Aktivist will gegen Entlassung vorgehen
29. Juli 2020Er werde gegen seine Entlassung von der Universität Berufung einlegen und eine juristische Überprüfung erwägen, teilte der bekannte Hongkonger Demokratie-Aktivist und Juraprofessor Benny Tai mit. Am Vortag hatte der 56-Jährige bekannt gemacht, dass die Universität Hongkong (HKU) ihn entlassen habe.
Tai ist eine führende Figur innerhalb der pro-demokratischen Bewegung Hongkongs. Wegen der Beteiligung an den Demokratie-Protesten im Jahr 2014, den sogenannten Regenschirm-Protesten, wurde er vergangenes Jahr zu 16 Monaten Haft verurteilt. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, veranlasste dies die Universität, Tais Anstellung zu prüfen. Bis zur Berufung wurde er gegen Kaution freigelassen.
Wie die "South China Morning Post" berichtet, stimmte der Rat der Universität mit 18 zu 2 gegen Tai. Einen Monat zuvor hatte sich demnach der Senat der Universität gegen eine Entlassung ausgesprochen. Das Gremium befand, die Vorwürfe reichten für diesen Schritt nicht aus. Die Universität machte bisher keine Details der Entscheidung öffentlich.
"Das Ende der akademischen Freiheit"
Tai beschuldigte die Bildungsbehörden in einem Facebook-Eintrag, sich dem politischen Druck aus Peking gebeugt zu haben. "Akademischen Mitarbeitern in Bildungseinrichtungen in Hongkong steht es nicht mehr frei, gegenüber der Öffentlichkeit kontroverse Aussagen über politisch oder gesellschaftlich umstrittene Angelegenheiten zu machen", äußerte Tai weiter. "Das ist das Ende der akademischen Freiheit in Hongkong." Er kündigte an, seine Forschung und Lehre über Rechtsstaatlichkeit und seinen Kampf für Rechtsstaatlichkeit in Hongkong fortzusetzen.
Unterstützung erfährt Tai unter anderem von dem bekannten Aktivisten Joshua Wong. Dieser kommentierte, Peking weite seinen Einfluss nun auch auf die akademischen Freiheiten in Hongkong aus. Joseph Chan, Professor für Politikwissenschaft an der HKU, schrieb auf Facebook, die Universität habe "ihre Reputation geopfert". Dieser Tag werde als Schandfleck in der Geschichte der Universität sein, der nicht entfernt werden könne.
Das Verbindungsbüro der chinesischen Regierung in der Sonderverwaltungszone begrüßte Tais Entlassung. Nach Ansicht des Büros "hält die Entscheidung die allgemeinen Interessen Hongkongs aufrecht, sie erfüllt die Erwartungen der Öffentlichkeit und schützt soziale Gerechtigkeit". Sie sei außerdem eine "Bestrafung für böses Handeln".
Ende Juni diesen Jahres beschloss Peking ein sogenanntes Sicherheitsgesetz in Hongkong und reagierte damit auf die monatelangen und teils gewalttätigen Massenproteste der Demokratiebewegung 2019. Das Gesetz erlaubt den chinesischen Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die aus ihrer Sicht die nationale Sicherheit bedrohen.
Wahl um ein Jahr verschoben?
Nach Einführung des umstrittenen Sicherheitsgesetzes hatte die Opposition Anfang Juli einen Rekord erzielt: Mehr als 600.000 Menschen nahmen an ihren Vorwahlen für die Parlamentswahlen Anfang September teil. Doch wie der Sender RTHK berichtet, könnten die Wahlen um ein Jahr verschoben werden - aus Sorge vor der Ausbreitung des Coronavirus. Die Demokraten wollten mit dem Ziel antreten, eine historische Mehrheit im Parlament zu erzielen.
ust/fab (afp, ap, rtr, South China Morning Post)