1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

"EU-Beitrittsgespräche endlich beginnen"

11. April 2022

Albaniens Premier Edi Rama will an diesem Montag in Berlin für eine schnellere EU-Erweiterung werben. Im DW-Interview erklärt der Vorsitzende des EU-Ausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, warum das notwendig ist.

DW Interview Anton Hofreiter
Anton Hofreiter, Vorsitzender des EU-Ausschusses im Deutschen BundestagBild: Anila Shuka/DW

DW: Herr Hofreiter, in der letzten Zeit waren mehrere albanische Politiker bei Ihnen und baten um Unterstützung Deutschlands für den Beginn der EU-Beitrittsgespräche mit Albanien und Nordmazedonien. Wie können Sie die Skeptiker in der EU überzeugen, ihre Blockadehaltung aufzugeben?

Anton Hofreiter: Wir müssen uns in diesen schwierigen Zeiten darum kümmern, dass die Europäische Union und ganz Europa stärker und stabiler werden. Dafür ist es wichtig, dass die Beitrittsperspektive für Albanien und Nordmazedonien sehr, sehr deutlich wird. Und deshalb möchte ich, dass der Beitrittsprozess endlich beginnt, dass die Gespräche entsprechend eröffnet werden. Ich habe eine große Hoffnung, dass dies nach den Wahlen in Frankreich möglich sein wird, und ich halte es einfach auch für notwendig. Ich habe auch den Eindruck, es wird durch viele Gespräche gelingen, in Europa die Einsicht wachsen zu lassen, dass die Westbalkan-Region und Europa stabiler und stärker werden, wenn wir Albanien und Nordmazedonien in die Europäische Union aufnehmen.

Im vergangenen Jahr scheiterte der Beginn der Beitrittsgespräche mit diesen Ländern nicht an Frankreich, sondern an Bulgarien und seinem Veto im Falle Nordmazedoniens. Vor kurzem hat Edi Rama, der Premierminister Albaniens, angekündigt, ein sogenanntes "decoupling", also die Entkoppelung des Beginns gemeinsamer Beitrittsgespräche zwischen der EU sowie Albanien und Nordmazedonien, zu beantragen. Wäre das möglich?

Möglich ist es. Die Frage ist, ob das Sinn macht. Als Albanien damals beim Beginn der Gespräche mit Montenegro abgekoppelt wurde, hat das nicht gut getan. In Bulgarien haben wir jetzt eine neue Regierung, und ich bin optimistisch, dass es dieser Regierung gelingen wird, das Veto aufzuheben.

Edi Rama, der Premierminister AlbaniensBild: DW

Was sind die Argumente, die jetzt dafür sprechen, den EU-Beitrittsprozess in der Westbalkan-Region zu beschleunigen?

Erstens spricht dafür die starke proeuropäische Stimmung, die in diesen Ländern herrscht. Es tut auch den Ländern selbst gut, wenn die Reformen weitergehen und die Integration in die Europäische Union näher rückt. Zweitens: Bei der Herausforderung für die Europäische Union, größer zu werden, mehr Länder aufzunehmen, haben Länder wie Albanien und Nordmazedonien viel zu bieten, von spannenden Menschen über eine tolle Region bis hin zu einem riesigen Potential, was zum Beispiel erneuerbare Energien angeht. Deshalb ist die EU-Erweiterung in der Westbalkan-Region eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.

Jetzt drängt auch die Ukraine in die EU. Ist es wahrscheinlich, dass die Ukraine oder ein anderes Land, das eher vom Krieg bedroht wird, vor den Ländern des Westbalkans, die den Kandidatenstatus haben, in die EU aufgenommen werden?

Das halte ich nicht für wahrscheinlich. Aber wir müssen uns angesichts des Vernichtungskrieges gegen die Ukraine auch ganz stark um dieses Land kümmern und dabei auch die Republik Moldau und Georgien nicht vergessen. Die Herausforderungen sind einfach riesig. Aber ich glaube, dass sie zu meistern sind, wenn die EU zusammensteht und sie nicht nur an ihre jetzigen Mitglieder denkt, sondern auch an andere europäische Staaten, und da gehören auch die Westbalkan-Länder ganz klar dazu.