1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikUganda

Homophobie: Wie Uganda der Weltbank trotzen will

10. August 2023

Wegen eines homophoben Gesetzes stellt die Weltbank bis auf Weiteres keine neue Unterstützung für Uganda bereit. Präsident Museveni lässt das kalt. Doch ganz einfach dürfte es nicht werden, Lücken im Budget zu ersetzen.

Ein ugandischer Mann posiert nach Verabschiedung des Gesetzes mit einer Regenbogen-Fahne
Protestakt: Ein Ugander posiert einige Wochen vor der Verabschiedung des Gesetzes mit einer Regenbogen-FahneBild: uncredited/AP/picture-alliance

Selbstgefällig, unbeugsam, kämpferisch: Mit gewohnt bissigem Ton hat sich Ugandas Präsident Yoweri Museveni zu Wort gemeldet. In einem fünfseitigen handschriftlichen Brief, adressiert an "die Ugander, besonders die Enkelkinder", verurteilt er die Entscheidung der Weltbank vom Dienstag, vorerst keine neuen Kredite an Uganda zu vergeben. Als Grund hatte die Weltbank ein im Mai beschlossenes Gesetz genannt, das lebenslange Haftstrafen und in "besonders schweren Fällen" sogar die Todesstrafe für homosexuelle Handlungen vorsieht.

"Uganda wird sich mit oder ohne Kredite entwickeln", schreibt Museveni in dem am Mittwoch veröffentlichten Brief, nachdem er eingangs die aus seiner Sicht gute wirtschaftliche Entwicklung beschrieben und auf eine Inflationsrate von vorgeblich 3,9 Prozent, "eine der niedrigsten der Welt", verwiesen hat. Dank seinem Zutun seien Kreditaufnahmen rückläufig und dennoch wachse die Wirtschaft - ungeachtet aller globalen Probleme, brüstet sich der 78-Jährige, der Uganda seit 1986 regiert. Auch der Beginn der Ölförderung im Land ab 2025 werde die Situation verbessern.

Anti-LGBTQ-Gesetz mit langer Vorgeschichte

Homophobe Positionen haben in Uganda viel Unterstützung. Mehrmals hatten es Entwürfe homophober Gesetze ins Parlament geschafft - nicht selten vorangetrieben von einer starken evangelikalen Lobby im Land. Ein besonders hartes Gesetz war 2014 vom Verfassungsgericht abgewiesen worden. Vergangenen Mai setzte Präsident Museveni seine Unterschrift unter das aktuelle Gesetz, nachdem er selbst eine Wiedervorlage und Abschwächung in manchen Punkten erwirkt hatte.

Ein Lkw versorgt eine Tankstelle in Kampala mit Sprit. 2025 will Uganda in die Ölförderung einsteigenBild: Hajarah Nalwadda/AP Photo/picture alliance

Die jetzt geltende Fassung des international massiv kritisierten Gesetzes stellt es nicht unter Strafe, sich selbst als schwul oder lesbisch zu bezeichnen. In anderen Punkten zählt das Gesetz aber zu den weltweit schärfsten - etwa, wenn es bis zu 20 Jahre Haft für die "wissentliche Förderung von Homosexualität" vorsieht und damit auch jede aufklärerische Arbeit im Land extrem erschwert. "Besonders schwere Fälle", zu denen das Gesetz etwa sexuelle Kontakte mit Minderjährigen zählt, können demnach mit der Todesstrafe geahndet werden - auch wenn diese de facto seit 2005 nicht mehr angewandt wurde.

Außenminister Oryem: Weltbank-Entscheidung "unfair"

Ugandas Außenminister Okello Oryem bezeichnete die Entscheidung der Weltbank im DW-Gespräch denn auch als "unfair": "Seit das Gesetz in Uganda verabschiedet worden ist, hat es keine Fälle von Homosexuellen gegeben, die hingerichtet, eingesperrt oder marginalisiert worden sind", sagt Oryem am Telefon. "Dabei gibt es andere Länder im Mittleren Osten, wo sie diese Menschen hinrichten. Warum also dieser Fokus auf Uganda?"

Eine Transgender-Frau beobachtet im März die Fernsehübertragung einer Parlamentssitzung zum Anti-LGBTQ-Gesetz Bild: Stuart Tibaweswa/AFP/Getty Images

Ähnlich äußerte sich auch Präsident Museveni in seinem Brief. Er habe einigen Leuten "geduldig erklärt", dass das Gesetz nicht Leute treffe, die einfach homosexuell seien - sondern solche, die "andere in ihr abweichendes Verhalten rekrutieren oder zwingen". Wenn es Unstimmigkeiten in diesem Gesetz gebe, "werden wir diese selbst regeln, so wie wir Idi Amin und andere Tyrannen bekämpft haben". Museveni hatte sich im Kampf gegen den Diktator, der das Land bis 1979 beherrschte, einen Namen gemacht, bevor er sich Jahre später selbst die Macht sicherte. Die Rhetorik des Kampfes zieht sich seitdem wie ein roter Faden durch die Präsidentschaft Musevenis.

Ugandas wirtschaftliche Abhängigkeit

Die Annahme allerdings, dass Uganda, wie vom Präsidenten behauptet, nicht auf die Unterstützung der Weltbank angewiesen ist, wird von namhaften Stimmen im Land infrage gestellt. So vom Abgeordneten Karim Masaba, der auch im Finanzausschuss sitzt. "Wir sollten auf das Schlimmste gefasst sein", sagt Masaba der DW. "Wenn man betrachtet, welche Summen wir von der Weltbank zu welchen Konditionen bekommen haben, wird deutlich, dass wir nirgendwo bessere Angebote bekommen können."

Das Bruttoinlandsprodukt betrug in Uganda zuletzt rund 46 Milliarden Euro. Die Weltbank zählt zurzeit auf ihren Websiten 45 Projekte im Land, mit einem Gesamtvolumen von 1,1 Milliarden Euro. Ein Wegbrechen der Weltbank-Finanzierung wäre auch in den Augen des Ökonomen Julius Mukunda verheerend. "Es gibt weitere 13 Projekte, die in der Pipeline sind", sagt Mukunda, der Geschäftsführer der Civil Society Budget Advocacy Group ist. "Wenn all diese Projekte gestoppt werden, haben wir ein Problem, denn die Weltbank ist ein zentraler Geldgeber für Uganda."

"Manipulation durch den Westen" oder Missmanagement?

Für LGBTQ-Aktivisten wie Jacqueline Kasha Nabasegera hingegen ist die Entscheidung der Weltbank eine gute Nachricht und ein Erfolg ihrer Lobbyarbeit. Wie groß der Hebel der Weltbank tatsächlich ist, bleibt abzuwarten. Immerhin: Schon als Museveni im März verfügte, das Gesetz noch einmal zu überarbeiten, vermuteten Beobachter den Druck internationaler Geldgeber als entscheidenden Faktor. Gleichzeitig dürfte der Präsident das Gesetz, das ihm viel Zuspruch bringt, als probates Mittel verstehen, von anderen Schwächen seiner Regierung abzulenken.

So dankte der Twitter-Nutzer "Mr. Jordan" dem Präsidenten, dass er sich der "Manipulation durch den Westen" stark entgegenstelle. Der Schriftsteller Nick Twinamatsiko hingegen konterte die Ausführungen von Museveni: "Der einzige Grund, warum wir Kredite brauchen, ist, dass interne Ressourcen schlecht gemanagt oder schlecht vergeben werden. Afrika wird niemals unabhängig werden, solange es keine angemessenen Führer bekommt."

Mitarbeit: Alex Gitta