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Politik

Hongkong zieht Auslieferungsgesetz ganz zurück

4. September 2019

Der Druck der Demokratiebewegung ist zu groß geworden: Regierungschefin Carrie Lam sieht in der vollständigen Beerdigung des umstrittenen Gesetzes offenbar den einzigen Weg zur Beruhigung der Lage.

Hongkong | Fernsehübertragung einer Pressekonferenz von Carrie Lam auf einem Bildschirm in Hongkong
Bild: Getty Images/C. McGrath

Das umstrittene Auslieferungsgesetz, das vor drei Monaten die Massenproteste in Hongkong ausgelöst hat, wird komplett zurückgezogen. Dies teilte die Regierungschefin der chinesischen Sonderverwaltungszone, Carrie Lam, offiziell mit. Zuvor hatte sie eine entsprechende Ankündigung bereits bei einem Treffen mit Abgeordneten und Hongkonger Delegierten des chinesischen Volkskongresses gemacht. 

Erst ausgesetzt, dann "gestorben"

Mit dem formellen Einkassieren des Gesetzes erfüllt Lam eine wesentliche Forderung der Demokratiebewegung und demonstriert erstmals ein konkretes Entgegenkommen. Das Gesetz hätte die Auslieferung von verdächtigten Personen nach China erlaubt, obwohl das Justizsystem der Volksrepublik nicht unabhängig ist und häufig als Werkzeug politischer Verfolgung benutzt wird. Nach den ersten Protesten hatte die Regierungschefin den Entwurf zunächst ausgesetzt und später für "gestorben" erklärt, ohne ihn aber komplett zurückzunehmen. 

Auch Aktivist Joshua Wong bittet Bundeskanzlerin Angela Merkel um Hilfe Bild: Reuters/J. Silva

Bitte der Demonstranten an Merkel

Die Demonstranten, die seit drei Monaten für mehr Demokratie auf die Straße gehen, verlangen ferner eine Untersuchung der Polizeigewalt, freie Wahlen und den Rücktritt Lams. Die Anführer des Protests baten zuletzt Bundeskanzlerin Angela Merkel kurz vor Beginn von deren China-Reise um ein Treffen. In einem offenen Brief an Merkel sprechen der bekannte Aktivist Joshua Wong und andere die Kanzlerin vor allem auf deren DDR-Vergangenheit an. Da sie aus erster Hand Erfahrungen mit diktatorischen Regimen habe, könne sie sich gut in die Situation der Demonstranten hineinversetzen. Die Kanzlerin wird am Donnerstag nach China reisen und am Freitag Gespräche in Peking führen. 

Wirtschaft muss unter Entwicklung leiden

Die Proteste setzen der Wirtschaft Hongkongs zunehmend zu. Ihre Geschäfte liefen im August so schlecht wie seit der weltweiten Finanzkrise 2009 nicht mehr, wie eine Unternehmensumfrage des Instituts IHS Markit ergab. Das Barometer fiel um 3,0 auf 40,8 Punkte. Erst ab 50 signalisiert es ein Wachstum. "Hongkongs Wirtschaft flirtet mit der Rezession", sagte Markit-Ökonom Bernard Aw. "Die Geschäftstätigkeit wird zunehmend durch die Proteste gelähmt."

Gleichwohl wurden die Berichte über einen kompletten Rückzug des Gesetzes an der Börse in Hongkong positiv aufgenommen: Der Hang Seng Index schloss mit einem Plus von 3,9 Prozent.

sti/rb (afp, ap, dpa, rtr)

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