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Homolka: "Bedarf an Rabbinern ist groß"

Svenja Üing19. November 2013

Die Idee ist fast 200 Jahre alt. Und dennoch konnte man bislang nirgendwo in Europa das Fach Jüdische Theologie an einer staatlichen Universität studieren. Mit der neuen School of Jewish Theology wird sich das ändern.

Rabbiner Prof. Dr. Walter Homolka, Rektor des Abraham Geiger Kollegs (AGK) in Potsdam. (Foto: AGK)
Bild: AGK/Barniske

Jüdische Theologie an deutscher Uni

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Am 19. November wird an der Universität Potsdam die neue School of Jewish Theology offiziell eröffnet, ein Institut unter dem Dach der Philosophischen Fakultät. Der dort angebotene Studiengang Jüdische Theologie ist europaweit einzigartig, gelehrt wird auf Deutsch und Englisch. Deshalb zieht er Studierende aus dem In- und Ausland an. Der Rabbiner Prof. Dr. Walter Homolka ist Rektor des Potsdamer Abraham Geiger Kollegs und Spiritus Rector der neuen School of Jewish Theology.

DW: Wie lange hat man in Europa auf diesen Studiengang gewartet?

Walter Homolka: Tja, das ist ein gutes Zahlenspiel. Der erste, der auf die Idee kam, dass Jüdische Theologie ein Fach an einer deutschen Universität sein sollte, war der Rabbiner Abraham Geiger, der Patron unseres Rabbinerseminars in Potsdam. Er hat 1836 gesagt, dass die jüdische Emanzipation eigentlich erst vollkommen sei, wenn die jüdischen Geistlichen in Deutschland so ausgebildet werden wie dies die Evangelische und die Römisch-Katholische Kirche mit ihren Geistlichen tun, nämlich in theologischen Fakultäten auch an staatlichen Universitäten.

Die ersten Studierenden haben in diesem Wintersemester angefangen, Jüdische Theologie an der Universität Potsdam zu studieren. Wo werden die Absolventen denn später beruflich tätig sein?

Sie können das jüdisch-geistliche Amt in der konservativen und der liberalen Richtung des Judentums erreichen. Sie werden also Rabbinerinnen und Rabbiner. Oder sie können Kantor und Kantorin werden, wenn sie es mit musikalischer Vertiefung studieren.

Studieren bei Ihnen denn ausschließlich Juden?

Nein, eine konfessionelle Bindung ist ja auch an anderen theologischen Einrichtungen in Deutschland nicht der Fall. Man kann Jüdische Theologie auch studieren, um das Fach wissenschaftlich zu betreiben. Wir haben von 40 Studienplätzen in diesem Jahr schon 36 vergeben können. Davon werden sicherlich nicht alle Rabbiner oder Kantor.

Wie groß ist denn der Bedarf an Rabbinern in Deutschland heute?

Wir bilden ja schon jetzt Rabbinerinnen und Rabbiner in Deutschland aus, aber in einem anderen institutionellen Rahmen. Am Abraham Geiger Kolleg sind die ersten Absolventen zum Beispiel im Jahr 2006 mit ihrer Ausbildung fertig geworden. Wir haben dort seither im Schnitt drei Absolventen im Jahr. Das deckt in etwa den Bedarf, der dadurch entsteht, dass Rabbiner in Pension gehen. Allerdings ist die Nachfrage nach Rabbinern nach wie vor viel größer als das Angebot an Absolventen. Denn wir haben ja alleine in Deutschland über 120 jüdische Gemeinden und nur etwa 50 Rabbiner. Im Ausland sieht es ähnlich aus. Deshalb bilden wir in Potsdam Rabbinerinnen und Rabbiner auch für ganz Osteuropa aus, für Afrika und Lateinamerika.

Der neue Studiengang Jüdische Theologie an der Universität Potsdam ist europaweit einzigartig. Wie ist die Resonanz aus dem Ausland?

Die Resonanz ist sehr groß. Denn es ist ja auch für die jüdische Gemeinschaft außerhalb Deutschlands von hoher Bedeutung, dass es in Potsdam jetzt eine Einrichtung gibt, an der man das Rabbinat mit international anerkanntem Abschluss erwerben kann. Dazu kommt noch ein ganz großer Pluspunkt: Das Studium der Jüdischen Theologie an der School of Jewish Theology ist kostenlos. Damit können dort auch Menschen studieren, die die Studiengebühren in den USA oder Großbritannien - in Höhe von rund 150.000 Dollar - nicht bezahlen könnten. Insofern haben wir mit der School of Jewish Theology jetzt einen großen Schritt nach vorne getan. Ich glaube, dass es ein schöner Kontrapunkt zur ansonsten grausamen Geschichte der letzten Jahrhunderte ist.

Das Gespräch führte Svenja Üing.

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