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Katastrophe

Hoffnung auf Überlebende in Genua schwindet

16. August 2018

Zwischen Klötzen aus Beton suchen die Retter in Genua weiter nach Vermissten des verheerenden Brücken-Einsturzes. Die Regierung bringt Nothilfe für die Stadt auf den Weg und kündigt das Begräbnis der Toten an.

Italien Genua | Einsturz Autobahnbrücke Morandi | Rettungsarbeiten
Bild: Reuters/S. Rellandri

Am zweiten Tag nach dem verheerenden Brücken-Einsturz in Genua mit rund 40 Toten schwindet die Hoffnung, noch Überlebende zu finden. "Leider ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich unter den Trümmern weitere Opfer befinden, sehr hoch", sagte der italienische Innenminister und Vize-Regierungschef Matteo Salvini. 

Die italienische Polizei hat die Zahl der Toten auf 38 präzisiert, zuvor war von 39 und kurzzeitig sogar von 42 Toten die Rede gewesen. Für sie soll es am Samstag ein Begräbnis geben, erklärte Regierungschef Giuseppe Conte auf Facebook. Für den Tag soll auch eine Staatstrauer gelten. Unter den Opfern sind mindestens drei Minderjährige im Alter von 8, 12 und 13 Jahren. 15 Menschen sind der Präfektur zufolge verletzt, neun von ihnen befinden sich in einem kritischen Zustand. Wie viele Menschen noch vermisst werden, ist unklar.

Notstand in der Hafenstadt

Die Regierung hatte am Mittwoch den Notstand für die Hafenstadt verhängt und fünf Millionen Euro Nothilfe bereit gestellt. Das Dekret soll ermöglichen, "erste wichtige Maßnahmen zu treffen, um dem Ausnahmezustand zu begegnen", erklärte Conte. Dazu gehöre, schnellstmöglich die Sicherheit in der betroffenen Region der Stadt zu garantieren und Betroffenen zu helfen. Der Notstand soll zwölf Monate gelten und in diesem Zuge auch ein Sonderbeauftragter für den Wiederaufbau benannt werden. 

Trotz intensiver Suche werden immer noch Menschen unter den Trümmern vermisstBild: Reuters/S. Rellandini

Die Regierung gab indes dem Autobahnbetreiber die Schuld an dem Unglück vom Vortag. "Die Verantwortlichen haben einen Namen und einen Vornamen und es sind Autostrade per l'Italia", sagte Vize-Ministerpräsident Luigi di Maio im italienischen Radio. Die Brücke sei eingestürzt, weil Wartungsarbeiten nicht erfolgt seien. "Es war kein Schicksal, es war menschliches Versagen", sagte auch der Staatsanwalt von Genua, Francesco Cozzi.

Konzession für Autobahnbetreiber überprüfen

Verkehrs- und Infrastrukturminister Danilo Toninelli forderte die Führung von Autostrade per l'Italia zum Rücktritt auf. Außerdem prüfe die Regierung die Auflösung des Vertrags mit der Firma sowie die Forderung von Strafgeldern von bis zu 150 Millionen Euro, erklärte er im Netzwerk Facebook. Zunächst werde die Konzession für die A10 überprüft und später alle übrigen, teilte das Ministerium der Nachrichtenagentur AFP mit. Ministerpräsident Conte bestätigte, dass die Regierung die Auflösung des Vertrags überprüfe. Sein Stellvertreter di Maio drohte in einem Radiointerview, private Autobahnen zu verstaatlichen.

Autostrade per l'Italia wies die Vorwürfe zurück. Die Brücke sei vorschriftsmäßig "vierteljährlich" überprüft worden. Es seien zusätzliche Tests mittels hochspezieller Geräte erfolgt, erklärte die Unternehmensführung. Zudem seien in diesem Bereich weltweit anerkannte Institutionen beteiligt gewesen.

Nach dem Besuch am Unglückort steht für Regierungschef Conte (Mitte) fest: Er will die Infrastruktur im Land prüfen lassenBild: Reuters/M. Pinca

Ebenso wie Toninelli besuchte auch di Maio am Mittwoch den Unglücksort. Ministerpräsident Conte hatte am Dienstagabend bei einem Besuch des Schauplatzes eine Überprüfung der "gesamten Infrastruktur" im Land gefordert. An der Stabilität der Morandi-Brücke hatten Experten schon länger Zweifel geäußert.

Die vierspurige Morandi-Brücke im Westen von Genua war auf einer Strecke von mehr als 200 Metern eingestürzt, wie Luftaufnahmen zeigen. Etwa 35 Autos und drei Lastwagen stürzten 45 Meter in die Tiefe und wurden teils unter Betontrümmern begraben.

Die 1967 fertiggestellte Brücke überspannte dutzende Bahngleise sowie ein Gewerbegebiet mit Gebäuden und Fabriken. Zum Unglückszeitpunkt wurden Wartungsarbeiten an der Brücke vorgenommen, überdies gab es ein Unwetter.

Die Autobahnbrücke ist ein Teil der sogenannten Blumenautobahn A10, einer auch von zahlreichen Touristen genutzten wichtigen Verkehrsachse an der italienischen Riviera, die Genua mit Ventimiglia an der französischen Grenze verbindet.

Papst Franziskus drückte den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus. In seiner Predigt zu Mariä Himmelfahrt sprach er vor tausenden Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom von einer "Tragödie".

haz/jmw/ml (afp, dpa, rtr)

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