Bei den Hongkongern war sie höchstumstritten. Fünf Jahre lang war Carrie Lam Regierungschefin der Sonderverwaltungsregion und stets der Pekinger Führung treu. Jetzt will sie nicht mehr antreten.
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Die umstrittene Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam wird keine zweite Amtszeit anstreben und am 30. Juni in den Ruhestand gehen. Wie die 64-Jährige vor der Presse in Hongkong erklärte, ist ihre Entscheidung schon vor längerer Zeit gefallen.
Anfang vergangenen Jahres habe sie die Zentralregierung in Peking von ihren Plänen unterrichtet. Lam dankte Chinas kommunistischer Führung für deren "Respekt und Vertrauen" in ihre Führungsrolle in der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Damit beendete die unpopuläre Politikerin Spekulationen, ob sie noch einmal antreten würde.
Lam als verlängerter Arm Pekings
In ihre fünfjährige Amtszeit fielen anhaltende Massenproteste und die größte politische Krise in der früheren britischen Kronkolonie seit der Rückgabe 1997 an China. Sie endete in einer massiven Einschränkung der politischen Freiheiten und der gewaltsamen Unterdrückung der demokratischen Opposition. Ihr Rücktritt, mehr demokratische Mitsprache und freie Wahlen waren die Hauptforderungen der Demonstranten bei ihren Protesten, die Hongkong 2019 zeitweise lahmgelegt hatten.
Tage der Gewalt in Hongkong
Seit einem halben Jahr demonstrieren Studenten in Hongkong für mehr Freiheit und Demokratie. Der Protest radikalisiert sich immer mehr. Jüngster Schauplatz der Auseinandersetzung: eine Universität im Süden der Stadt.
Bild: Reuters/T. Siu
Bastion des Protests
Er ist der Ort des Protests in Hongkong geworden: der Campus der Polytechnischen Universität. Hierher haben sich die Demonstranten zurückgezogen, seit über 24 Stunden liefern sie sich gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auf dem Campus haben sich Hunderte Menschen mit Brandsätzen und selbstgebauten Waffen verschanzt. Sie entzündeten ein großes Feuer, um die Polizei abzuwehren.
Bild: Getty Images/AFP/Ye Aung Thu
Einkesseln und festnehmen
Aktivisten berichten, dass die Polizei versuchte, das Uni-Gebäude zu stürmen. Weil das misslang, kesseln Beamte die Demonstranten auf dem Gelände der Universität ein. Studenten, die den Campus verlassen wollen, werden festgenommen. Die Polizei gibt an, in den frühen Morgenstunden scharfe Munition nahe der Universität abgefeuert zu haben, wobei jedoch niemand getroffen worden sein soll.
Bild: Reuters/T. Siu
Gescheiterte Flucht
Außerhalb des Geländes stehen Wasserwerfer der Polizei. Die Studentenvereinigung berichtet, dass rund 100 Studenten versuchten, die Universität zu verlassen. Sie flüchteten aber wieder in das Gebäude, als die Polizei Tränengas gegen sie einsetzte.
Bild: Reuters/T. Peter
Strategisch wichtige Lage
Die Polytechnische Universität liegt strategisch wichtig für die Demonstranten an der Einfahrt eines Straßentunnels, der das Gebiet mit der Insel Hongkong verbindet. In den vergangenen Tagen hatten Protestierende Barrikaden vor dem Tunnel errichtet, um Polizeikräfte zu blockieren. Das ist Teil einer neuen Taktik, die Stadt lahmzulegen und so den Druck auf die Regierung zu erhöhen.
Bild: Reuters/T. Peter
Die Forderungen
Seit mehr als fünf Monaten dauern die Proteste in der Sonderverwaltungszone schon an. Die Demonstranten fordern unter anderem freie Wahlen und eine Untersuchung von Polizeigewalt. Auf beides ist die pekingtreue Regierung in Hongkong nicht eingegangen. Einziges Zugeständnis an die Protestierenden bisher: die Rücknahme des umstrittenen Auslieferungsgesetzes, das die Demonstrationen entfacht hatte.
Bild: Reuters/T. Peter
Eskalation der Gewalt
Die anfangs friedlichen Proteste sind inzwischen in Gewalt umgeschlagen. Die Polizei greift hart durch und droht mit dem Einsatz von scharfer Munition. Hongkonger Aktivisten sprechen von 4000 Festnahmen seit Beginn der Proteste. Die Demonstranten selbst werfen Steine, setzen Molotowcocktails ein und nutzen Pfeil und Bogen.
Bild: Reuters/T. Siu
Mit Pfeil und Bogen
Ein Polizist wurde am Sonntag durch einen Pfeil am Bein verletzt. Der bekannte Hongkonger Demokratie-Aktivist Joshua Wong rechtfertigt die Gewalt der Demonstranten. "Mit rein friedlichem Protest werden wir unser Ziel nicht erreichen. Allein mit Gewalt allerdings auch nicht. Wir brauchen beides", sagte Wong der "Süddeutschen Zeitung".
Bild: picture-alliance/dpa/Hong Kong Police Dept.
Identität verbergen
Zwischenzeitlich reagierte die Hongkonger Regierung mit einem Vermummungsverbot. Viele Demonstranten tragen Gasmasken aus Schutz gegen Tränengas. Andere binden Tücher vor ihre Gesichter, um ihre Identität zu verbergen. Sie fürchten Verhaftungen und Konsequenzen, wenn sie erkannt werden. Am Montag kippte das höchste Gericht in Hongkong überraschend das Maskenverbot, es sei verfassungswidrig.
Bild: Reuters/T. Siu
Angst vor einer militärischen Lösung
Während das Kippen des Vermummungsverbots ein Erfolg für die Demonstranten ist, droht eine weitere Eskalation der Gewalt. Für Unruhe hat die Präsenz einiger chinesischer Soldaten am Samstag in der Stadt gesorgt. Sie halfen dabei, Steine wegzuräumen. Unter den Demonstranten gibt es große Befürchtungen, dass China sein Militär nutzen könnte, um die Proteste in Hongkong niederzuschlagen.
Bild: picture-alliance/dpa/AP/Ng Han Guan
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Chinas Führung reagierte im Juli 2020 mit einem strengen nationalen Sicherheitsgesetz, das seither die Kritik unterdrückt und politische Freiräume einschränkt. Führende Personen der Opposition wurden inhaftiert, vor Gericht gestellt und verurteilt, während andere ins Exil geflüchtet sind.
Hongkonger Medien spekulierten, dass mit ihrem Rückzug der Weg frei sei für die heutige Nummer Zwei, Verwaltungschef John Lee. Der heute 64-Jährige war während der Massenproteste Sicherheitschef. Der nächste Regierungschef Hongkongs wird im Mai wie üblich von einer mehrheitlich peking-treuen Versammlung ernannt.