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Politik

Hoffnungsvolle Skepsis vor dem innerkoreanischen Gipfel

26. April 2018

Nach Jahren der Sprachlosigkeit ruhen viele Erwartungen auf dem historischen Gipfeltreffen zwischen dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un.

Korea - Pro-Unification-Rallye
Bild: Reuters/J. Silva

Es ist erst das dritte Mal seit Kriegsende 1953, dass sich die verfeindeten Bruderstaaten an einen Tisch setzen. Knapp 3000 Journalisten aus 36 Ländern beobachten jede Geste, wägen jedes Wort ab, denn das Misstrauen gegenüber Nordkorea ist gewaltig und bis zuletzt ist völlig unklar, worüber beide Seiten überhaupt sprechen wollen – und können. Denn der Verhandlungsspielraum ist sehr begrenzt.

Südkorea wünscht sich einen dauerhaften Friedensvertrag statt des bisherigen Waffenstillstandsabkommens, den Abbau der nordkoreanischen Atomwaffen und nachhaltige innerkoreanische Beziehungen. Der Norden wünscht sich die Anerkennung als Atommacht, eine Abmilderung der Sanktionen und wirtschaftliche Hilfe.

Dass Südkorea seine zentralen Forderungen durchsetzen kann, sei eher unwahrscheinlich, meint Dong Joon Jo, Professor an der Abteilung für internationalen Beziehungen an der Nationaluniversität Seoul: "Vermutlich wird Nordkorea nicht bereits sein, mit dem Süden über seine Atomwaffen zu verhandeln. Selbst wenn die beiden über die Atomwaffen sprechen sollten, konkrete Vereinbarungen sind nicht zu erwarten." Denn den innerkoreanischen Gipfel sehen viele nur als Ouvertüre für den eigentlichen Showdown, wenn sich Ende Mai oder Anfang Juni Nordkoreas Machthaber Kim und US-Präsident Trump treffen.

Die Welt blickt auf Korea. Eindrücke aus dem Pressezentrum in Goyang, KoreaBild: DW/Kong Wing Yi

Allerdings erwartet Professor Jo auch von diesem Treffen keinen Durchbruch: "Das größte Zugeständnis, das Nordkorea möglicherweise machen wird, sind Inspektionen seiner Atomanlagen. Aber auf seine Atomwaffen wird Nordkorea nicht verzichten. Falls US-Präsident Trump Nordkorea tatsächlich als De-facto-Atommacht anerkennen würde, dann bestünde die Chance auf Zugeständnisse. Wenn nicht, dann gibt es keine Einigung."

Dialog statt Konfrontation

Präsident Moon kennt diese Vorbehalte vor allem aus dem konservativen Lager nur zu gut. Mit seiner dialogbereiten Politik stieß der ehemalige Menschenrechtsanwalt zunächst auf breite Ablehnung. Erst als der Norden die Olympischen Winterspielen in Pyeongchang für seine Charmeoffensive nutze und sogar ein Gipfeltreffen zwischen Kim und Trump möglich wurde, stiegen seine Zustimmungswerte in der Bevölkerung. Laut der jüngsten Umfrage des südkoreanischen Meinungsforschungsinstituts "Real Meter" weiß Präsident Moon inzwischen eine überwältigende Mehrheit hinter sich. Quer durch alle Bevölkerungsschichten und politischen Lager wünschen sich aktuell 78,7 Prozent der Befragten eine Einigung, die die Auseinandersetzungen mit dem Norden endlich beendet. Auch eine Befragung der DW unter Einwohnern Seouls zeigte eine zuversichtliche Stimmung: "Dialog ist immer gut. Ein persönliches Gespräch führt oft zu einem besseren Ergebnis. Deswegen, denke ich, ist der Gipfel gut", sagte eine ältere Dame der DW. Ein Mann in schwarzem T-Shirt sagte: "Es wir natürlich Zeit brauchen, bevor wir sehen, ob Nordkorea auf seine Atomwaffen verzichtet."

Politologe Dong Joon JoBild: DW/A. Freund

Als ehemaliger Flüchtling aus dem Norden wird Moon beim anstehenden Gipfeltreffen alles daran setzen, zunächst einmal wechselseitiges Vertrauen aufzubauen und, wenn möglich, einige konkrete Maßnahmen zu vereinbaren. Etwa ein Wiedersehen der seit dem Krieg getrennt lebenden Familien in Nord und Süd oder eine Wiedereröffnung der Sonderwirtschaftszone Kaesong, wo nordkoreanische Arbeiter in südkoreanischen Firmen gearbeitet haben, bis das Versöhnungsprojekt nach zahlreichen nordkoreanischen Provokationen von der konservativen Vorgängerregierung Südkoreas wieder geschlossen wurde.

Guter Zeitpunkt

Der liberal-demokratische Moon kennt die Bilanz der ersten beiden innerkoreanischen Treffen. Für das erste Treffen hatte der ebenfalls liberal-demokratische Präsident Kim Dae Jung zwar später den Friedensnobelpreis erhalten, erreicht hatte er aber wenig. Und auch nach dem zweiten Treffen 2007 gab es nur eine kurze Phase der Hoffnung auf eine schrittweise Annäherung. Als Nordkorea sein Atomprogramm massiv auszubauen begann und mit immer weiter reichenden Raketentests provozierte, riss der Gesprächsfaden vollends ab.

Der letzte Gipfel mit Südkoreas Präsident Roh Moo Hyun und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Il im Jahr 2007Bild: Getty Images/AFP

Aber die Rahmenbedingungen für das aktuelle Treffen sind günstig: Präsident Moon will die Annäherung. Er ist zu großen und kleinen Schritten bereit. Die verschäften Sanktionenen gegen Nordkorea zeigen Wirkung. Gleichzeitig kann Nordkoreas Machthaber aus einer Position der Stärke heraus nun seine nukleare Trumpfkarten bei den Verhandlungen einsetzen, so der Politikwissenschaftler Dong Joon Jo: "Für Nordkorea ist jetzt die richtige Zeit für Verhandlungen über eine wirtschaftliche Zusammenarbeit gekommen. Seine Sicherheit hat Nordkorea durch die Atomwaffen gefestigt, jetzt kann es sich auf seine wirtschaftliche Entwicklung kümmern und sich wieder an die Internationale Gemeinschaft annähern."