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Politik

Hongkongerin Chow zu langer Haft verurteilt

4. Januar 2022

Die Aktivistin hatte dazu aufgerufen, an das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking von 1989 zu erinnern - was China missfällt.

Chow Hang-Tung | Hongkong Urteil
"Das Anzünden einer Kerze macht schuldig": Chow Hang-tung (Archivbild)Bild: Alex Chan Tsz Yuk/SOPA Images/ZUMAPRESS.com/picture alliance

In Hongkong ist die prominente Demokratie-Aktivistin Chow Hang-tung zum zweiten Mal wegen Aufrufen zur Teilnahme an einer verbotenen Tiananmen-Mahnwache verurteilt worden. Ein Gericht verhängte eine 15-monatige Haftstrafe gegen die bereits inhaftierte Anwältin, weil sie andere Menschen durch ihre Artikel zur Missachtung des Verbots angestiftet habe.

Chow, die sich selbst verteidigte, warf den Gerichten in der chinesischen Sonderverwaltungszone vor, die Behörden dabei zu unterstützen, die Erinnerung an die gewaltsame Niederschlagung der Demokratieproteste 1989 in Peking zu tilgen.

"Redefreiheit wird mit Reden verteidigt"

"Die Botschaft dieses Urteils ist, dass das Anzünden einer Kerze schuldig macht, dass Worte schuldig machen", sagte Chow vor dem Gericht. "Der einzige Weg, Redefreiheit zu verteidigen, ist, sich zu äußern." Das wahre Verbrechen sei, "Mörder mit Gesetzen zu decken und Opfer im Namen des Staates auszuradieren". Die 36-jährige Chow ist eine ehemalige Anführerin der inzwischen aufgelösten Hong Kong Alliance, welche die jährlichen Tiananmen-Mahnwachen organisiert hatte.

Das Magazin "Citizen News" - hier Chefredakteur Christ Yeung - musste unter dem Druck der Behörden aufgebenBild: Vincent Yu/picture alliance/dpa/AP

Einst waren die Mahnwachen eines der deutlichsten Symbole für Hongkongs politische Pluralität. An den beiden zurückliegenden Jahrestagen wurden sie jedoch untersagt. 2020 hatten sich Zehntausende Menschen dem Verbot widersetzt: Sie kamen friedlich im Victoria Park der Stadt zusammen, um an das Massaker auf dem Pekinger Tiananmen-Platz zu erinnern.

Festnahme nach Kerzen-Aufruf

Bei der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten für mehr Demokratie waren am 4. Juni 1989 zahlreiche Demonstranten getötet worden. Ihre Zahl ist bis heute nicht bekannt; Schätzungen reichen von mehreren Hundert bis mehr als 1000 Menschen. Chow wurde am Morgen des 4. Juni 2021 festgenommen, nachdem sie die Bürger Hongkongs in zwei Artikeln aufgerufen hatte, Kerzen anzuzünden und des Jahrestags zu gedenken.

Die Aktivistin nutzte den Prozess, um aus Memoiren von Hinterbliebenen zu zitieren, deren Angehörige auf dem Tiananmen-Platz getötet worden waren. Richterin Amy Chan wies sie daraufhin zurecht. Als mehrere Zuhörer im Gerichtssaal applaudierten, ordnete die Richterin an, deren Ausweisnummern zu registrieren.

Verbrechen gegen die nationale Sicherheit

Chow war in einem ersten Verfahren im Zusammenhang mit den Tiananmen-Mahnwachen bereits zu zwölf Monaten Haft verurteilt worden. Nun muss sie nach Angaben des Gerichts insgesamt 22 Monate ins Gefängnis. Sie ist außerdem wegen Verbrechen gegen die nationale Sicherheit angeklagt, weswegen ihr eine lebenslange Freiheitsstrafe droht.

Auch der Verleger Jimmy Lay war im Zusammenhang mit dem Tiananmen-Gedenken verurteilt worden (Archivbild)Bild: Kin Cheung/picture alliance/dpa/AP

Peking baut seinen Einfluss seit den pro-demokratischen Massenprotesten des Jahres 2019 in der Finanzmetropole massiv aus. Ein im Juli 2020 eingeführtes sogenanntes Sicherheitsgesetz erlaubt den Behörden in Hongkong ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen.

Seit der Einführung des Gesetzes wurden Hunderte Demokratie-Aktivisten festgenommen, zahlreiche weitere gingen ins Exil. Auch die Presse wird inzwischen stark unterdrückt. Mehrere regierungskritische Medien mussten ihren Betrieb einstellen, zuletzt an diesem Dienstag das Onlinemagazin "Citizen News".

jj/ehl (afp, rtr, kna, ap)