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Politik

Hoffnung für abgewiesene Kranke in China

13. Februar 2020

Inzwischen landesweit 65.000 Corona-Fälle - allein in Hubei kamen am Donnerstag 4800 Infektionen hinzu. Die Zahlen aus China klingen dramatisch. Sie sind das Ergebnis einer neuen Zählweise, die auch Hoffnung bedeutet.

China Wuhan provisorisches Krankenhaus
Bild: picture-alliance/dpa/XinHua/Xiong Qi

Neun Tage und drei Labortests brauchte Zhang Hongwen, bis sie endlich einen Platz im Krankenhaus für ihre Mutter bekam. Neun Tage, die sie in überfüllten Wartezimmern zwischen hustenden Patienten und deren Angehörigen verbracht hat. Manchmal waren bis zu 60 Menschen im Raum, der die Größe eines Klassenzimmers hatte, manchmal 30 oder 40. "Jeder benutzte dieselben Toiletten. Ich musste daran denken, wie leicht man sich hier anstecken kann", erinnert sie sich. "Ich fühlte mich hilflos und ich hatte Angst. Doch ich hatte keine Wahl. Meine Mutter war krank und ich musste mich um sie kümmern."

Lungenuntersuchung per Computertomographie Bild: picture-alliance/Xinhua News Agency

Ohne positives Testergebnis kein Krankenhausbett

Zhang, die eigentlich anders heißt, lebt in Wuhan, dem Epizentrum der Coronavirus-Epidemie. Ihre Mutter ist Ende siebzig. Ende Januar bekam sie Fieber und begann zu husten. Kurz zuvor hatte sie das chinesische Neujahr bei Verwandten gefeiert. "Dort waren viele junge Leute und Kinder, vielleicht hat sie es daher", vermutet Zhang. Einige der Gäste berichteten hinterher von Grippesymptomen, allerdings wurde keiner von ihnen auf das neuartige Virus getestet.

Die Gesundheit ihrer Mutter dagegen verschlechterte sich schnell. Zhang ging mit ihr ins Krankenhaus. Die Mutter wurde in den Computertomographen geschoben, Blutproben und Abstriche wurden genommen. Schnell war klar, dass sie alle Symptome der neuen Krankheit zeigte: Die Computertomographie zeigte die typischen milchigen Schleier auf der Lunge. Auch das Blutbild deutete auf die Viruserkrankung hin. Doch der Virentest war negativ. Sie wurden nach Hause geschickt. "Uns wurde gesagt, ohne positives Testergebnis könne das Krankenhaus sie nicht aufnehmen", sagt Zhang.

Warten auf neue Patienten - jetzt auch ohne positiven Virus-TestBild: picture-alliance/Photoshot/Xiao Yijiu

Ähnliche Berichte in sozialen Netzwerken

80 Prozent aller Fälle und 95 Prozent der Toten werden aus Wuhan und der Provinz Hubei gemeldet. Am Donnerstag stiegen die Zahlen nochmal sprunghaft an. In einer einzigen Nacht kamen fast 15.000 neue Infektionen in China hinzu, am Freitag waren es noch einmal knapp 5.000. Insgesamt gelten nun landesweit rund 65.000 Personen als infiziert. Der plötzliche Anstieg geht darauf zurück, dass nun auch Patienten erfasst werden, die zwar alle Symptome aufweisen, aber nicht positiv getestet wurden. Die können nun auf eine Betreuung im Krankenhaus hoffen oder zumindest darauf, auf eine Warteliste zu gelangen.

Wie viele solcher Fälle wie den von Zhangs Mutter es gab, lässt sich kaum abschätzen. In den vergangenen Tagen sind zahlreiche ähnliche Berichte in sozialen Netzwerken in China aufgetaucht. Die DW hat einige Verfasser kontaktiert. Sie wollten nicht zitiert werden, bestätigen aber, ähnliche Erfahrungen gemacht zu haben. Da ist eine junge Frau, die ihre Mutter nach mehreren Tagen endlich ins Krankenhaus bringen konnte und selbst in einer Quarantänestation für Verdachtsfälle untergekommen ist, und ein Mann, der seine Mutter nach mehreren Tagen wieder mit nach Hause genommen hat, nachdem der Test negativ ausfiel.

Virus-Test in Wuhan Bild: picture-alliance/AP/Chinatopix

Strenge Aufnahmekriterien aus Furcht vor Patientenansturm?

Genaue Angaben zur Fehlerquote der Tests existieren bisher nicht. Benjamin Cowling, Professor für Epidemiologie an der Universität Hongkong, sieht vor allem zwei mögliche Fehlerquellen: schlampig genommene Abstriche, die den Patienten aus Nase und Rachen genommen werden. Wenn nicht genug Spuren des Virus in der Probe sind, erkennt der Test sie möglicherweise nicht. Oder die Testkits beziehungsweise die Arbeit im Labor sind fehlerhaft.  Letzteres hält er aber eher für unwahrscheinlich. "Wir gehen davon aus, dass die Tests eine hohe Genauigkeit aufweisen", sagt Cowling. "Aber es sind nie einhundert Prozent."

Für das Krankenhaus, in dem Zhang vorstellig wurde, war der Fall jedenfalls klar. Nur Patienten, die sowohl die typischen Symptome als auch ein positives Testergebnis aufwiesen, hatten Anspruch auf ein Bett. "Der Arzt sagte uns klar und deutlich, dass die Symptome zweifelsfrei auf eine Infektion mit dem Corona-Virus hindeuteten", erinnert sich Zhang. "Aber ohne positives Testergebnis gäbe es für meine Mutter leider keinen Platz im Krankenhaus." Zhang vermutet Absicht hinter den strengen Aufnahmekriterien. Sie sollten die Infiziertenzahlen niedrig halten und überforderte Krankenhäuser vor einem Patientenansturm schützen, glaubt sie. Doch ihr blieb keine Wahl. Sie nahm ihre schwerkranke Mutter wieder mit nach Hause.

Stark nachgefragt: Fieberthermometer Bild: AFP

Zermürbende Erfahrung

Die alte Frau kam kaum mehr hoch, dennoch schleppte Zhang Hongwen ihre Mutter am nächsten Tag wieder ins Krankenhaus. Sie ließ ihre Mutter ein zweites Mal testen, wieder war das Ergebnis negativ. Zuhause desinfizierte sie jedes Mal sämtliche Räume. Alle Gegenstände, mit denen die Mutter in Berührung gekommen war, mussten weggeräumt und desinfiziert werden. "Hier ist alles durcheinander", sagt sie. Erst ein dritter Test brachte schließlich das erhoffte positive Ergebnis - nach neun Tagen. Ihre Mutter konnte endlich betreut werden, zwei Tage, bevor die Voraussetzung des Positiv-Tests abgeschafft wurde.

Erschöpft ging Zhang Hongwen nach Hause. Inzwischen hat sie selbst angefangen zu husten, ist bisher aber fieberfrei. Auch sie hat eine Probe für den Virentest abgegeben und wartet noch auf das Ergebnis, das jetzt nicht mehr allentscheidend ist. Solange sie keine weiteren Symptome zeigt, will sie zu Hause bleiben. "Aber wenn ich Fieber bekomme, versuche ich es wieder."

 

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