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Politik

Hongkongs Demokratie-Lager wird entmachtet

30. März 2021

Peking peitscht die Wahlrechtsreform durch. Der Vertrag, der Hongkong bei der Übergabe an China demokratische Freiheitsrechte sichern sollte, ist damit tot.

Hongkong China Carrie Lam
Hier sollen mehr Abgeordnete für Peking stimmen: Legislativrat in Hongkong (Archivbild)Bild: Vincent Yu/AP Photo/picture alliance

Ungeachtet massiver Kritik aus dem Ausland hat die chinesische Führung eine radikale Wahlrechtsreform für Hongkong beschlossen. Die 167 Abgeordneten des Ständigen Ausschusses im Volkskongress beschlossen einstimmig die Änderungen, die Mitte März auf den Weg gebracht worden waren.

Durch die Reform erhält Peking die Kontrolle über die Kandidaten-Auswahl bei Parlamentswahlen in Hongkong und kann bestimmte Bewerber ausschließen. Dies soll sicherstellen, dass Hongkong nur von "Patrioten" geführt werden kann. Der Einfluss der Opposition auf politische Entscheidungen wird deutlich geschmälert.

Loyalitätsprüfung für Kandidaten

So wird das Komitee zur Wahl des Hongkonger Regierungschefs von bislang 1200 auf 1500 Mitglieder vergrößert. Zugleich werden die bisher 117 Bezirksräte der chinesischen Sonderverwaltungszone, die fast ausschließlich dem Demokratie-Lager angehören, aus dem Gremium entfernt. Auch in Hongkongs Parlament, das von 70 auf 90 Plätze vergrößert wird, werden pekingkritische Stimmen künftig leiser: Nur noch 20 statt bisher 35 Abgeordnete werden direkt vom Volk gewählt. Eine Mehrheit von 40 Sitzen vergibt ein Komitee, das der Zentralregierung nahesteht.

Sie gehen für die Freiheit ins Gefängnis: Demokratieaktivisten in Hongkong (Archivbild)Bild: Kin Cheung/AP Photo/picture alliance

Die übrigen 30 Parlamentarier sollen von sogenannten Fach-Wahlkreisen ausgewählt werden, die bestimmte Branchen vertreten und traditionell ebenfalls als Peking-loyal gelten. Kandidaten müssen sich gemäß der Reform einer Untersuchung ihrer politischen Ansichten unterziehen. Auch der neue nationale Sicherheitsapparat soll in das Kandidaten-Zulassungsverfahren einbezogen werden.

"Todesstoß für die Demokratie"

"Damit versetzt Peking der Demokratie in Hongkong den Todesstoß", sagte die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Deutschen Bundestag, Gyde Jensen. Fortan werde es auch dort - ebenso wie in Festlandchina - ein "Scheinparlament" geben, erklärte die FDP-Politikerin. Die Wahlrechtsreform hatte bereits vor ihrer formalen Bestätigung massiven internationalen Protest hervorgerufen. US-Außenminister Antony Blinken sprach von einem "direkten Angriff auf die Autonomie, die den Hongkongern unter der Chinesisch-Britischen gemeinsamen Erklärung" von 1997 zugesagt worden sei.

Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam will die Wahlrechtsreform bald umgesetzt sehenBild: Kin Cheung/AP Photo/picture alliance

Mit der Wahlrechtsreform gerät die Hongkonger Demokratiebewegung weiter in die Defensive. Bereits im Juni hatte die Zentralregierung ein umstrittenes Sicherheitsgesetz in der Inselmetropole in Kraft gesetzt, das Kritiker als Mittel zur Unterdrückung der Opposition werten.

Wahlen für Dezember angekündigt

Nun wird die politische Struktur der ehemaligen britischen Kronkolonie so stark geändert wie noch nie seit der Rückgabe an China vor mehr als 20 Jahren. Damals hatte Peking nach dem Prinzip "ein Land, zwei Systeme" Hongkong für mindestens fünf Jahrzehnte Autonomie und Freiheitsrechts zugesichert, die die Bevölkerung der Volksrepublik sonst nicht hat.

Nach der Verabschiedung der jüngsten Reform kündigte die Regierungschefin der Sonderverwaltungszone, Carrie Lam, prompt an, im Dezember sollten Wahlen abgehalten werden - jene Wahlen, die vor mehr als einem Jahr unter Verweis auf die Corona-Pandemie verschoben worden waren.

jj/djo (dpa, afp, rtr)