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Hollande hat keine Wahl

Andreas Becker31. März 2014

Nach der Schlappe der Sozialisten bei den Kommunalwahlen hat sich der Druck auf Präsident François Hollande erhöht. Trotzdem ist es unwahrscheinlich, dass er seinen Reformkurs verlässt. Ganz im Gegenteil.

Frankreich Präsident Francois Hollande Fernsehansprache
Bild: Reuters

François Hollande ist nicht zu beneiden. Nur einen Tag nach dem verheerenden Abschneiden seiner Parti Socialiste gab es erneut schlechte Nachrichten, diesmal vom französischen Statistikamt Insee. Die Staatsverschuldung ist im vergangenen Jahr auf einen neuen Höchststand gewachsen - 93,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Auch das Haushaltsdefizit lag mit 4,3 Prozent höher als geplant.

Die Zahlen zeigen, dass die Reformen nicht weit genug gehen. Und die Wahlen zeigen, dass die regierenden Sozialisten wenig Rückhalt haben in der Bevölkerung. Für Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der Bank Ing-Diba, passen die unterschiedlichen Signale zusammen. "Die Menschen sind unzufrieden, weil es nur schwaches Wachstum und eine hohe Arbeitslosigkeit gibt", sagt er. "Aber ich denke, die Bevölkerung weiß noch gar nicht, was auf sie zukommt. Das Problem ist, dass es bisher kaum Strukturreformen gab."

Abschied von alten Lösungen

Reformen aber seien nötig, um die Schulden abzubauen und den Arbeitsmarkt zu beleben, so Brzeski. "Es geht den Franzosen so wie den Deutschen Anfang der 2000er-Jahre." Damals hat der sozialdemokratische Bundeskanzler Gerhard Schröder eine Reihe von Reformen umgesetzt, die unter dem Namen "Agenda 2010" bekannt wurden. Dazu gehörten eine Lockerung des Kündigungsschutzes und Kürzungen bei Arbeitslosengeld, Krankenversicherung und Rente.

Hollande im Kampfmodus

01:46

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Daran werde auch in Frankreich kein Weg vorbeiführen, glaubt Brzeski. "Frankreich muss sich lösen von der alten Vorstellung, dass Hilfe von außen kommt." Früher habe das Land seine Konjunktur entweder über eine Abwertung des Franc oder durch staatliche Ausgabenprogramme belebt, die über Schulden finanziert wurden. Beides sei nun nicht mehr möglich. "Die Franzosen stehen also vor der schwierigen Aufgabe, jetzt selbst Reformen angehen zu müssen."

Immerhin habe die französische Regierung vor einigen Monaten begonnen, den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren und die Belastungen für Unternehmen zu senken, sagt Claire Demesmay von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin. "Dabei wurden die Gewerkschaften mit einbezogen, es ist nicht zu großen Streiks gekommen", so Demesmay. "Das ist zwar keine 'Agenda 2010', aber es ist ein erster Schritt."

"Pakt für Verantwortung"

Ein Schritt, der vielen Franzosen Angst macht. Der "Pakt für Verantwortung", wie das Reformpaket in Frankreich heißt, hat dasselbe Ziel wie die deutschen Reformen: den Abbau von teuren Sozialleistungen und Arbeitnehmerrechten. Der linke Flügel der Sozialistischen Partei würde diesen Kurs am liebsten sofort beenden, doch auch nach der Wahlschlappe wird sich Präsident Hollande darauf nicht einlassen. "Das ist illusorisch, schon weil die Finanzmärkte und auch die europäischen Partner sehr aufmerksam beobachten, was die französische Regierung macht", so Demesmay.

Seine Reformen kosteten Kanzler Schröder das AmtBild: picture-alliance/dpa

Die Machtfülle eines französischen Präsidenten ist zwar größer als die eines deutschen Bundeskanzlers, doch auch seine Gegner sind mächtiger. "Die Gewerkschaften in Frankreich sind weniger integrativ, sie betreiben eine Kultur der Konfrontation", so Demesmay. "Bisher hat sich Hollande für eine Politik der kleinen Schritte entschieden, um seine Parteikollegen und die Bevölkerung zu schonen. Ich weiß nicht, ob er das nach dieser Wahlniederlage noch lange machen kann."

Kein Weg zurück?

Hollande müsse jetzt deutlicher als bisher vermitteln, was auf dem Spiel steht und wie er die Probleme lösen will, glaubt Demesmay. Ähnlich äußerte sich am Montag geschasste Premierminister Jean-Marc Ayrault nach der Wahl. Die Regierung habe "nicht klar genug gesagt, wie schwierig die Lage des Landes ist", so Ayrault. Bei den Reformen werde es jedoch keine Kurswende geben, lediglich stärkere Akzente für die sozial Schwächsten. Neuer Premierminister wird Manuel Valls. Der bisherige Innenminister zählt zum rechten Parteiflügel der Sozialisten.

Eine Kabinettsumbildung werde am Reformkurs nichts ändern, glaubt Carsten Brzeski von der Bank Ing-Diba. "Für Hollande gibt es keine andere Wahl, als diesen Kurs durchzuziehen. Er kann nur hoffen, dass die ersten positiven Zeichen eines neuen Aufschwungs in Frankreich gerade rechtzeitig zum nächsten Präsidentschaftswahlkampf kommen."

Für den deutschen Reformkanzler Schröder kam der Aufschwung seinerzeit zu spät. Nachdem seine Regierung die Reformen der Agenda 2010 durchgesetzt hatte, verloren er und seine Sozialdemokraten den Zuspruch der Bevölkerung. Bei den vorgezogenen Neuwahlen 2005 musste Schröder sich schließlich Angela Merkel geschlagen geben.

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