Hongkong: Gericht hebt Verurteilung von Journalistin auf
5. Juni 2023In einem seltenen Schritt hat das Oberste Gericht in Hongkong die Verurteilung einer Journalistin im Zusammenhang mit regierungskritischen Protesten aufgehoben. Das Gericht begründete seinen Schritt mit den "verfassungsmäßig garantierten Rede- und Pressefreiheiten". Es gebe "keinen Grund, dass gutgläubiger Journalismus ausgeschlossen werden sollte", erklärte das fünfköpfige Richtergremium einstimmig.
Die Investigativ-Journalistin Bao Choy war im Jahr 2021 wegen angeblich "falscher Angaben" für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Sie hatte zuvor einen Angriff auf Demokratie-Aktivisten durch eine Gruppe mit Baseballschlägern und Stöcken bewaffneter Männer untersucht. Dafür hatte sie Informationen aus einem öffentlichen Fahrzeugregister angefordert.
Das entsprechende Formular gab den Antragsstellern nur drei Optionen für den Zweck der Abfrage. Choy hatte den Punkt "für sonstige verkehrstechnische Angelegenheiten" ausgewählt. In der Urteilsbegründung hieß es nun, die Angabe sei "im weiteren Sinne" zu verstehen, um den "seriösen investigativen Journalismus einzuschließen".
Angreifer hatten Verbindungen zu pro-chinesischen Kräften
Choys Recherche untersuchte damals das Versäumnis der Polizei, schnell genug auf den Angriff aus dem Juli 2019 zu reagieren - ein gewalttätiger Wendepunkt rund um die pro-demokratischen Proteste in Hongkong. Durch ihre Recherche konnte sie darlegen, dass einige der Angreifer Verbindungen zu einflussreichen pro-chinesischen Ausschüssen im ländlichen Raum unterhielten.
Die Journalistin äußerte sich nach dem Urteil erleichtert. Sie sei "glücklich", sagte sie vor dem Berufungsgericht. Das Urteil unterstreiche die Bedeutung der Pressefreiheit. Angesichts des 2020 von Peking erlassenen sogenannten Sicherheitsgesetzes wird die Urteilsbegründung als wichtiger Schritt zum Schutz demokratischer Rechte angesehen. Das Gesetz war nach massiven pro-demokratischen Protesten erlassen worden. Es gibt den Behörden drakonische Mittel zur Unterdrückung von Protesten an die Hand.
UN alarmiert wegen Festnahmen in Hongkong
Das Vorgehen von Hongkongs Behörden am 34. Jahrestag des Pekinger Tiananmen-Massakers am Sonntag hat unterdessen die Vereinten Nationen auf den Plan gerufen. Die Berichte über Festnahmen seien alarmierend, erklärte das Büro von UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk auf Twitter. "Wir fordern die Freilassung aller Personen, die wegen der Ausübung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit inhaftiert sind."
Die Polizei in Hongkong hatte zuvor mitgeteilt, es seien 23 Personen wegen Störung der öffentlichen Ordnung festgenommen worden. Eine 53-Jährige sei zudem wegen Widerstands gegen Polizeibeamte inhaftiert worden. Am Sonntag hatten sich mehrere Menschen im Victoria-Park versammelt, wo in den Jahren zuvor der Niederschlagung der pro-demokratischen Proteste am 4. Juni 1989 in Peking.
sti/fab (afp, rtr)