1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hoher Erwartungsdruck

Peter Philipp19. März 2003

Die Ernennung von Abu Mazen zum palästinensischen Ministerpräsidenten war eine gute Entscheidung. Denn der Realpolitiker dürfte zu notwendigen Reformen bereit sein, kommentiert Peter Philipp.

Ihren eigenen Staat haben die Palästinenser nicht bekommen, seit sie 1993 in Oslo das Abkommen mit Israel schlossen, an das heute kaum noch jemand denkt. Sie erhielten aber eine Autonomie mit Ministern, ein Parlament und einen Präsidenten - Jassir Arafat.

Wie so vieles nur halb war und ist an diesem Konzept, so auch die Selbstverwaltung, die die Palästinenser da erlangt hatten. Mit Demokratie hat diese wenig gemein. Woher sollte die PLO dies auch gelernt haben? Sie ist groß geworden im Schoß nichtdemokratischer arabischer Regime und dem entspricht auch ihr bisheriger Regierungsstil: Korruption, Vetternwirtschaft und undurchsichtige Aktivitäten bestimmen das Bild.

Kritik an Arafat

Vor allem das Bild eines Mannes wird von diesen unschönen Elementen bestimmt - und dieser Vorwurf wird längst von den Palästinensern selbst erhoben: Gemeint ist der Ra'is selbst, Präsident Arafat. Dieser führt die Autonomie so, wie er jahrzehntelang die PLO geführt hat, und er scheint nicht zu verstehen, dass ein "Staat im Werden" einen anderen Führungsstil braucht als eine Freischärler-Organisation.

Arafat musste jetzt nachgeben: Zuerst musste er zustimmen, dass die Palästinenser einen Regierungschef bekommen, dann musste er – am Dienstag (18.3.2003) – grollend hinnehmen, dass er diesen Regierungschef nicht als Marionette dirigieren kann: Das palästinensische Parlament torpedierte den Versuch Arafats, sich selbst die Ernennung von Ministern vorzubehalten. Arafat wurde weitgehend auf eine repräsentative Rolle reduziert .

Ordnende Hand

Machmud Abbas Abbas oder "Abu Mazen", wie der 67-jährige Mitbegründer der "Fatah" genannt wird, der nun Regierungschef werden wird, soll Ordnung in die palästinensische Autonomieverwaltung bringen, soll vielleicht auch der Gewalt der Intifada ein Ende setzen und versuchen, mit Israel wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Selbst wenn in der Frage von Friedensverhandlungen Arafat weiter mitzureden haben wird.

Viel wird von Abu Mazen erwartet. Vielleicht zuviel. Denn das Verhältnis zwischen den Palästinensern und Israel ist durch die Intifada und die blutigen israelischen Gegenmaßnahmen nachhaltig gestört. Und es ist fraglich, ob der neue Ministerpräsident daran etwas ändern kann. Obwohl er immerhin in den letzten Monaten immer wieder einmal Gespräche selbst mit Israels Ariel Scharon führte. Nicht, weil dieser ihm sympathisch wäre, sondern weil er längst eingesehen hat, dass die Intifada den Palästinensern nur Schaden, Tod und Verderben bringt.

Machtabgabe Arafats

Jassir Arafat war und ist nicht in der Lage, den Karren aus dem Dreck zu holen, in den er ihn kräftig mit hineingesteuert hat. Scharon hatte ihn deswegen längst als "irrelevant" abgetan, aber auch Washington und schließlich auch die Europäer sind inzwischen zur Einsicht gelangt, dass mit Arafat kein Staat zu machen ist, auch kein palästinensischer. Und man bedrängte ihn seit langem, die Macht in die Hände eines anderen zu legen.

Dies wird sich nun sicher nicht unmittelbar auswirken, denn zwischen Israel und den Palästinensern sind Fortschritte vor einem Ende des Irakkrieges nicht zu erwarten. Aber die Ankündigung der amerikanischen "Straßenkarte" zum Frieden liegt bereits offen auf dem Tisch.

Reformbereiter Realpolitiker

Und Abu Mazen ist hierfür sicher eine gute Wahl. Er ist ein Vertrauter Arafats, genießt das Ansehen der Palästinenser, ist aber Realpolitiker und dürfte daran gehen, Dinge zu ändern, die - wenn sie so bleiben wie bisher - den palästinensischen Staat auf Dauer unmöglich machen würden.