichtig sei, dass das Thema enttabuisiert und darüber aufgeklärt werde, erklärte Russ gegenüber der Deutschen Presseagentur: "Ich finde es gut, dass Marco Richter und Timo Baumgartl damit offen und in der Öffentlichkeit umgehen, um den Leuten zu zeigen, dass es eine schlimme Krankheit ist, die aber gut zu behandeln ist", so Russ, der 2020 seine Profi-Karriere beendete: "Wenn man die Leute mit ins Boot nimmt, ist das etwas sehr Positives. Wir können auch mehr Leute erreichen als das der Ottonormalverbraucher kann."
Genau dies tut Abwehrspieler Baumgartl mit einer offensiven Spielweise: "Im Endeffekt achtet keine Sau darauf, ob man jetzt einen oder zwei Hoden hat. Teilweise ist es mit einem sogar angenehmer, zum Beispiel beim Fahrradfahren. Da liegt jetzt nur noch einer im Weg", so der Union-Profi im Interview mit dem Magazin 11Freunde und appelliert: "Liebe Männer: Tastet euch regelmäßig ab" Geht zur Vorsorge!"
Spitzensportler, die dem Krebs trotzten
Auch Spitzensportler sind nicht immun gegen Krebs. Einige Topstars machten trotz der niederschmetternden Diagnose weiter - und feierten sportliche Erfolge.
Bild: picture-alliance/AP Photo/S. Filippov
Lance Armstrong
1996 wird bei dem damals 25-jährigen US-Radrennfahrer Lance Armstrong Hodenkrebs diagnostiziert, der sich auch auf Gehirn, Lunge und seinen Bauchraum ausgebreitet hat. Die Ärzte machen Armstrong wenig Hoffnung. Dennoch gewinnt er von 1999 bis 2005 siebenmal in Folge die Tour de France. Nach jahrelangem Leugnen gesteht er 2013, gedopt gewesen zu sein. Alle seine Titel werden gestrichen.
Bild: picture-alliance/dpa/G. Breloer
Mario Lemieux
Mario Lemieux gilt als einer der besten Eishockeyspieler aller Zeiten. In 915 NHL-Saisonspielen erzielt er 1723 Punkte. Anfang 1993 wird bei ihm ein Hodgkin-Lymphom diagnostiziert. Nach einer zweimonatigen aggressiven Bestrahlungstherapie gegen den Lymphknotenkrebs kehrt Lemieux aufs Eis zurück. Gleich im ersten Spiel gelingen ihm ein Tor und ein Assist. Er spielt weitere acht NHL-Saisons.
Bild: picture-alliance/AP Photo/B. Kostroun
Edna Campbell
Edna Campbell ist eine gefeierte US-Basketballerin, als bei ihr Brustkrebs festgestellt wird. Sie spielt dennoch weiter - für die Sacramento Monarchs, drei weitere WNBA-Vereine und das US-Team - und wird zur Symbolfigur im Kampf gegen Brustkrebs. 2005 beendet Campbell ihre Karriere, wird Krankenschwester und gründet "Breathe and Stretch", ein Programm für Brustkrebs-Überlebende.
Bild: Getty Images/L. Blumenfeld
Jon Lester
2006 wird bei Baseball-Star Jon Lester, dem Pitcher der Boston Red Sox, ein anaplastisch-großzelliges Lymphom diagnostiziert. Lester unterzieht sich einer Chemotherapie gegen den Tumor. 2007 gibt er sein Comeback bei den Red Sox und gewinnt die World Series. Im Jahr darauf gelingt ihm das seltene Kunststück eines No-Hitters: In einem ganzen Spiel lässt er keinen gültigen Schlag des Gegners zu.
Bild: picture-alliance/Chicago Tribune/J. J. Kim
Matthew Wade
Bereits im Alter von 16 Jahren wird bei Cricketspieler Matthew Waade Hodenkrebs festgestellt. Nach zwei Chemotherapien gilt er als geheilt - und startet seine internationale Karriere. Der Linkshänder spielt bei zahlreichen Großereignissen für das Nationalteam Australiens.
