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Politik

Hoffnungen auf Freilassung zerschlagen sich

23. November 2016

Die türkische Schriftstellerin und Journalistin Asli Erdogan sollte gemeinsam mit der Wissenschaftlerin Necmiye Alpay frei kommen, berichteten türkische Medien. Ihr Anwalt dementiert wenig später.

Pressebilder PEN International - Asli Erdogan
Bild: PEN International

Ein türkisches Gericht hatte Fernsehberichten zufolge die Freilassung der seit mehr als drei Monaten inhaftierten türkischen Schriftstellerin Asli Erdogan (Artikelbild) angeordnet. Die Autorin sowie die Wissenschaftlerin Necmiye Alpay sollten auf freien Fuß kommen, berichteten türkische Fernsehsender.

Doch wenig später dementiert ihr Anwalt Erdal Dogan. Er sagte der Nachrichtenagentur AFP, das Gericht habe ihm bestätigt, seine Mandantin müsse weiterhin in Haft bleiben. Die Richter hätten zwar die Freilassung der 49-Jährigen in einem gegen sie laufenden Verfahren wegen mutmaßlicher Störung der staatlichen Einheit angeordnet, wegen eines anderen Anklagepunktes müsse sie aber in Haft bleiben. Dabei gehe es um die mutmaßliche Mitgliedschaft in einer verbotenen Terrororganisation. Dasselbe gelte für die ebenfalls inhaftierte 70-jährige Autorin und Übersetzerin Alpay. Zuvor hatte bereits die Zeitung "Cumhuriyet" gemeldet, dass die Ermittlungen wegen Terrorunterstützung weiter gingen.

Den beiden nach dem gescheiterten Putschversuch vom Juli festgenommenen Frauen droht nun statt der erhofften Freilassung 
womöglich lebenslange Haft.

Die Autorin war Mitte August im Rahmen einer Razzia gegen Unterstützer der pro-kurdischen Zeitung "Özgür Gündem" gemeinsam mit acht weiteren Verdächtigten festgenommen und wenig später verhaftet worden. Sie schrieb unter anderem Kolumnen für die per Notstandsdekret geschlossene "Özgür Gündem". Den Inhaftierten wird unter anderem Mitgliedschaft und Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Haft. 

Menschenrechtler kritisierten Festnahme

Asli Erdogans Festnahme wurde von Journalisten und Menschenrechtlern gleichermaßen kritisiert, so auch vom UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit, David Kaye. Der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, Alexander Skipis, entrollte vor gut einer Woche bei einer Protestaktion in Istanbul vor dem Frauengefängnis Bakirköy ein Banner zugunsten der Inhaftierten.

Die 1967 in Istanbul geborene Autorin ist auch international bekannt. Ihre Bücher wurden unter anderem im Züricher Unionsverlag publiziert. Erdogan hatte zunächst Informatik und Physik studiert und arbeitete von 1991 bis 1993 als Physikerin am europäischen Kernforschungszentrum Cern in Genf. Sie hat keine verwandtschaftlichen Verbindungen zum gleichnamigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die Autorin leidet an Asthma und Diabetes. Sie saß bis Mittwoch 97 Tage im Gefängnis.

150 Medienunternehmen wurden geschlossen

In den Monaten nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli hat die türkische Regierung mehr als 150 Medienunternehmen geschlossen. Manche von ihnen standen in Verbindung mit der Gülen-Bewegung, die von der Regierung in Ankara für den Putschversuch verantwortlich gemacht wurde. Viele weitere der still gelegten Medien sind pro-kurdisch eingestellt. Mehr als 100 Journalisten befinden sich in der Türkei derzeit in Haft.

mar/qu (afp, dpa)

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