Bild: Getty Images/B. Kanaris
Novlene Williams-Mills
Novlene Williams-Mills (l.) gewinnt bei Olympia 2012 Silber mit der 4x400-Meter-Staffel Jamaikas - obwohl ihr zuvor Brustkrebs diagnostiziert worden ist. Nach den Spielen in London unterzieht sie sich einer Mastektomie. Dabei wird vom Krebs betroffenes Brustgewebe entfernt. Auch danach feiert sie mit der jamaikanischen Staffel Erfolge: WM-Gold 2015 in Peking, olympisches Silber 2016 in Rio.
Bild: Getty Images/A. Hassenstein
Marco Russ
Ein Routine-Dopingtest führt dazu, dass bei Eintracht Frankfurts Verteidiger Marco Russ im Mai 2016 Hodenkrebs festgestellt wird. Nach seiner Krebsbehandlung kehrt Russ im Februar 2017 auf den Platz zurück: als Einwechselspieler im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Arminia Bielefeld (1:0). Im Mai 2018 wird Russ mit der Eintracht nach einem 3:1-Sieg gegen den FC Bayern Pokalsieger.
Bild: Getty Images/AFP/D. Roland
Antje Möldner-Schmidt
Bei 3000-Meter-Hindernisläuferin Antje Möldner-Schmidt wird 2010 Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert. Chemotherapie und Bestrahlung folgen. Bei den Deutschen Meisterschaften 2011 kehrt sie wieder in den Wettkampf zurück - und wird auf Anhieb Vierte. Bei den Europameisterschaften 2012 gewinnt sie Silber, 2014 EM-Gold. Im Januar 2020 erklärt Möldner-Schmidt ihren Rücktritt vom Leistungssport.
Bild: picture-alliance/dpa
Heiko Herrlich
Bei Ex-Nationalspieler Heiko Herrlich wird im Herbst 2000 ein bösartiger Hirntumor diagnostiziert. Nach erfolgreicher Strahlentherapie feiert er ein Jahr später sein Comeback. Doch der Stürmer, der in 257 Liga-Einsätzen für Leverkusen, Mönchengladbach und Dortmund 74 Tore erzielt, findet nie wieder zu seiner früheren Form zurück. 2004 hängt er seine Fußballschuhe an den Nagel und wird Trainer.
Bild: picture-alliance/dpa/M.Hangen
James Conner
Ende 2015 wird bei Football-Profi James Conner Lymphdrüsenkrebs festgestellt. Nach erfolgreicher Chemotherapie kann der Runningback ein halbes Jahr später seine Karriere fortsetzen. Derzeit spielt Conner in der NFL für die Pittsburgh Steelers.
Bild: picture-alliance/ZUMAPRESS/J. Pohuski
Benjamin Köhler
17 Jahre lang verdient Benjamin Köhler sein Geld als Fußballprofi, neun Jahre davon bei Eintracht Frankfurt. Nach seinem Wechsel zum 1. FC Union Berlin wird bei ihm Anfang 2015 Magenkrebs diagnostiziert. Nach einer Chemotherapie wird Köhler sechs Monate später für krebsfrei erklärt und spielt noch bis zum Karriereende 2017 Fußball. Heute betreibt Köhler in Berlin ein Eiscafé.
Bild: picture-alliance/dpa/Eibner-Pressefoto
Max Taylor
Innenverteidiger Max Taylor gilt als eines der hoffnungsvollsten Talente des englischen Fußball-Traditionsvereins Manchester United. Mit 18 Jahren unterschreibt er seinen ersten Profivertrag. Dann die Diagnose: Hodenkrebs. Taylor wird operiert und unterzieht sich einer Chemotherapie. Ein Jahr nach der Diagnose steigt er wieder ins Training ein.